OLG zu Kinderimpfung: Corona-Infektion beseitigt Eilbedürftigkeit

In einem Familiengerichtsverfahren hob das OLG Stuttgart eine Erstinstanz-Entscheidung auf. Diese hatte einer Mutter im Eilverfahren die Impfentscheidung bezüglich ihrer 15-jährigen Tochter zugesprochen. Deren Corona-Erkrankung beseitige jedoch die Eilbedürftigkeit.
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Das Oberlandesgericht hob die Entscheidung des Eilverfahrens auf: Es bestehe keine Eile mehr.Foto: iStock
Von 15. September 2022

Die in Heidelberg ansässige Fachanwältin für Medizinrecht, Beate Bahner, hat in einer Videobotschaft einen aus ihrer Sicht bedeutsamen Beschluss angesprochen, den das Oberlandesgericht Stuttgart am 1. September 2022 in einem familiengerichtlichen Verfahren gefällt hatte (OLG Stuttgart, Beschluss v. 1.9.2022, 17 UF 37/22). Gegenstand des Verfahrens ist ein Streit um die Übertragung der Corona-Impfentscheidung bezüglich einer 15-jährigen und damit minderjährigen Schülerin, die bereits eine Corona-Infektion durchgemacht hat.

Wie Bahner im Video erklärte, vertritt sie dabei den Vater, der eine Impfung der Schülerin ablehnt – im Gegensatz zur Mutter, die ihre Tochter impfen lassen möchte. Zu Beginn des Jahres hatte das zuständige Gericht in erster Instanz der Mutter im Eilverfahren die Entscheidungsbefugnis zugesprochen. Begründet wurde dies mit einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), die das Impfen von Kindern der entsprechenden Altersstufe abdeckt.

Corona-Infektion beseitigte Grundlage für Entscheidung im Eilverfahren

Bevor die impfwillige Mutter einen Termin zur Impfung der gemeinsamen Tochter wahrnehmen konnte, erkrankte diese jedoch selbst an COVID-19. Dieser Umstand und die Immunisierungswirkung, die einer Genesung nach einer Corona-Infektion zugeschrieben wird, mischten auch in diesem Fall die Karten neu.

Da nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts und der STIKO davon auszugehen ist, dass eine durchgemachte Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht ausreicht, um eine spätere erneute Erkrankung an COVID-19 zu verhindern, wird auf eine Impfempfehlung für Genesene nicht vollständig verzichtet. Die STIKO empfiehlt jedoch, in jedem Fall einen zeitlichen Abstand von mindestens drei Monaten zwischen der Genesung und einer etwaigen Impfung einzuhalten.

Die impfwillige Mutter soll nach Schilderung Bahners gegenüber dem Verfahrensbeistand des Kindes geäußert haben, das Kind vorerst nicht mehr impfen lassen zu wollen. Trotz zweier Nachfragen des Oberlandesgerichts habe sie einer Rücknahme ihres Antrags auf Übertragung der Impfentscheidung jedoch nicht zugestimmt.

Im Verfahren um die Impfentscheidung bezüglich der 15-jährigen Schülerin fiel vor diesem Hintergrund allerdings in jedem Fall die Dringlichkeit weg, die erforderlich ist, um eine Entscheidung im Eilverfahren auszusprechen. Aus diesem Grund hob das OLG Stuttgart jene der ersten Instanz nun auf.

Anwältin bezeichnet Beschluss des OLG Stuttgart als „ermutigend“

Bahner misst dem Beschluss des OLG Stuttgart eine potenziell weitreichende Bedeutung bei, weil dieses in seiner Begründung die „Erledigung“ der Frage nach der Erforderlichkeit der Impfung durch die überstandene Corona-Infektion explizit angesprochen habe – obwohl die Corona-Erkrankung schon mehr als drei Monate zurückgelegen habe und der sogenannte Genesenenstatus damit nicht mehr fortbesteht.

„Man kann aus dieser Entscheidung folgern, dass das Oberlandesgericht eine natürliche Immunität durch die Erkrankung annimmt, die eine Impfung entbehrlich macht, was ja Studien auch belegen“, kommentiert die Anwältin den aktuellen Beschluss, den sie als „ermutigend“ bezeichnet.

Eine Vorentscheidung in der Hauptsache stellt dieser verfahrensrechtliche Beschluss allerdings nicht dar.



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