Strafanzeige gegen Saskia Esken: Deshalb sieht ein Österreicher eine Verharmlosung von NS-Verbrechen

Der Österreicher Gerald Grosz ist Kolumnist, Autor und ehemaliger Politiker (FPÖ/ BZÖ). Grosz erreicht im „Oe24.TV“ regelmäßig eine breite Öffentlichkeit. Er hat neulich Saskia Esken angezeigt, weil die deutsche SPD-Chefin bei „ZiB 2“ die AfD mit Goebbels verglichen hatte.
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Der Österreicher Gerald Grosz: „Wir staunen, dass unser sogenannter großer Bruder binnen vier, fünf Jahren so dramatisch abgesackt ist.“Foto: Privat
Von 17. Mai 2024

Gerald Grosz kritisiert im Epoch-Times-Interview, dass SPD-Chefin Saskia Esken mit strafrechtlich relevanten Äußerungen die Opfer der NS-Zeit entwürdige. Für den ehemaligen FPÖ- und BZÖ-Politiker gilt Deutschland weltweit mittlerweile als die größte Irrenanstalt des Globus.

2024 erschein „Der perfekte Untertan“ von Gerald Grosz. Epoch Times erreicht den Autor im Fahrzeug auf dem Weg nach Triest, wo er sich mit verschiedenen Politikern zum Austausch traf und auch sein Buch vorstellte. Im Profilbild von Grosz auf X steht, angelehnt an den Wahlspruch von Donald Trump: „Make Austria Grosz again“.

Wie schaut Österreich aktuell auf Deutschland, wie geht es Ihnen dabei?

Es ist ein zwiespältiger Blick. Einerseits staunen wir, welches Irrenhaus Deutschland geworden ist, vor allem auch in demokratiepolitischer Hinsicht, in rechtspolitischer Hinsicht, in gesellschaftspolitischer Hinsicht, in wirtschaftspolitischer Hinsicht.

Und wir staunen, dass unser sogenannter großer Bruder – der Vergleich wurde ja immer zwischen Deutschland und Österreich geführt vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht – binnen vier, fünf Jahren so dramatisch abgesackt ist und wir in Wahrheit seit 2015 nur mehr mit Horrormeldungen aus Deutschland konfrontiert sind. Warum zwiespältig? Weil wir natürlich in Österreich eine Sorge haben, dass diese deutsche Entwicklung auch nach Österreich überschwappt.

Konservative und Rechte sehen in Deutschland ein Klima der Angst entstehen. Kritischen Medienschaffenden werden die Konten gekündigt. Kritische Politiker und Journalisten schauen sich um, wenn sie das Haus verlassen. Gibt es Vergleichbares in Österreich auch?

Das gab es in den 1990er-Jahren. Mit dem Aufstieg der Freiheitlichen Partei wurde in Österreich zwischen 1992 und 2000 ein ähnliches Klima geschaffen; ein ähnliches Klima der Polarisierung. Und der Anlassfall war der Aufstieg der Freiheitlichen Partei als Großpartei.

Die Freiheitliche Partei war vor 1986 und vor Jörg Haider immer eine Partei in der Größenordnung der FDP bei fünf, sieben oder acht Prozent. Mit Jörg Haider ist daraus eine Partei geworden, die zwanzig, fünfundzwanzig und am Ende dann 27 Prozent hatte und direkt in die bürgerliche Mitte als neue Volkspartei vorgestoßen ist.

1991, mit dem Beginn des Volksbegehrens „Österreich zuerst“, des sogenannten „Ausländer-Volksbegehrens“, hat auch in Österreich diese wahnwitzige Polarisierung stattgefunden, dass man quasi in jedem progressiven Politiker einen Linksradikalen gesehen hat und in jedem bürgerlich-konservativen freiheitlichen Politiker sofort einen Rechtsradikalen oder möglicherweise sogar einen neonazistischen Politiker gesehen hat.

Ja, mit diesen Begrifflichkeiten wurde auch in Österreich gespielt. Auf einem Höhepunkt angekommen war das dann in der Regierungsbeteiligung 2000, als die Freiheitliche Partei Bestandteil der österreichischen Bundesregierung war. Es gipfelte in Sanktionen seitens der EU, als in Österreich vor allem Politiker der Sozialdemokratie und der Grünen, aber auch der ÖVP im Vorfeld immer davon gesprochen haben, die FPÖ sei eine Nazi-Partei.

Die Reaktion des Auslands war dann relativ klar. Denn wenn eigene Politiker im Inland ins Ausland fahren und dich vernadern [Red.: ugs. für denunzieren, verraten], dann gewinnt man auch im Ausland den Eindruck, dass es sich bei der FPÖ wie auch nun bei der AfD um eine Nazi-Partei handelt.

Mit Blick auf SPD-Chefin Saskia Esken und ihren Auftritt bei „ZiB 2“ habe ich ein Déjà-vu: In den 90er-Jahren sind führende Sozialdemokraten und Grüne durch Europa gezogen und haben im Ausland das eigene Land vernadert und vor einer demokratischen Partei wie der FPÖ gewarnt und mit Begrifflichkeiten wie Nazi et cetera gespielt. Und das sehen wir jetzt auch: Esken, Scholz, Baerbock und so weiter richten ihre Propaganda aus dem Ausland heraus ins Inland, nach Deutschland hinein, indem sie behaupten, bei der AfD handle es sich um eine Nazi-Partei.

Wir haben in Österreich dieselbe Situation gehabt wie in Deutschland. Das hatte dann zur Folge, dass Tausende Menschen auf die Straße gegangen sind. Genutzt hat es aber nichts. Denn die Entdämonisierung der FPÖ kam in den 2000er-Jahren, in denen dann jeder gesehen hat: Die machen eine vernünftige Regierungspolitik und nein, die sind keine Nazis.

Das, was Sozialdemokraten, Sozialisten und Grüne, aber auch scheinkonservative bürgerliche Parteien wie die Volkspartei in Österreich oder die CDU/CSU in Deutschland machen, ist in Wahrheit eine Verleumdung der eigenen Nation und in weiterer Folge des eigenen Parlamentarismus. Denn wenn sie eine in Wahrheit demokratische Partei, eine demokratisch gewählte und eine sich demokratisch gerierende Partei verleumden, dann verleumden sie in Wahrheit den gesamten politischen Prozess und polarisieren ihn.

Passt dazu die Behauptung von Frau Esken, die im österreichischen Fernsehen Goebbels zitierte und meinte, diesen Missbrauch der Demokratie durch die AfD hätte es schon 1935 bei der NDSAP gegeben?

Das sind ganz gefährliche Vergleiche, die Frau Esken zieht und die darauf schließen lassen, dass sie die deutsche Geschichte, aber auch die verheerenden dunklen Jahre des Nationalsozialismus nicht begriffen hat.

Wenn sich Saskia Esken die Dramatik des Schreckensregimes des Nationalsozialismus, die Folgen für ganz Europa und die gesamte Welt vergegenwärtigen und verinnerlichen würde, was das auch für konkrete Folgen für Millionen von Menschenleben, Verfolgte, im Krieg Verstorbene hatte, dann würde sie im Vollbesitz der geistigen Kräfte niemals solche Vergleiche treffen.

Frau Esken hätte es zu denken geben müssen, wenn in Österreich der öffentlich-rechtliche Moderator Armin Wolf, der kein Freund der Freiheitlichen ist, der in Wahrheit sogar ein Gegner der Freiheitlichen ist und sich auch im Öffentlich-Rechtlichen als Gegner generiert, wenn der über diesen Vergleich erschüttert war und selbst nachgefragt hat: ‚Das meinen Sie doch wohl nicht ernst. Ist dieser Vergleich nicht übertrieben?‘

Also wenn es selbst der linken Gutmenschen-Fraktion spanisch vorkommt und selbst jene, die sich normalerweise mit politischer Diffamierung und Verleumdung im Rahmen der politischen Auseinandersetzung nicht zurückhalten, wenn selbst diese sich bei so einem Nazi- und Goebbels-Vergleich angeekelt fühlen, dann hätte das Frau Esken im Moment des Interviews zu denken geben müssen.

Wir sind froh in Österreich, dass wir diese Diskussion in der breiten Masse der Bevölkerung nicht führen, sondern dass die wirklich nur in Randgruppen geführt wird, in Randgruppen rechts und links außen, die in Österreich ein gesellschaftliches Potenzial von maximal zwei vielleicht drei Prozent haben.

Frau Esken blieb bei „ZiB 2“ aber trotz der Nachfrage unbeeindruckt selbstsicher.

Saskia Esken ist offensichtlich selbst wirklich davon überzeugt, dass das, was sie von sich gibt, die Wahrheit wäre. Und das ist besonders dramatisch bei ihr. Meines Erachtens ist es eine Verharmlosung von dem Scheiterhaufen der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern, von der Ausschaltung der Parlamente durch die Nationalsozialisten, von der Anzettelung von Kriegen in einen Weltkrieg. Sie scheut tatsächlich keinen Vergleich mit einer zuwanderungskritischen Partei, mit einer konservativen Partei, mit einer durchwegs wirtschaftsliberalen Partei, mit den Nationalsozialisten.

Und das zeigt umso mehr ihre Unwissenheit. Das hat eine besondere Dramatik, dass das ausgerechnet die Vorsitzende der deutschen Kanzlerpartei ist. So betrachtet ist es für mich auch nicht verwunderlich, warum man weltweit mittlerweile Deutschland als die größte Irrenanstalt des Globus bezeichnet.

Sie haben Frau Esken angezeigt. Warum und was haben Sie sich davon erhofft?

Für mich ist, was Saskia Esken getan hat, insofern sogar mit Vorsatz, weil sie gewarnt wurde. Sie wurde darauf hingewiesen, den Vergleich nicht zu treffen, und sie hat ihn unbeirrt noch einmal getroffen. Also, sie hat mit Vorsatz gehandelt. Das war für mich und viele Juristen in unserem Land eine Verharmlosung der NS-Verbrechen.

Wir haben im sogenannten Wiederbetätigungsgesetz in Österreich nicht nur das Verbot der Verwendung nationalsozialistischer Symbole und des Gutheißens nationalsozialistischer Politik. Sondern wir haben noch eine Spezialität, nämlich das Verharmlosen. Und wir haben dieses Gesetz im letzten Jahr noch einmal verschärft, das weiß Frau Esken offenbar nicht.

Es gibt einige, die sich vor allem während der Corona-Demonstrationen immer wieder in wirklich dummen und abzulehnenden Vergleichen mit dem Schicksal der Juden verglichen haben. Daraufhin wurde dieses Gesetz in Österreich noch verschärft: Selbst wenn du dich in Solidarität mit den jüdischen Opfern siehst, dich aber mit den Opfern gleichsetzt oder eine Verharmlosung triffst, machst du dich strafbar.

Das haben wir verschärft und Frau Esken fällt genau da hinein. Sie fällt in eine klare Verharmlosung der Schrecken des Nationalsozialismus. Wer die Schrecken des Nationalsozialismus so verniedlicht und sie mit einer rechtspopulistischen, sich demokratisch gerierenden und die Demokratie akzeptieren Partei in Deutschland vergleicht, spuckt den Opfern des Nationalsozialismus regelrecht ein zweites Mal ins Grab nach.

Der Regierung Merkel und der Ampelregierung wurden antidemokratische Tendenzen vorgeworfen, teils mit der Entwicklung um die Zeit 1933 verglichen. Dieser Vergleich der Gegenseite ist demnach gleichermaßen strafbar.

Mit solchen Vergleichen sollte man tatsächlich immer vorsichtig sein. Es gibt in unseren Breiten, im deutschsprachigen Raum, im mitteleuropäischen Raum, immer diese Sehnsucht, politisch sich widersprechende Tendenzen des unterschiedlichen Gegners mit der schärfsten Keule niederzuprügeln, die es in der politischen Debatte gibt, nämlich mit der sogenannten Nazi-Keule. Sie ist die wirksamste Waffe, um sich mit den Argumenten des Gegners nicht auseinanderzusetzen.

Warum? Mit einem Nazi brauchst du dich nicht zu unterhalten. Und auch ich unterhalte mich mit einem Nazi nicht, weil ich der Meinung bin, dass das wirklich dumme Menschen sind, mit deren Haltung man sich nicht auseinandersetzen muss.

Mit der Verwendung von Begrifflichkeiten aus dem nationalsozialistischen Regime oder der Gleichsetzung versuchen Politiker in unseren Breiten nichts anderes, als den politischen Mitbewerber und den Gegner in seiner Meinung zu neutralisieren, ihn zum Schweigen zu bringen und zu dämonisieren. Und das ist seit zwanzig oder dreißig Jahren ein sehr bequemes Mittel geworden. Das Problem ist, dass die Begrifflichkeiten aus der NS-Zeit und die Herleitung in die Gegenwart so inflationär gebraucht werden. Wenn es tatsächlich echte Nationalsozialisten gäbe, besteht die Gefahr, dass man sie gar nicht mehr erkennen würde, weil der Begriff schon so inflationär gebraucht wurde.

Hans-Georg Maaßen, Chef der WerteUnion und ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsschutzes hat einmal gemeint, vergleichen dürften wir schon, aber nicht gleichsetzen …

Stimmt, das ist durchaus legitim. Nur, ich glaube, dass wir in unserer demokratischen Grundverfasstheit im Gegensatz zu einigen Warnern und Mahnern im 21. Jahrhundert so gefestigt sind, dass so eine Zeit niemals mehr möglich wäre. Das heißt, in unseren westlichen Breiten, in unseren europäischen Demokratien, in unserer globalisierten Vernetzung wäre eine solche Tendenz nicht möglich.

Die demokratischen Instanzen sind aus meiner Sicht zu stark, wenn man sie nicht missbraucht. Die Grundbasis der Bevölkerung und die Grundeinstellung der Bevölkerung steht solchen Tendenzen in Mehrheit zutiefst ablehnend gegenüber. Das heißt, ich halte es daher nicht für notwendig, ständig Vergleiche zu ziehen.

 

Danke für das Gespräch!

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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