„Pure Erleichterung“ bei Löw-Team – Das Tor von Kroos ist der späteste Siegtreffer in der WM-Geschichte

Auf dem nächtlichen Flug von Sotschi nach Moskau fiel der Anspannungspegel erst einmal ab. Mit dem späten 2:1 gegen Schweden ist Deutschland wieder im WM-Rennen. Neues Personal und mentale Stärke könnten nun beim Turnier in Russland sogar zum Trumpf werden.
Titelbild
Die DFB-Spieler feiern den Treffer zum 2:1 von Toni Kroos.Foto: Andreas Gebert/dpa
Epoch Times24. Juni 2018

Für Joachim Löw war es ein „Sieg der Moral“, für seine Spieler könnte die hochemotionale Last-Minute-Befreiung gegen Schweden zur WM-Wende werden.

„Es war pure Erleichterung in der Kabine. Jeder, der reingekommen ist, hat geschrien. Mir sind auch auf dem Platz fast schon die Tränen gekommen beim 2:1, weil es einfach so geil war“, berichtete Angreifer Timo Werner von der emotionsgeladenen Nachspielzeit in den Katakomben des Fischt-Stadions.

Noch zur Halbzeit hatte das ganz anders ausgesehen, wie der Leipziger bemerkte: „Nach dem 1:0 waren wir eigentlich ausgeschieden, das kann man so sagen.“

23.06.2018, Russland, Sotschi: Fußball: WM, Deutschland – Schweden, Vorrunde, Gruppe F, 2. Spieltag im Sotschi-Stadion: L-R: Antonio Rüdiger, Toni Kroos und Marco Reus aus Deutschland jubeln nachdem Toni Kroos das 2:1 erzielt hat. Foto: Andreas Gebert

Doch mit einer deutlichen Steigerung sowie den klasse Toren von Marco Reus (48. Minute) und Toni Kroos (90.+5) vermied die von Joachim Löw neu auf- und eingestellte Nationalmannschaft die ganz große WM-Blamage. „Mir hat gut gefallen, dass wir in der zweiten Halbzeit nicht die Nerven verloren haben oder angefangen haben, hektisch zu spielen“, sagte der Bundestrainer, den der Abend von Sotschi gezeichnet hatte. „Es war bis zum Schluss Dramatik pur.“

Das Tor von Kroos ist der späteste Siegtreffer in der Geschichte der Weltmeisterschaft.

Entscheidender Grund für die gelungene Aufholjagd nach dem 0:1 durch den schwedischen Angreifer Ola Toivonen (32.) waren neben der Willenskraft auch Löws taktische und personelle Umstellungen.

Mario Gomez sorgte nach der Pause für viel Präsenz in der Angriffsspitze. Der schnelle Werner wich auf den linken Flügel aus und war dort brandgefährlich. Er bereitete den Reus-Ausgleich vor und holte den spielentscheidenden Freistoß heraus. Diesen versenkte Kroos im schwedischen Kasten.

Ola Toivonen (r) erzielt gegen Antonio Rüdiger (M) und den chancenlosen Manuel Neuer das Tor zum 1:0 für Schweden. Foto: Christian Charisius

„Ich habe mich für Toni gefreut, weil er am ersten Gegentor mit beteiligt war. Was ihm normalerweise selten passiert“, betonte Löw: „Er ist normalerweise ein Spieler mit einer fast hundertprozentigen Pass-Sicherheit.“ Der fatale Fehler stachelte den viermaligen Champions-League-Sieger sichtbar an: „Ich gehe mit einem guten Gefühl, weil wir gewonnen haben, wir uns belohnt haben für einen mehr als ordentliches, ein gutes Spiel.“ Sein Freistoßtor nach kurzer Ablage von Reus trug die Marke Weltklasse.

Die emotional aufgeladenen Spieler machten sich gleich in der Nacht auf den Weg zu ihrem WM-Stammquartier nach Watutinki vor den Toren Moskaus. Dort will der Bundestrainer dann erst einmal eine Bestandsaufnahme seines Personals vornehmen: Jérôme Boateng ist nach seiner Gelb-Roten Karte in Kasan gegen Südkorea am Mittwoch gesperrt. Startelf-Spieler Sebastian Rudy hat sich die Nase gebrochen. Reus wurde von Krämpfen geplagt.

Jerome Boateng (M) muss nach der zweiten gelben Karte mit rot durch Schiedsrichter Szymon Marciniak (l) das Spielfeld verlassen. Foto: Andreas Gebert

„Ab Montag werden wir uns auf Südkorea vorbereiten“, sagte Löw. „Wir müssen dann sehen, welche Spieler zur Verfügung stehen. Mats Hummels kann wahrscheinlich wieder spielen.“ Gegen Schweden konnte der Münchner wegen eines verrenkten Halswirbels nicht dabei sein.

„Natürlich haben wir viel Luft nach oben. Aber es war erstmal der erster Schritt, wir haben jetzt das nächste Endspiel“, erklärte Reus, einer der neuen Fixpunkte in Löws Team. Die Weltmeister Mesut Özil und Sami Khedira, die in Sotschi nur auf der Bank saßen, müssen sich in ungewohnter Weise erst einmal anstellen. Auch wenn der Bundestrainer sagte: „Heute war die Entscheidung so, dass Khedira und Özil mal pausieren. Aber wir werden beide weiterhin brauchen.“

Timo Werner (M) und der Schwede Mikael Lustig geraten aneinander, Toni Kroos beschwichtigt. Foto: Christian Charisius

Der Weltmeister hat nach der Zittereinlage am Schwarzen Meer nun wieder alle Karten zum Achtelfinal-Einzug selbst in der Hand. Wenn das DFB-Team mit mindestens zwei Toren Unterschied gegen Südkorea gewinnt, können Mexiko und Schweden gemeinsam nicht mehr beide vor Deutschland landen. Auf alle anderen Eventualitäten wollen sich Reus & Co. nicht verlassen: „Da müssen wir genauso emotional spielen und energiegeladen, wie wir es vor allem in der zweiten Halbzeit gut gemacht haben“, sagte der Dortmunder mit Blick auf die Partie in Kasan. (dpa/so)



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