Linken-Chefin sieht Existenz ihrer Partei bedroht

Die Vielstimmigkeit der Linken erwecke den Eindruck der Zerstrittenheit, bemängelt Linken-Chefin Janine Wissler. Sie sieht die Existenz der Partei als bedroht an, besonders nach der Niederlage bei der Bundestagswahl.
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Linken-Vorsitzende Janine Wissler sorgt sich über die Zukunft der Linken.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times7. Dezember 2021

Linken-Chefin Janine Wissler sieht ihre Partei nach der Niederlage bei der Bundestagswahl in einer existenzbedrohenden Phase. „Wir sind in einer schwierigen und durchaus existenziellen Situation“, sagte sie der „Rheinischen Post“ und dem „General-Anzeiger“ (Montagsausgaben). „Das Wahlergebnis war desaströs. Aber: Es gibt uns und die Linke wird gebraucht.“

Man sei die Opposition von links zu einer „Ampel“, die viele Zukunftsprobleme nicht lösen werde. Wissler mahnte ihre Partei zur Geschlossenheit: „Die Vielstimmigkeit der Linken, die den Eindruck von Zerstrittenheit erzeugt, müssen wir überwinden und sozial gerecht Alternativen aufzeigen. Wenn wir mit einander widersprechenden Positionen in der Öffentlichkeit stehen, haben wir ein Problem.“

Die Partei die Linke hat bereits seit längerer Zeit mit Wahlniederlagen und mageren Umfragewerten zu kämpfen. So sagte Wissler an der Bundespressekonferenz im September: „Mein Eindruck ist, dass die Fehler nicht in den letzten zwei Monaten in der heißen Wahlkampfphase entstanden sind, sondern deutlich tiefer liegen.“

Junge und gebildete Menschen wählen die Linke

Das bestätigen diverse Medienberichte und eine Langzeitstudie der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. „Die Partei macht etwas Grundsätzliches falsch“, schrieb „Focus-Online“ in seinem Artikel und zitiert aus einem „FAZ“ Bericht, der die Studie zusammengefasst hatte.

Die Studie brachte überraschende Erkenntnisse zutage, nämlich, dass die Partei „ganz andere Wähler anspreche, als man vermutet.“ Die Wählerschaft bestehe mittlerweile mehr aus „jüngeren, akademisch gebildeten Mitgliedern und Wählern in urbanen Zentren“, so die FAZ.  Die Linke würde „wirtschaftlich schlecht gestellte Nicht-Wähler offenbar nicht mehr erreichen“. Diese wanderten eher zur AfD ab.

Auch Wähler aus „traditionell sozialdemokratischen Milieus“ könne die Linkspartei seit einigen Jahren nicht mehr binden, fasst die FAZ die Erkenntnisse der Studie zusammen. Sie empfiehlt: „Die Linkspartei müsse sich von einer Interessenvertreterin armer Menschen hin zu einer Partei wie den Grünen entwickeln, um ihr Wählerpotenzial voll auszuschöpfen. Ein Wahlkampf, der auf sozial Schwache zugeschnitten sei, lohne sich dagegen nicht mehr“.

Parteikritik- und Analyse von Sahra Wagenknecht

Auch Sahra Wagenknecht wies in den letzten Jahren beständig auf die Vielstimmigkeit und Profilunschärfe der Partei hin. So gäbe es unterschiedliche Verständnisse von Linkssein innerhalb der Parteimitglieder. Bei einem Gastbeitrag auf „T-Online“ erläuterte sie dies genauer.

Wagenknecht beschreibt das Selbstverständnis der Partei von früher wie folgt: „Links, das stand einmal für das Streben nach mehr Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit, es stand für ein Engagement für all diejenigen, die in keiner wohlhabenden Familie aufgewachsen waren und sich mit harter, oft wenig inspirierender Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen mussten“.

Sie ergänzte: „Als links galt das Ziel, diese Menschen vor Armut, Demütigung und Ausbeutung zu schützen, ihnen Bildungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten zu eröffnen. Linke glaubten an politische Gestaltungsfähigkeit im Rahmen des demokratischen Nationalstaats und daran, dass dieser Staat Marktergebnisse korrigieren kann und muss.“

Frau Wagenknecht konstatiert, dass es den traditionellen Linken auch heute noch gäbe und sich dieser in Gewerkschaften nach wie vor engagiere. Das öffentliche Bild würde aber von einem anderen Typus repräsentiert, den Wagenknecht in ihrem Bericht als „Lifestyle-Linken“ umschreibt. Dieser sei weltoffen und sorge sich um Klima, Emanzipation, Zuwanderung und sexuelle Minderheiten. Man wünsche sich auch eine gerechte und diskriminierungsfreie Gesellschaft, „aber der Weg zu ihr führt nicht mehr über die drögen alten Themen der Sozialökonomie …, sondern vor allem über Symbolik und Sprache.“

Als im Frühjahr ihr Buch „Die Selbstgerechten“ erschien, in dem sie ein Gegenprogramm für Gemeinsinn und Zusammenhalt vorstellt, reagierten die Parteispitze eher verhalten auf Wagenknechts Thesen. Klaus Tischendorf, Mitglied im Stadtverband Dresden, sagte laut „MDR“: „Sahra Wagenknecht hat auf ihre eigene Art ein Diskussionsangebot gemacht und man sollte das auch als solches sehen und auch darüber diskutieren.“ Kritik an Wagenknechts Meinung über die „Lifestyle-Linken“ übte einer der Landesvorsitzenden in Sachsen, Stefan Hartmann. Er widerspricht ihrer Meinung „dass die sogenannten Lifestyle-Linken nie existentielle soziale Ängste kennengelernt haben“, so Hartmann. (dts/nw)



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