Studie: Grundsteuer ist verfassungswidrig

Nach Veröffentlichung einer Studie droht den Finanzämtern eine Klagewelle. Nicht alle Bundesländer nutzen die kritische Neuregelung des Bundes für die Grundsteuer, die 2025 in Kraft tritt.
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Das ab 2025 gültige Grundsteuergesetz des Bundes ist laut eines Gutachtens verfassungswidrig.Foto: Henning Kaiser/dpa
Von 18. April 2023

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Der Verfassungsrechtler Gregor Kirchhoff hält das in elf Ländern angewandte Grundsteuergesetz des Bundes für verfassungswidrig. Daher droht dem Fiskus nun eine Klagewelle wegen der Neuberechnung der Abgabe, schreibt die „Deutsche Presseagentur“ (DPA). Kirchhoff kommt zu seinem Schluss in einer Studie, die am Montag, 17. April, in Berlin vorgestellt wurde. Auftraggeber waren der Bund der Steuerzahler und der Eigentümerverband Haus und Grund.

Verbände raten zu Einsprüchen gegen Bescheide

Die Verbände wollen jetzt in fünf Bundesländern mit Musterklagen vor Gericht ziehen. Den Eigentümern empfehlen sie, Einspruch gegen die von den Finanzämtern zum Teil bereits verschickten Bescheide zum Wert ihrer Immobilien einzulegen. Diese Bescheide sind in den meisten Bundesländern Grundlage für die künftige Grundsteuer-Berechnung. „Es ist offensichtlich, dass die neue Grundsteuer so nicht funktioniert und am Ende zu deutlichen Mehrbelastungen führt“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel.

Die Neuberechnung der Grundsteuer gilt ab 2025. Nicht alle Länder müssen dabei gleiche Kriterien anwenden: Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben eigene Berechnungsmethoden entwickelt.

Das Bundesgesetz wird genutzt von Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Mit Abweichungen wurde die Neuregelung von Saarland und Sachsen übernommen.

Problematische Berechnung

Zuletzt hatten wegen der Reform bereits Tausende Immobilienbesitzer bei ihren Finanzämtern eine Erklärung mit Daten zu ihrem Grundstück und Haus abgeben müssen. Deren Mitarbeiter müssen den Wert von fast 36 Millionen Immobilien neu berechnen. Das stellt sie vor große Probleme. Angesichts der Datenflut droht den Finanzämtern der Kollaps, wie Epoch Times berichtete.

Kirchhoff kritisierte, die daraufhin festgelegten Bodenrichtwerte seien nicht vergleichbar. So habe etwa die begehrte Wohnlage Wannsee in Berlin einen geringeren Richtwert erhalten als die weniger attraktive Lage Neukölln. Außerdem würden individuelle Umstände wie Denkmalschutz-Auflagen, Baumängel, Altlasten und anderes bei der Bewertung der Grundstücke nicht berücksichtigt. Der Jurist hält die Grundsteuer-Berechnung über den Bodenrichtwert generell für problematisch – im Vergleich etwa zu Modellen nur mit Fläche und Gebäudeart.

Böse Überraschung für viele Eigentümer

Rund 15 bis 20 Millionen Steuerbescheide wurden seit Einreichung der Unterlagen ausgestellt. Viele Eigentümer erlebten dabei eine böse Überraschung: Oft sind die Bodenrichtwerte deutlich höher als bisher. „Wir haben noch nie so viele besorgte Steuerzahler gehabt“, sagte Holznagel. Der Präsident von Haus und Grund, Kai Warnecke, berichtete von einem „irrsinnigen Mitglieder-Zulauf“ deswegen. Sehr irritierend sei für die Eigentümer, dass es keine Angaben geben würde, was man ab 2025 tatsächlich an Grundsteuer zu zahlen habe.

Das wird auch noch eine Weile offenbleiben. Denn die Höhe der Grundsteuer hängt entscheidend von den sogenannten Hebesätzen der Gemeinden ab, die erst kurzfristig festgelegt werden. Dann sei es aber häufig zu spät, sich gegen die Bescheide zu wehren, warnen die Verbände. Sie appellieren an die elf Bundesländer, sich vom Berechnungsmodell des Bundes zu lösen und eigene, aus ihrer Sicht weniger angreifbare Methoden zu entwickeln.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Berechnung der Grundsteuer bereits 2018 für verfassungswidrig erklärt. Aufgrund veralteter Werte aus dem Jahr 1935 in Ostdeutschland und 1964 in Westdeutschland wurden vergleichbare Objekte bisher teilweise komplett unterschiedlich bewertet, was zu großen Abweichungen bei der Höhe des Steuersatzes führt.

 



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