Zensus 2022: „Widerspruch ist wichtig“

Im Interview erklärt Rechtsanwalt Frank Großenbach, Mitglied bei den Anwälten für Aufklärung, woher der Argwohn gegenüber Volkszählungen kommt, was es mit dem Lastenausgleich auf sich hat und welche Bedingungen Bürger stellen sollten.
Bevölkerung, Wohnraum, Mieten, Heizung, Bildung und Erwerbstätigkeit: Daten zu diesen Themen werden im Zensus 2022 deutschlandweit erhoben.
Bevölkerung, Wohnraum, Mieten, Heizung, Bildung und Erwerbstätigkeit: Daten zu diesen Themen werden im Zensus 2022 deutschlandweit erhoben.Foto: Daniel Karmann/dpa
Von 17. Juni 2022

Noch läuft der Zensus 2022, Millionen Menschen haben die Fragebögen und Zugangsdaten erhalten – die durchaus kritisch beäugt werden. Frank Großenbach, Rechtsanwalt für Verwaltungsrecht, beobachtete, dass das Bundesverfassungsgericht immer mehr der Regierung vorschreibt, was es zu machen hat – auch beim Zensus. Was empfiehlt er im Gespräch mit der Epoch Times für diejenigen, die Bedenken haben?

Ist die Kritik an Volkszählungen gerechtfertigt? Seit wann gibt es überhaupt diese Erhebungen und das Misstrauen dagegen?

Frank Großenbach: Volkszählungen gab es schon immer, und sie beruhen eigentlich auf einem legitimen Interesse des Staates. Dieser muss zum Beispiel herausfinden, wie viele Singles es gibt oder wie viele Menschen zusammenleben, um etwa den Bedarf für einen Bebauungsplan zu erfassen. Oder um einen realistischen Warenkorb zusammenzustellen, der die Grundlage zur Berechnung der Inflation darstellt. 

Schon die Römer hatten eine biblisch überlieferte Volkszählung. Allerdings hat Herodes dann auch den Kindermord jedes erstgeborenen Sohnes angeordnet. Das ist ein schreckliches Erlebnis in der Menschheitsgeschichte. Ich sehe also den Argwohn der Bevölkerung als durchaus verständlich an, weil das Erfassen von Daten eben zwangsläufig mit einer Überwachung einhergeht und Menschen sich dadurch ausgeliefert fühlen. 

Besteht also nur wegen dieser historischen Untat ein Misstrauen gegenüber dem Zensus 2022?

Der Zensus über die Grundstücke wurde auch durch einen Entscheid des Bundesverfassungsgerichts erforderlich. Dieses urteilte am 10. April 2018, dass die Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Grundsteuer durch den Gesetzgeber neu festzusetzen sei. Die bisherige Bewertung der Grundstücke sei fehlerhaft, weil der Maßstab schon zu lange zurückliege.

Allerdings sieht sich das Bundesverfassungsgericht immer mehr in einer Rolle, in der es dem Gesetzgeber vorschreibt, was er zu tun hat. Etwa im Beschluss vom 24. März 2021, dass die Regierung und der Gesetzgeber für zukünftige Generationen Klimaschutzziele und Klimaneutralität einzuhalten habe. Das erinnert der Struktur nach an totalitäre Regime, die der Menschen Glückseligkeit in die Zukunft verlegen – auf Kosten der Gegenwart.

Viele fragen sich, warum sogenannte Erhebungsbeauftragte von Tür zu Tür gehen. Können diese Fragen nicht auch am Telefon beantwortet werden?

Von Angesicht zu Angesicht sagen die Menschen eher die Wahrheit. Die Antworten sind glaubhafter als bei einer Telefonbefragung.

Aber wie sieht es dabei mit der Geheimhaltung aus?

Ein Missbrauch setzt eine Interessenlage voraus, die aus dem Missbrauch einen Vorteil zieht. Und bei Immobilien kann diese Situation sehr wohl gegeben sein, wenn es sich zum Beispiel um ein Mietshaus handelt und der Vermieter nicht investiert hat und dafür die Mieten niedrig hält. Dann können Investoren ein Interesse entwickeln, dem Eigentümer dieses Haus abspenstig zu machen.

Weiß der Staat nicht schon alles? Wozu dieser Fragenkatalog?

Aus der Steuererklärung eines Vermieters zum Beispiel wird nicht deutlich, wie hoch jede einzelne Wohnungsnettomiete ist. Auch der Sanierungszustand ist nicht bekannt. Derzeit kann der Staat also nicht genau wissen, wie viel ein Gebäude wert ist. Auch weil nicht klar ist, ob etwa die Möglichkeiten bereits bestehender Grundschulden im Verhältnis zum Marktwert des Grundstücks ganz ausgeschöpft wurden oder nicht. 

Aber es ist ein Bedürfnis des Staates, Immobilien nach dem tatsächlichen Wert zu beurteilen, sodass alle nach gerechten Bemessungsgrundlagen Steuern zahlen. Aber hier will die EU etwas vergleichbar machen und ins Verhältnis setzen – ein EU-weites Vermögensregister schaffen. Wir müssen uns fragen, ob dieses einheitliche Maß für Europa und die Menschen hier wirklich wichtig ist. Viele vermuten, dass es dabei um den Lastenausgleich geht. Meiner Meinung nach trifft es das nicht ganz.

Wenn es nicht um den Lastenausgleich geht, worum dann?

Um eine Hypothekengewinnabgabe. Durch eine ausufernde Inflation werden die Schulden weniger wert, weil die Darlehen durch Mieterhöhungen, die sich an der Inflation orientieren, immer besser bedient werden können. So kommt es durch die Inflation zu einem Gewinn gegenüber Hypotheken oder Grundschulden. Und dieser Gewinn wird dann vom Staat abgeschöpft und durch neue werthaltige Zwangshypotheken ersetzt.

Über das Thema, wie das alte Lastenausgleichsgesetz für zukünftige Ausgaben des Staates aufgrund der Pandemie fruchtbar gemacht werden kann, hat der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags am 9. April 2020 eine Machbarkeitsstudie vorgelegt mit dem Titel: „Verfassungsmäßigkeit einer Vermögensabgabe zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“.

Und am 23. Juni 2021 hat die CDU-CSU-Fraktion ein Symposion mit hochrangigen Mitgliedern und Wissenschaftlern abgehalten. Die Ankündigung lautete: „Deutschland diskutiert Strategien zur wirtschaftlichen Bewältigung der Corona-Pandemie – der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg – und dabei steht auch die Forderung nach einem neuen Lastenausgleich im Raum.“ 

Wie kann ich also vorgehen, wenn ich den Zensus 2022 nicht beantworten will?

Vor allem: Es ist wichtig, Widerspruch einzulegen. Andernfalls wird die Verpflichtung zur Auskunft bestandskräftig. Und schreiben Sie im Widerspruch auch, dass Sie auskunftswillig sind. Dann spielen Sie den Ball zurück. In der Begründung des Widerspruchs, da stellen Sie die Bedingungen, unter denen Sie bereit sind, Auskunft zu erteilen.

Diese Bedingungen sind auch juristische Argumente, die geeignet sind, ein Verwaltungsgericht zu überzeugen. Ein guter Teil des Widerspruchs ist aber eine ganz klare politische Ansage mit der inneren Motivation: Ich bin nicht damit einverstanden, was der Staat macht. Und ich bin nicht bereit, an der zukünftigen Pfändung meines Lebenswerkes so einfach ohne Widerstand mitzuwirken und die Daten für die Pfändung meiner Grundstücke auch noch frei Haus ohne Widerstand zu übergeben.

Ich soll also in der Begründung des Widerspruchs für meine Auskunft eine bestimmte Bedingung stellen?

Ja. Zum Beispiel, dass Sie Bedenken haben, weil die Server in den USA stehen, auf denen die Antworten des Zensus 2022 erfasst werden. Und das Telefon von Frau Merkel wurde sogar in Deutschland abgehört – obwohl das viel schwieriger war, weil der Schutz gegen Spionage technisch sicherlich wesentlich besser abgesichert war als ein Server, der im Jahre 2022 irgendwo in Amerika herumsteht. Verlangen Sie deshalb eine Sicherstellung, dass die Daten in Deutschland bleiben, bevor Sie Auskunft geben.

Oder erklären Sie: Ich befürchte, dass der Staat wegen zukünftiger Impfschäden in meine Hausgrundstücke Grundbuchbelastungen eintragen wird. Der Staat soll vor meiner Mitteilung einer Auskunft zusichern, dass er solche Grundbuchbelastungen wegen SARS-CoV-2 oder einem Angriffskrieg nicht eintragen wird.

Sie können auch eine Vereinbarung vorschlagen, die zwischen Ihnen und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen wird. Begeben Sie sich in die Position der Pharmakonzerne. Sie verzichten auf ein Gentherapeutikum, auf eine SARS-CoV-2- und COVID-19-Behandlung und übernehmen bei Ihrer Erkrankung alle Kosten selbst. Im Gegenzug sichert Ihnen die Bundesrepublik Deutschland zu, dass Sie und Ihre Hausgrundstücke von Kosten für zukünftige Impfschäden freigestellt werden.

Es gibt für Betroffene also viele verschiedene Möglichkeiten, Bedingungen für die Herausgabe von Daten zu stellen. Könnten Sie als Hilfestellung noch weitere Beispiele nennen?

Wer ganz mutig ist, erklärt, dass die Vereinbarung darauf abzielen soll, auch von Kosten freigestellt zu werden, die aufgrund der Lieferung von Waffen anfallen, die gegen ein Land eingesetzt werden sollen, mit dem wir bislang nur ein Waffenstillstandsabkommen haben und das unter erheblichem eigenen Blutzoll dazu beigetragen hat, unser Land vom Hitler-Faschismus zu befreien.

Sie können auch darlegen, dass der Staat die Ressourcen vom Zensus 2022 besser für die Erforschung der Wirkungen und Nebenwirkungen der mRNA-Wirkstoffe einzusetzen habe, weil die Pandemie durch ein besorgniserregendes Virus doch wichtiger sei als eine Volkszählung mit dem Gegenstand von toter Materie.

Oder erklären Sie, dass die Ressourcen des Staates dazu aufgewandt werden sollen, Kohortenstudien durchzuführen, um herauszufinden, ob der allgemeine Gesundheitszustand von Geimpften tatsächlich höher ist als der allgemeine Gesundheitszustand von Ungeimpften. Die Ressourcen des Staates wären im Sinne der Bürger weitaus besser angelegt, wenn solche Kohortenstudien mit jeweils mindestens 20 Millionen Bürgern und Bürgerinnen durchgeführt würden. 

Es ist also wichtig, eine Bereitschaft zur Auskunft zu zeigen. Aber kann ich beim Zensus nicht einfach lügen?

Es ist wichtig zu kooperieren und zu signalisieren: Ich erkenne an, dass der Staat grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an Daten haben kann. Und ich erkenne an, dass ich grundsätzlich auch bereit bin, Auskunft zu erteilen.

Ein Widerspruch hat auch keine aufschiebende Wirkung, aber entfaltet erst einmal ein Hemmnis, wenn viele Betroffene in ähnlicher Weise reagieren. Zudem kann das Verwaltungsgericht angerufen werden und eine aufschiebende Wirkung auf Antrag herstellen, § 80 Abs. 5 VwGO. 

Lügen darf man beim Zensus nicht, denn es gibt keinen Notstand, der das rechtfertigen könnte, etwa rechtfertigender Notstand, § 34 Strafgesetzbuch. Wenn aber genügend Leute Widerspruch einlegen und Bedingungen stellen, dann hat das eine politische Wirkung, und die Behörden sind dann gehalten, die Widersprüche abzuarbeiten und sich damit zu beschäftigen.

Die Fragen stellte Sophia-Maria Antonulas.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion