EU-Armee oder Verteidigungsunion: Verpflichtung zu ständig steigenden Rüstungsausgaben

Nach dem Brexit-Votum starteten Deutschland und Frankreich eine neue Initiative in Richtung EU-Armee bzw. "Verteidigungsunion". Die Notifikationsurkunde wird am Montag unterzeichnet. Darin ist die Verpflichtung zu regelmäßig steigenden Rüstungsausgaben enthalten.
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Moderner Helm der Bundeswehr.Foto: iStock - Fotografie
Epoch Times12. November 2017

Beim Treffen der EU-Außen- und Verteidigungsminister am Montag wollen die Europäer die Grundlage für eine ständige Zusammenarbeit im Rüstungs- bzw. Verteidigungsbereich legen und damit einen großen Schritt in Richtung einer sogenannten „Verteidigungsunion“ machen.

Der EU-Vertrag sieht in den Artikeln 42 und 46 die Möglichkeit vor, auch in kleineren Staatengruppen die EU-Verteidigung auszubauen. Die ständige strukturierte Zusammenarbeit (englisch abgekürzt: Pesco) wurde bisher nicht genutzt, weil das traditionell auf die Nato setzende Großbritannien sich gegen den Ausbau der EU-Verteidigung sträubte.

Nach dem Brexit-Votum im vergangenen Jahr starteten Deutschland und Frankreich eine neue Initiative, die EU in diesem Bereich zu stärken.

Die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten, die an der Pesco teilnehmen wollen, unterzeichnen am 13. November 2017 die Notifizierungsurkunde für die Pesco.

Sie enthält 20 Bedingungen für die Teilnahme, darunter die Verpflichtung zu regelmäßig steigenden Rüstungsausgaben. 20 Prozent davon sollen in Neuanschaffungen fließen, um Kapazitätslücken zu schließen.

Zudem verpflichten sich die Pesco-Mitglieder, „wesentliche Unterstützung“ in Form von Truppen und Material für EU-Auslandseinsätze bereitzustellen. Der offizielle Beschluss, die ständige strukturierte Zusammenarbeit zu starten, soll dann am 11. Dezember fallen.

22 von 28 Unterschriften werden erwartet

EU-Vertreter erwarten, dass ungefähr 22 der 28 Mitgliedstaaten die Notifizierungsurkunde am Montag unterzeichnen.

Dänemark, Großbritannien, Irland, Polen, Portugal und womöglich das neutrale Österreich würden voraussichtlich nicht dabei sein, sagte ein Diplomat am Freitag. Nachzügler könnten sich aber bis zum 10. Dezember anschließen. Auch danach können weitere Mitglieder aufgenommen werden und auch Drittstaaten von Fall zu Fall in Projekte eingebunden werden.

Bisher haben 15 Mitgliedstaaten 47 Projekte vorgeschlagen. Deutschland plädiert insbesondere für ein medizinisches Einsatzkommando, ein Netz von Logistikdrehkreuzen und eine gemeinsame Offiziersausbildung.

Zum Pesco-Start im Dezember sollen erste Projekte ausgewählt werden. Ziel ist auch eine verstärkte Rüstungszusammenarbeit. Die Zahl von derzeit fast 180 verschiedenen Waffensystemen in der EU soll verringert werden, was Einsparungen und eine vereinfachte Zusammenarbeit nationaler Truppenteile bringen könnte.

Wird aus der EU damit tatsächlich eine Verteidigungsunion?

Die EU sei einer gemeinsamen Verteidigung „noch nie zuvor so nahe gewesen“, sagt ein Diplomat. Die Pesco ist neben dem Europäischen Verteidigungsfonds für gemeinsame Rüstungsprojekte und einer systematischen Abstimmung nationaler Ausgabenpläne einer von drei neuen Ansätzen.

Von einer echten „Verteidigungsunion“ oder gar einer „EU-Armee“ ist das aber noch weit entfernt. Aufrüstung bleibt weiter nationale Kompetenz. Und die EU betont, sie wolle lediglich komplementär zur Nato sein und diese keinesfalls ersetzen.

1954 war die heutige EU mit dem Versuch gescheitert, über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) eine gemeinsame Armee zu gründen. Über Jahrzehnte war dies dann kein Thema mehr.

Seit der Jahrtausendwende gab es zwar neue Anläufe, doch es blieb bei einem Flickenteppich. So wurden zwar schon 2005 gemeinsame EU-Kampfgruppen mit bis zu 3000 Soldaten gegründet – doch bei Auslandsmissionen eingesetzt wurden sie wegen Streits um Finanzierungsfragen bisher nie.

Im Frühjahr bekam die EU dann erstmals ein militärisches Hauptquartier, bisher aber nur für Ausbildungseinsätze im Ausland. (afp/so)

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