Bund will in Einzelfällen Handydaten von Flüchtlingen auslesen – Kritik von der Linken

Der Bund will möglichst nur in Einzelfällen auf die Handydaten von Flüchtlingen zurückgreifen, um deren Identität zu ermitteln. Gemeindebund und Polizeigewerkschaften begrüßten das Vorgehen, die Linke hingegen kritisierte das Vorhaben. Es sei "ein weiterer Schritt der Entrechtung von Schutzsuchenden", erklärte die Innenexpertin Ulla Jelpke.
Epoch Times20. Februar 2017

Der Bund will möglichst nur in Einzelfällen auf die Handydaten von Flüchtlingen zurückgreifen, um deren Identität zu ermitteln. Es handele sich um einen „grundrechtssensiblen Bereich“, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth, am Montag in Berlin. Er trat damit dem Eindruck entgegen, das Auslesen der Daten von Smartphones solle massenhaft angewandt werden. Der entsprechende Gesetzentwurf befindet sich in der Ressortabstimmung.

Mit dem Gesetz soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in die Lage versetzt werden, die Handydaten abzufragen. Nach einem Bericht von „Süddeutsche Zeitung“, WDR und NDR schätzt das Innenministerium, dass im Jahr 2016 bei 50 bis 60 Prozent der Asylsuchenden das Auslesen eines Datenträgers in Betracht gekommen wäre. Das wären etwa 150.000 Menschen gewesen.

Dazu sagte Dimroth, es sei ein großer Unterschied, bei wievielen Flüchtlingen das Verfahren hypothetisch in Betracht komme und bei wievielen es tatsächlich angewandt wird. Es stelle sich außerdem die Frage, in welchem Ausmaß das Bamf überhaupt zum Auslesen der Daten in der Lage sei.

Dem Bericht zufolge sollen die Außenstellen des Bamf mit forensischer Hard-und Software ausgerüstet werden, so dass etwa 2400 Datenträger pro Tag ausgelesen werden könnten. Das Vorhaben war Bestandteil des Maßnahmenkatalogs zur verstärkten Abschiebung, den Bund und Länder am 9. Februar vorgelegt hatten.

Der Zugriff auf Mobiltelefone oder andere Datenträger ist dem Bericht zufolge den Ausländerbehörden zwar seit der Aufenthaltsnovelle von 2015 im Prinzip erlaubt. Das Bamf war dabei bislang aber auf die Zustimmung der Asylsuchenden angewiesen. Willigen diese nicht ein, ist ein richterlicher Beschluss erforderlich. Laut Ausländerzentralregister befinden sich 213.000 „vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer“ in Deutschland.

Der Städte- und Gemeindebund begrüßte die geplante Neuregelung. „Wir haben ein Interesse, dass wir genau wissen, wer kommt und hat der wirklich einen Anspruch auf Asyl“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg zu SWR Aktuell. Die Datenauswertung biete erhebliche Vorteile gegenüber dem bisherigen Verfahren. Bislang werde eine Sprachaufnahme gemacht, die ein Experte vorgelegt bekomme, sagte Landsberg. Das sei ein kompliziertes Verfahren.

Landsberg sprach sich auch dafür aus, Flüchtlinge rückwirkend durch Handydaten zu überprüfen, da es Fehler oder Mehrfachregistrierungen gegeben habe. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hält die geplante Überprüfung der Handydaten von Flüchtlingen für sinnvoll. Gewerkschaftschef Rainer Wendt sagte dem MDR am Montag, bei der Einreise hätten nur bis zu 30 Prozent der Menschen Papiere bei sich. Da sei es wichtig, die gemachten Angaben zu überprüfen.

Hingegen kritisierte die Linke das Vorhaben. Es sei „ein weiterer Schritt der Entrechtung von Schutzsuchenden“, erklärte die Innenexpertin Ulla Jelpke. „Flüchtlinge werden mit diesem schweren Eingriff in die Privatsphäre wie einer schweren Straftat Verdächtige behandelt.“ Statt Flüchtlinge weiter „zu drangsalieren, sollte in eine schnelle und gute Integrationspolitik investiert werden“. (afp)

 



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