Startschuss für die neuen Corona-Regeln: Was jetzt auf Deutschland zukommt

Die jüngst beschlossenen Corona-Regeln im Zeichen der Omikron-Variante sollen bis 15. Januar flächendeckend umgesetzt sein. Bereits jetzt gibt es jedoch Kritik an einzelnen Vorgaben aus den Ländern. Mancherorts werden auch schon neue Begehrlichkeiten formuliert.
Titelbild
Bundeskanzler Olaf Scholz (M), der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wuest (L) und Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey (R) nach einem Treffen mit den Regierungschefs der deutschen Bundesländer im Kanzleramt in Berlin am 7. Januar 2022.Foto: JOHN MACDOUGALL/POOL/AFP via Getty Images
Von 13. Januar 2022
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Bis zum kommenden Samstag (15.1.) wollen Bund und Länder das aktuelle Maßnahmenpaket zur Corona-Politik umgesetzt haben, das sie am vergangenen Freitag in der Runde des Bundeskanzlers und der Länderchefs unter dem Eindruck der Omikron-Variante beschlossen hatten.

Um genauer zu sein: Es ist mit einer weitgehenden Umsetzung zu rechnen, denn einzelne Bundesländer wollen nicht alle neuen Bestimmungen sofort umsetzen. Einige andere wiederum wollen über den jüngst beschlossenen Standard hinausgehen und gleichsam einen Teil-Lockdown für einzelne Bereiche in Kraft setzen.

Sachsen-Anhalt und Bayern skeptisch bezüglich 2G-plus in Gastronomie

Der Kern der künftigen Corona-Regeln ist die flächendeckende 2G-plus-Regel für die Gastronomie. Künftig soll es nicht mehr ausreichen, einen Nachweis über eine erfolgte Impfung oder Genesung innerhalb des jeweils vorgesehenen Zeitrahmens vorzulegen, um eine Gaststätte oder ähnliche Einrichtung aufsuchen zu dürfen.

Wer alle Impfungen im Bereich der Grundimmunisierung erhalten habe, müsse künftig zusätzlich noch einen tagesaktuellen negativen Corona-Test vorlegen. Ausgenommen sind lediglich Personen, die auch bereits die Auffrischungsimpfung verabreicht bekommen haben. Diese Vorgabe war umstritten, da die Wirkung einiger der zur Auswahl stehenden Impfstoffe gegen Omikron hinter dem Standard älterer Covid-Varianten zurückblieb. Immerhin soll bis Ende Januar auch der neu zugelassene proteinbasierte Impfstoff von Novavax zur Verfügung stehen.

Ob diese Bestimmung sofort umgesetzt wird, war zu Beginn der Woche zumindest in zwei Bundesländern noch fraglich: In Sachsen-Anhalt weist Ministerpräsident Reiner Haseloff darauf hin, dass in seinem Bundesland die Delta-Variante immer noch bedeutender sei und Omikron noch keine so tragende Rolle spiele.

Ähnlich sah es sein bayerischer Amtskollege Markus Söder, der darauf aufmerksam machte, dass Omikron zwar ansteckender, aber im Verlauf weniger aggressiv sei als Delta – und der zwar mit Blick auf die Gastronomie im „Team Vorsicht“ bleiben, aber gleichzeitig auch dem „Team Augenmaß“ angehören wolle, wie er es dem „Münchner Merkur“ anvertraute.

Heinweis auf 2G-plus bei einer Bar in der Nürnberger Innenstadt. Foto: Daniel Karmann/dpa/dpa

Einige Regeln sollen „kurzfristig“ bleiben

Die 2G-Plus-Regel soll, wie die Bundesregierung selbst betont, „kurzfristig“ bleiben. Standard soll für die Gastronomie sowie Kultur- und Freizeitgestaltung die Wahlmöglichkeit zwischen 2G und 2G-plus bleiben: bundesweit und unabhängig von der Inzidenz mit Ausnahmen für Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Außerdem soll 2G im Einzelhandel Platz greifen, mit Ausnahme von Geschäften des täglichen Bedarfs. Die Geschäftsinhaber sollen das Vorliegen der 2G-Voraussetzungen kontrollieren und künftig soll es auch eine bundesweite Empfehlung zum Tragen einer FFP2-Maske in Geschäften geben – sowie an allen Orten, an denen mit einem erhöhten Personenaufkommen auf engerem Raum zu rechnen ist.

Clubs und Diskotheken in Innenräumen sollen bis auf Weiteres geschlossen bleiben und Tanzveranstaltungen untersagt. Einige Länder, vor allem in Norddeutschland, denken daran, zumindest kurzfristig auch Kinos, Theater und ähnliche Einrichtungen zu schließen.

Der Beschluss von Bund und Ländern sieht jedoch vorerst nur Einschränkungen bezüglich der Auslastung vor. So sollen bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen nur 30 bis 50 Prozent der Kapazität genutzt werden dürfen – bis zu einer maximalen Besucherzahl von 5.000.

Bei Veranstaltungen im Freien gilt die Regelung analog, nur mit einer Höchstgrenze von 15.000. In allen Fällen, also auch bei Freiluftveranstaltungen, sind medizinische Masken zu tragen. Die Veranstalter müssen die 2G-Regel einhalten und kontrollieren, 2G-plus ist fakultativ möglich.

Privat gilt weiter, dass maximal zehn Personen bei Treffen von Geimpften und Genesenen erlaubt sind, bei allen anderen Treffen mit höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes.

Lauterbach kündigt Positivliste für Corona-Schnelltests an

In Bus und Bahn soll es hingegen bei 3G bleiben, wobei die Maskenpflicht aufrecht erhalten bleibt und die negativen Corona-Tests, die Nichtgeimpfte und Nichtgenesene vorzulegen haben, bei Fahrtantritt nicht länger als 24 Stunden zurückliegen dürfen. Bezüglich des ÖPNV gilt eine FFP2-Empfehlung.

Was die Gültigkeit der Tests anbelangt, bleiben PCR- und Antigentests der Standard, allerdings hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt, demnächst eine neue Positivliste für Corona-Schnelltests in Abstimmung mit dem Paul-Ehrlich-Institut vorzulegen. Dies soll eine bessere Orientierung bei der Testauswahl ermöglichen und dem Umstand Rechnung tragen, dass eine Mehrzahl an verfügbaren Schnelltests insbesondere die Omikron-Variante verlässlich erkenne.

Bereits im Vorfeld der Bund-Länder-Runde hatte der Bundestag besondere Schutzmaßnahmen zugunsten besonders gefährdeter oder in Heimpflege befindlicher Personen beschlossen, zu denen die ab dem 15. März geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht und tägliche negative Testbescheinigungen für Mitarbeiter und Besucher zählt.

Erleichterungen für Kontaktpersonen in Quarantäne

Ebenfalls schon zuvor wirksam waren striktere Regelungen zugunsten der Beschäftigung im Homeoffice, sofern der Charakter der Tätigkeit diese zulässt und keine zwingenden betrieblichen Erwägungen dagegensprechen.

Erleichterungen gibt es hingegen im Bereich der Quarantäne und Isolation. Weiterhin gilt als Regel, dass Betroffene diese nach zehn Tagen verlassen können, wenn keine Symptome mehr vorhanden seien. Unter bestimmten Voraussetzungen können Infizierte sich jedoch bereits nach sieben Tagen freitesten, bei Kontaktpersonen von Schülern ist dies sogar schon nach fünf Tagen möglich.

Kontaktpersonen müssen künftig jedoch gar nicht in Quarantäne, wenn sie geboostert sind oder ihre vollständige Grundimmunisierung durch vollständige Impfung oder Genesung nicht länger als drei Monate zurückliegt.

Montagsproteste am 10. Januar 2022 in Bonn. Foto: Andreas Rentz/Getty Images

Frage der Impfpflicht soll in knapp zwei Wochen erörtert werden

Bereits am 24. Januar wollen Bund und Länder wieder zusammenkommen. Neben einer Bilanz der bevorstehenden Maßnahmen sollen dann auch schon mögliche weitere Begehrlichkeiten erörtert werden, die zum Teil jetzt schon formuliert worden sind.

Ein mögliches Thema könnte die mögliche allgemeine Impfpflicht sein, die der Bundestag beschließen müsste, die in ihren Grundzügen aber schon vom Kanzler und den Ministerpräsidenten vorbereitet werden könnte. Presseberichten zufolge seien sich Bund und Länder bezüglich der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme einig, gleichzeitig will Kanzler Olaf Scholz in dieser Frage keine Schnellschüsse.

Die Erfahrungen aus Österreich, wo eine allgemeine Corona-Impfpflicht ab 1. Februar in Kraft treten sollen, skizzieren, wo mögliche Hindernisse auf dem Weg zu einer solchen Maßnahme liegen könnten. Diese reichen von der Frage der Erforderlichkeit, die mit davon abhängen wird, wie wirksam sich die Impfstoffe insbesondere gegen neue Varianten zeigen, bis hin zu organisatorischen Fragen oder jener nach der Kontrolle der Umsetzung.

Insbesondere die unionsgeführten Länder fordern konkrete Schritte in Richtung Impfpflicht und einen nachvollziehbaren Zeitplan. Gerade das könnte sich jedoch als schwieriger erweisen, als es auf den ersten Blick aussehen mag. Eine weitere Forderung, die aus mehreren Parteien und Ländern kommt, ist jene nach einer erneuten Feststellung der „epidemischen Lage“ durch den Bundestag.

Sachsen gegen weitere Verschärfungen

Mit der FDP, die in einem solchen Fall erleichterte Möglichkeiten für flächendeckende Schließungen befürchtet, gibt es jedoch in der Regierungskoalition selbst Gegenwehr gegen einen solchen Schritt.

Auch Bundesländer wie Sachsen sperren sich gegen weitere Verschärfungen. Dort will man zwar Bars und Clubs weiter geschlossen halten, Ministerpräsident Michael Kretschmer möchte jedoch schon demnächst die 20-Uhr-Sperrstunde für Restaurants wieder aufheben.

Außerdem will der Ministerpräsident Sport in Innenräumen für Geboosterte oder Personen mit 2G-plus-Nachweis generell wieder ermöglichen, 2G bei körpernahen Dienstleistungen und 3G beim Friseurbesuch. Demonstrationen sollen mit maximal 1.000 Teilnehmern wieder stattfinden können.

Wettlauf gegen die Unzufriedenheit und Corona-Müdigkeit

Unterdessen könnte der weitere Kampf gegen Corona für die Politik immer mehr zum Wettlauf gegen die Zeit werden. Die Corona-Müdigkeit ist nicht mehr nur ein Randphänomen, die Teilnehmerzahlen an sogenannten Spaziergängen oder sonstigen Protestaktionen gegen die Pandemiemaßnahmen erreichen mittlerweile sogar in manchen westdeutschen Städten einen vierstelligen Wert.

Montagsproteste am 10. Januar 2022 in Bonn. Foto: Andreas Rentz/Getty Images

Neben den Teilnehmern an den Straßenprotesten, deren Spektrum mittlerweile deutlich über das AfD- oder „Querdenker“-Potenzial hinausreicht, muss die Politik zudem das Potenzial an Bürgern einkalkulieren, die nie an Demonstrationen teilnehmen würden, aber mittlerweile erhebliche Zweifel daran haben, dass die mit Corona verbundenen Probleme durch Politik gelöst werden können.

Dass jüngst 57 Prozent der Befragten in einer „Bild“-Umfrage sogar bereits Zweifel an den offiziellen Infektionszahlen geäußert hatten, deutet eine erheblich schweigende Menge an Unzufriedenen an. Das Ergebnis bringt eine Skepsis zum Ausdruck, die nicht auf eine zunehmende Überzeugungskraft von Verschwörungsnarrativen oder fundamentale Gegenposition zur Corona-Politik zurückzuführen sein muss.

Viele der Betroffenen könnten jedoch zu der Auffassung gelangt sein, dass mittlerweile jedermann in der Lage sein müsse, selbst zu beurteilen, was er tun oder unterlassen sollte, um sein persönliches Risiko und das seiner Angehörigen zu minimieren. Die Rückkehr der warmen Jahreszeit dürfte die Klärung der Frage allenfalls vertagen, wann der Zeitpunkt gekommen sein soll, um den Umgang mit dem Corona-Risiko zu einer Sache der Eigenverantwortung werden zu lassen.



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