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Deutschland Schlusslicht bei Kurzarbeitergeld im europäischen Vergleich

Für viele Menschen in Deutschland wird das Kurzarbeitergeld wohl nicht reichen. Die Regierungen in anderen Ländern sind anscheinend großzügiger, wie eine Studie zeigt.

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Bei der Höhe des gesetzlich gezahlten Kurzarbeitergeldes ist Deutschland nach einer aktuellen Studie Schlusslicht unter den europäischen Ländern mit vergleichbaren Regelungen.
Während in Deutschland die Beschäftigten lediglich 60 oder in Haushalten mit Kindern 67 Prozent des entgangenen Nettoentgelts erhalten, wird nach einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in vielen anderem europäischen Ländern ein deutlich höheres Kurzarbeitergeld von 80 bis zu 100 Prozent bezahlt.
Die Forscher des zur gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gehörenden Instituts drängen deshalb auf eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes in Deutschland.
Von den 15 europäischen Ländern, die in der Untersuchung berücksichtigt wurden, zahlen vier Staaten (Irland, Dänemark, die Niederlande und Norwegen) ein Kurzarbeitergeld, das bis zu 100 Prozent des Lohnausfalls kompensiert.
In Frankreich, Schweden, Österreich, Großbritannien, Italien und der Schweiz liegt das Kurzarbeitergeld bei 80 Prozent oder mehr. In Spanien, Belgien und Frankreich wird der Lohnausfall zu 70 Prozent ausgeglichen. In der Regel gehen großzügigere Leistungen der Studie zufolge allerdings mit einer kürzeren Bezugsdauer einher.
Angesichts dieser Vergleichszahlen drängen die Wirtschaftsforscher auf eine spürbare Anhebung des Kurzarbeitsgeldes auch in Deutschland auf mindestens 80 Prozent – mit einer Aufstockung auf bis zu 90 Prozent für Beschäftigte im Niedriglohnsektor.
Denn es sei absehbar, dass das Kurzarbeitergeld während der Corona-Krise sehr häufig von Beschäftigten aus dem Dienstleistungssektor mit geringem Einkommen in Anspruch genommen werde. Ohne die vorgeschlagene Aufstockung müssten viele von ihnen voraussichtlich zusätzlich Hartz IV-Leistungen beantragen, warnten die Wissenschaftler.

Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst bekommen auch Kurzarbeitergeld

Kommunale Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich auf einheitliche Konditionen für Kurzarbeit in der Corona-Krise geeinigt.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Deutsche Beamtenbund (DBB) stellten am Mittwoch Eckpunkte eines bundesweiten Tarifvertrags mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) vor, der ab sofort und bis Jahresende die Kurzarbeit für Beschäftigte im öffentlichen Dienst regeln soll.
Demnach müssen die Arbeitgeber Kurzarbeit sieben Tage im Voraus ankündigen. Betroffenen Mitarbeitern darf während der Kurzarbeit und drei Monate danach nicht betriebsbedingt gekündigt werden.
Auszubildende und Beschäftigte in Altersteilzeit sind laut DBB grundsätzlich ebenso von Kurzarbeit ausgenommen wie Schwangere und werdende Väter, bei denen sich das Kurzarbeitergeld auf die Berechnung des Elterngelds auswirken würde.
Wie Verdi mitteilte, stocken die Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit von derzeit in der Regel 60 Prozent auf mindestens 90 Prozent der entstehenden Nettolohndifferenz auf. In den Entgeldgruppen E1 bis E10 erhalten betroffene Beschäftigte demnach sogar 95 Prozent der Lohndifferenz von Arbeitsagentur und Arbeitgeber ausgezahlt.
Für die meisten Bereiche des öffentlichen Dienstes sei Kurzarbeit ohnehin kein Thema, erklärte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Das gelte etwa in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, in sozialen Diensten und Jobcentern. Bei sogenannten eigenwirtschaftlichen Betrieben wie Theatern, Museen oder im Nahverkehr sei Kurzarbeit jedoch realistisch.
Allerdings sei der nun abgestimmte Tarifvertrag nur für den „Sonderfall der Corona-Krise gültig und kein Freifahrtschein für die Zukunft“, betonte der DBB. Nach Angaben der Gewerkschaften gilt er nicht für die sogenannte kommunale Kernverwaltung. Die Tarifparteien legten demnach eine Erklärungsfrist zu den abgestimmten Eckpunkten bis zum 15. April fest.

Von der Leyen schlägt EU-gestützte Kurzarbeit für Firmen in Corona-Krise vor

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat eine Unterstützung der EU für staatlich geförderte Kurzarbeit wegen der Corona-Krise in Aussicht gestellt. 2008 habe ein solches Vorgehen in den Mitgliedstaaten
„Millionen von Menschen und Unternehmen geholfen, die Finanzkrise zu überstehen“, sagte von der Leyen am Mittwoch in einer Videobotschaft. Ihre Behörde werde deshalb diese Woche ein EU-weites Instrument für Kurzarbeit namens Sure vorstellen.
Unternehmen sollten Fachkräfte trotz mauer Auftragslage nicht entlassen, forderte von der Leyen. Einkommensunterschiede wegen der Kurzarbeit könnte das EU-Instrument Sure dann ausgleichen. „Es wird den Menschen und Betrieben in den am stärksten betroffenen Ländern helfen“, fügte sie hinzu. Dahinter würde dann „die Garantie aller Mitgliedstaaten“ stehen.
Weitere Details zu dem Vorhaben nannte die CDU-Politikerin nicht. Auch, ob die EU-Mitgliedstaaten ihren Zuspruch für eine derartige Initiative signalisiert hätten, blieb zunächst unklar.
Die Bundesregierung hat wegen der Ausbreitung der Corona-Pandemie bereits im Eilverfahren Gesetzesänderungen beim Kurzarbeitergeld in Deutschland beschlossen. Unternehmen können demnach staatliches Kurzarbeitergeld beantragen, wenn zehn Prozent der Beschäftigten im Betrieb von Arbeitsausfall betroffen sind.
Die EU-Kommission bereitet nach eigenen Angaben zudem einen Vorschlag für eine EU-weite Arbeitslosenrückversicherung vor. Die Behörde werde die Initiative voraussichtlich am Donnerstag auf den Weg bringen, sagte ein Sprecher am Mittwoch. (dpa/afp/nh)

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