Kritik von vielen Seiten: Kollateralschäden größer als die des Virus

Unions-Fraktionschef Brinkhaus kritisiert die Beschlüsse fundamental. Weidel (AfD) erklärt: "Die Kollateralschäden sind jetzt schon größer als die, die das Virus anrichtet" und Linken-Fraktionschef Bartsch wirft Merkel eine Missachtung des Parlaments vor: Der Bundestag muss bei Entscheidungen einbezogen werden, "egal, wie sehr Sie das nervt".
Epoch Times26. November 2020

Unions-Fraktionschefs Ralph Brinkhaus (CDU) hat sich in der Aussprache zur Regierungserklärung der Kanzlerin mit bemerkenswert kritischen Worten zu Wort gemeldet. So bezeichnete er die Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern vom Vorabend als nicht weitreichend genug. Er glaube nicht, dass diese die Zahlen der positiven Tests ausreichend nach unten brächten, sagte Brinkhaus.

Es gebe in der Coronakrise noch immer keine Strategie für Pflegeheime und keine Strategie für Schnelltests, so der Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der auch die Kanzlerin angehört. Man hätte seiner Ansicht nach auch nicht um jeden Quadratmeter im Einzelhandel feilschen müssen. Laut Beschluss von Bund und Ländern sind in Einrichtungen mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 qm künftig höchstens eine Person pro 10 qm Verkaufsfläche, auf darüber hinausgehenden Flächen höchstens eine Person pro 20 qm Verkaufsfläche erlaubt.

AfD übt fundamentale Kritik an Beschlüssen

Die AfD im Bundestag hat fundamentale Kritik an der Corona-Politik in Bund und Ländern geübt. „Die Kollateralschäden sind jetzt schon größer als die, die das Virus anrichtet“, sagte Fraktionschefin Alice Weidel in ihrer Erwiderung auf die Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag im Bundestag. Sie kritisierte, dass der Bundestag die Maßnahmen erst diskutiere, nachdem sie Bund und Länder am Mittwochabend beschlossen hatten.

„Das Parlament ist auch weiterhin nur Zaungast“, sagte Weidel. Der Staat verhalte sich wie eine „Gouvernante“, der „gnädig“ zuweise, was erlaubt sei und was verboten. „Dauergängelei ist wirklich keine Lösung“, fügte die Fraktionschefin der AfD hinzu. „Unterschätzen Sie die Bürger nicht und überschätzen Sie sich selber nicht.“ Der derzeitige Lockdown werde viele endgültig um ihre Existenz bringen.

Bartsch: Bundestag muss bei Entscheidungen einbezogen werden, „egal, wie sehr Sie das nervt“

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat Bundeskanzlerin Merkel in der Corona-Politik eine Missachtung des Parlaments vorgeworfen. Die Auflagen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie brächten „schwere Grundrechtseinschränkungen“ mit sich, über die nicht allein in Spitzenrunden von Kanzlerin und Ministerpräsidenten entschieden werden dürfe, sagte Bartsch am Donnerstag im Bundestag.

Die Bund-Länder-Runden seien für derart weitreichende Entscheidungen „nicht legitimiert“, sagte Bartsch. „Bei schweren Grundrechtseinschränkungen muss der Bundestag entscheiden – egal, wie sehr Sie das nervt“, sagte der Linken-Politiker an die Kanzlerin gerichtet.

Merkel müsse künftig ihre Regierungserklärungen zu den Corona-Maßnahmen im Bundestag halten, bevor Bund und Länder darüber entscheiden – und nicht wie derzeit danach. „Ansonsten ist das eine Missachtung des Parlaments.“ Es sei nicht akzeptabel, dass der Bundestag „im Nachhinein ein bisschen diskutieren darf“.

Bartsch beklagte zudem eine soziale Schieflage in der Corona-Politik. „Je höher die Einkommen, desto besser kommen die Menschen durch die Krise“, sagte er. „Bei Lidl, Aldi und Co gab’s frische Milliarden aufs Konto“, während die Kassiererinnen und Kassierer weiterhin schlecht bezahlt würden.

Mützenich begrüßt Corona-Beschlüsse als „nachvollziehbar und lebensnah“

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat den neuen Bund-Länder-Beschlüssen zu den Corona-Auflagen die Unterstützung der SPD zugesagt. Die am Mittwochabend von Bund und Ländern getroffenen Vereinbarungen seien „angemessen, nachvollziehbar und lebensnah“, sagte Mützenich am Donnerstag im Bundestag.

Lockdown-Betroffene könnten weiter auf „großzügige Hilfen“ setzen, sagte Mützenich weiter. Seiner Fraktion gehe es darum, gerade in der Pandemie „die soziale Demokratie in Deutschland“ zu stärken.

Lindner hält Corona-Strategie der Regierung für verfehlt

FDP-Fraktionschef Christian Lindner hat der Bundesregierung eine falsche Schwerpunktsetzung im Kampf gegen die Corona-Pandemie vorgeworfen. Sie setze bisher auf Maßnahmen „in der Breite“, um ein Übergreifen auf besonders gefährdete Gruppen zu vermeiden, sagte er am Donnerstag im Bundestag. Jedoch messe sich die Qualität der Corona-Politik nicht „an der Strenge der Verbote“, sondern daran, „wie gut sie die wirklich Gefährdeten schützt“.

Lindner forderte, einen „Schutzschirm“ für Menschen aufzuspannen, deren Risiko im Falle einer Corona-Erkrankung besonders groß ist, also insbesondere Alte und Menschen mit Vorerkrankungen. Dies sei zwar aufwändig und teuer, weil es sich um eine große Bevölkerungsgruppe handele. Es sei aber gerechtfertigt und würde in bestimmten Bereichen wieder mehr gesellschaftliches Leben ermöglichen.

Lindner schlug unter anderem Taxigutscheine für die Betroffenen vor, damit sie nicht mit Bus und Bahn fahren müssen. Auch könnten bestimmte Zeitfenster zum Einkaufen für sie reserviert werden.

Die nun von Bund und Ländern beschlossenen strengeren Regeln für die maximale Zahl von Kunden pro Geschäft sei hingegen wissenschaftlich fragwürdig. Es handele sich um „einen Beitrag zur Verödung der Innenstädte“, ohne für die Pandemiebekämpfung wirklich sinnvoll zu sein.

Lindner verwies zudem auf Äußerungen von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), wonach sich die Menschen bis in den März auf Einschränkungen einstellen müssen. „Aus dem November-Wellenbrecher ist ein Dezember-Stillstand geworden“, konstatierte der FDP-Chef. „Wie lange muss dieser dauern?“

Die Bundesregierung müsse „sagen, unter welchen Bedingungen und wie und wann der Stillstand im Land aufgehoben werden kann.“ Die ständige Verlängerung und Erweiterung der Einschränkungen sei „keine langfristig durchhaltbare Strategie“.

Merkel hatte in ihrer Rede die Beschlüsse von Mittwochabend erläutert sowie die Politik von Bund und Ländern verteidigt. Die derzeitigen Beschränkungen sollen in verschärfter Form bis kurz vor den Feiertagen verlängert werden, dann gelten vorübergehende Lockerungen. (afp/dts/sza)



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