Psycho-Spielchen vor WM-Halbfinale: Angerer warnt vor ICE

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DFB-Keeperin Nadine Angerer spielt in den USA.Foto: Carmen Jaspersen/dpa
Epoch Times29. Juni 2015
Nadine Angerer liebt solche großen Spiele. Das ist ihr vor dem WM-Halbfinale gegen die USA in Montreal anzumerken.

Hellwach, mit funkelnden Augen berichtet die deutsche Torhüterin über die Vorzüge der amerikanischen Spielerinnen: ihre Power, ihren Siegeswillen, ihre kleinen Psychotricks, ihr zur Schau gestelltes Selbstbewusstsein. „Sie pushen sich unglaublich vor jedem Spiel. Amerikanerinnen haben irgendwie so ein eingebautes optimistisches Gen. Sie glauben immer bis zum Schluss an sich“, sagt Angerer und muss ein bisschen schmunzeln über diese US-Mentalität.

Sie habe schon Spiele erlebt, da habe ein Team zur Pause 0:4 zurückgelegen. „Und die Spielerinnen sagen in der Kabine immer noch, die hauen wir weg. Verrückt.“ Diese Einstellung kennt Angerer, die in ihrer zweiten Saison für die Portlands Thorns in der US-Profiliga spielt, schon aus ihrer Zeit in Australien. Auch da brächten sich die Teams vor dem Anpfiff mit lauter Musik, teilweise mit Tänzen, in den Kampfmodus.

Angerers Ausführungen sagen viel über das Selbstverständnis der US-Girls und ihre Sieger-Mentalität, aber noch wenig über die Qualität ihres Fußballs. „Sie haben eine komplett andere Spielweise als Frankreich“, erklärt die 36-Jährige. „Die USA leben von ihrer Power, ihrer Physis, und sie spielen gerne lange Bälle.“ Die sind dann für die schnelle Alex Morgan, Starstürmerin Abby Wambach oder eine der anderen Top-Angreiferinnen Sydney Leroux und Christen Press gedacht. Angerer ahnt, was am Dienstag (Mittwoch, 01.00 Uhr MESZ/ARD und Eurosport) im Spiel des Weltranglisten-Ersten gegen den -Zweiten USA passieren wird: „Da wird ein geballter ICE auf uns zurauschen!“

Silvia Neid weiß das alles. „Sie sind technisch nicht so gut. Aber sie werden versuchen, mit ihrem Powerfußball ins Spiel zu finden“, pflichtet die Bundestrainerin ihrer Torhüterin bei. Da komme es vor allem auf eines an: „Zweikampfstärke! Wir müssen von Beginn an dagegenhalten.“ Neid wird ihre Schützlinge vor dem Showdown im mutmaßlich voll besetzten Olympiastadion von 1976 darauf hinweisen, wie wichtig es sei, sich weder von der aufgeheizten Stimmung noch von der US-typischen Körpersprache beeindrucken zu lassen: „Die Amerikanerinnen werden bereits vor dem Spiel so auftreten, als hätten sie schon gewonnen. Aber das kennen wir ja.“

Wer Neid kennt, weiß, dass sie diese etwas selbstverliebte, polternde Hallo-Jetzt-komm-ich-Mentalität nicht besonders schätzt. Und die 51 Jahre alte Fußball-Lehrerin macht auch vor dem prestigeträchtigen Duell keinen Hehl aus dieser Abneigung: „Amerikaner sind immer laut“, klagt sie. Vor dem dritten Gruppenspiel in Winnipeg sei es im Hotel, in dem auch zahlreiche US-Anhänger abgestiegen waren, „extrem“ gewesen. „Es war kaum auszuhalten mit den Fans.“

Gleichwohl zollt sie dem US-Team Respekt. Auch wenn der zweimalige Weltmeister bei der WM in Kanada noch keinen spielerischen Glanz verbreitet hat, imponiert Neid dessen absoluter Siegeswille. Die Ergebnisse vorher spielten nun auch keine Rolle mehr, betont sie: „Das ist ein WM-Halbfinale. Die USA werden alles aus sich rausholen, sich zerreißen. Aber ich weiß nicht, ob sie es so gut finden, gegen uns spielen zu müssen“, betont sie. „Wir sind auch selbstbewusst.“

Neid ist entspannt, gelassen und zufrieden, das merkt man. Denn mit der Olympia-Qualifikation und dem Halbfinal-Einzug hat ihre DFB-Auswahl das WM-Soll bereits erfüllt. Jetzt kommt die Kür. Man will sich den Titeltraum erfüllen. „Ich bin absolut zufrieden, total. Andere Nationen sind schon längst zu Hause. Wir können jetzt befreit aufspielen und werden versuchen, ins Finale zu kommen“, sagt Neid vor dem Duell der zweimalige Weltmeister.

Neid und Angerer hätten nichts dagegen, wenn es am Dienstag so enden würde wie beim letzten WM-Treffen 2003 in den USA. In Portland kam es ebenfalls im Halbfinale zum Duell mit dem Topfavoriten. Was für die USA ein Alptraum war, hat Angerer noch in bester Erinnerung: „Wir haben uns damals gefreut, vielleicht freuen wir uns jetzt wieder.“

(dpa)

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