Laborthese „zu umständlich“: Charité-Virologe Drosten glaubt nicht an Virus aus Labor

Können gefährliche Coronaviren aus Hochsicherheitslabors entkommen? Diese Frage beschäftigt gerade die Öffentlichkeit. Die Experten sind geteilter Meinung. Unumstritten ist, dass es schon öfter zu Laborunfällen in den letzten 40 Jahren gekommen ist.
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Ein Techniker demonstriert, wie eine Nukleinsäureprobe zur Analyse auf eine Scheibe in einem Labor von CapitalBio Technology gespritzt wird.Foto: GREG BAKER/AFP via Getty Images
Von 22. Juni 2021

Die umstrittene „Gain-of-Function“-Forschung bewegt sich gefährlich nahe zu Biowaffen – entweder, um sich dagegen zu wehren oder sie einzusetzen. Die Forschung zielt darauf ab, potenziell gefährliche Viren wie Influenza, MERS-CoV oder Affenpocken noch ansteckender oder tödlicher zu machen, daher ist das ein heikles Thema.

Der US-Virologe Dr. Anthony Fauci ist durch eine Serie von E-Mails, die aufgrund des „Freedom of Information Act“ freigegeben wurden, bereits deswegen in Kritik geraten. Doch wie sieht es in Deutschland aus?

Das Wuhan Institut für Virologie ist das einzige Hochsicherheitslabor in China mit der Biosicherheit der Ebene 4. Die Forschung zum SARS-CoV-2 soll dort jedoch teilweise auf der Ebene 2 durchgeführt werden. Schon 2018 hat das US-Außenministerium eine Delegation nach Wuhan geschickt, um die Sicherheitsmängel zu untersuchen.

In Deutschland hingegen gibt es gleich vier Hochsicherheitslabors der Stufe 4: das Robert Koch-Institut in Berlin, das Institut für Virologie an der Philipps-Universität in Marburg, das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg und das Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger (INNT) des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Insel Riems nahe Rügen.

Das Hochsicherheitslabor des Robert Koch-Instituts wurde 2015 von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeweiht und hat etwa 170 Millionen Euro gekostet, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Das Labor liegt auf dem Virchos-Campus der Charité, wo auch Professor Dr. Christian Drosten tätig ist. Drosten, der mittlerweile eine große Bekanntheit in der Öffentlichkeit genießt, hat 2015 selbst Experimente mit Coronaviren gemacht.

„Die Gruppe von Professor Drosten hat bei Dromedaren ein neues Coronavirus entdeckt, aus dem vermutlich durch genetische Veränderungen das schon lange bekannte und weit verbreitete Coronavirus 229E des Menschen hervorgegangen sein könnte.“

Forscher Andreas Kurth wollte nicht ausschließen, dass auch in Berlin „Gain-of-Function“-Experimente betrieben wurden. 2015 standen sie aber nicht auf der Agenda, so Kurth zur „Süddeutschen Zeitung“. 

Nutzen überwiegt das Risiko

Drosten selber experimentierte an der Charité an Coronaviren aus Dromedaren und Kamelen. Dabei werden etwa Genabschnitte aus einem Coronavirus-Typ entnommen und in ein menschliches MERS-Coronavirus eingesetzt. „Wir sehen dann, was das mit den Viren macht“, so Drosten zum „Tagesspiegel“, ob sie etwa menschliches Lungengewebe besser oder schlechter infizieren.

„Gain-of-Function“-Forschung sei das aber laut Drosten nicht, da es „kein gezieltes Hinarbeiten auf höhere Übertragbarkeit“ darstelle.

Der kürzlich verstorbene Professor Hans-Dieter Klenk der Philipps-Universität Marburg nannte die Erforschung von hochansteckenden Virus-Mutationen in diesem Zusammenhang jedoch „dringliche Aufgabe der Wissenschaft“.

„Wir wissen nicht, welche und wie viele Mutationen aus dem MERS-Virus einen leicht übertragbaren Erreger machen“. Dazu sei auch „Gain-of-Function“-Forschung nötig, die natürlich unter stringenten Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden müssten, so Klenk.

In einem Artikel für die „American Society for Microbiology“ vom Oktober 2012 beschrieb Dr. Anthony Fauci das Szenario, dass „ein wichtiges Gain-of-Function-Experiment an einem Virus mit ernsthafter Pandemiegefahr in einem gut gesicherten Labor von Weltrang durchgeführt wird“. 

„Was wäre, wenn sich dieser Wissenschaftler in einem unwahrscheinlichen, aber denkbaren Fall mit dem Virus infiziert, was zu einem Ausbruch führt und schließlich eine Pandemie auslöst?“, so Fauci vor neun Jahren.

„Viele stellen berechtigte Fragen“, so Fauci weiter, „hätte man angesichts der Möglichkeit eines solchen Szenarios – wie fernliegend es auch sein mag – die ursprünglichen Experimente überhaupt durchführen und/oder veröffentlichen sollen?“

Trotz Bedenken würde allerdings der Nutzen solcher Experimente und die daraus resultierenden Erkenntnisse „die Risiken überwiegen“.

Drosten: Laborthese „zu umständlich“

Christian Drosten, Chefvirologe der Berliner Charité, hält die These, das Virus sei aus einem Labor ausgebrochen, für unwahrscheinlich. „Man kann ein Virus nicht einfach in eine Glasschale legen, und schon macht man damit irgend­welche Experimente“, so Drosten im Interview mit dem Magazin „Republik“ Anfang Juni. So einen DNA-Klon aus einem Virus aufzubauen, würde „zwei bis drei Jahre molekular­biologische Arbeit“ bedeuten, so Drosten. 

„Diese Idee eines Forschungs­unfalls ist für mich ausgesprochen unwahrscheinlich, weil es viel zu umständlich wäre“, sagte Drosten damals. Im Interview relativiert er dann: „Wenn überhaupt, dann käme so etwas wohl nicht aus dem Wuhan-Virologie-Institut. Das ist ein seriöses akademisches Institut“.

Drosten habe selbst in Feldarbeit Sars-ähnliche Corona­viren in Fledermäusen untersucht. Diese Sars-Viren in Fledermaus­beständen gebe es auch in Europa, sagt der Virologe. „Ich kenne die Techniken sehr genau, die man bräuchte, um ein Virus auf diese Art zu verändern. Wenn jemand auf diese Weise Sars-2 entwickelt hätte, dann würde ich sagen, der hat das ziemlich umständlich gemacht.“

Kritik an „Gain-of-Function“-Forschung

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) veröffentlichte 2008 einen Verhaltenskodex, wonach sie der Auffassung ist, dass „es weiterhin notwendig ist, Forschungsarbeiten an hochpathogenen Mikroorganismen und Toxinen durchzuführen“. Der Schutz der Gesellschaft stehe dabei an erster Stelle gegen „natürliche Infektionen mit gefährlichen Erregern und gegen mögliche bioterroristische Attacken“.  

Der Deutsche Ethikrat hat dies 2014 in einer Stellungnahme kritisiert, denn diese Aussage im Kodex würde die „Gain-of-Function“-Forschung sogar fördern: „Gain-of-Function-Experimente an Vogelgrippeviren, die darauf ausgerichtet sind, die Viren so zu verändern, dass diese durch Luft oder von Mensch zu Mensch übertragbar gemacht werden, wären nach diesem Kodex in Deutschland grundsätzlich zu fördern“.

Harvard-Epidemiologe Marc Lipsitch hält es für zu riskant, solche potenziell pandemiefähigen Viren überhaupt entstehen zu lassen, selbst in Hochsicherheitslabors, wie der „Tagesspiegel“ berichtet.

„Die Historie von Laborunfällen und versehentlichen Infektionen in den sichersten und abgeschirmtesten Regierungslabors zeigt, dass solche Unfälle unvermeidlich sind“, sagte Lipsitch.

Dem „Tagesspiegel“ zufolge gab es mehrere Laborunfälle in den letzten 40 Jahren. 1978 sind in Birmingham die Pockenviren ausgebrochen und haben beinahe zu einem größeren Ausbruch geführt. „In Singapur infizierte sich 2003 ein Doktorand mit Sars-1-Viren, weil Proben mit West-Nil-Viren mit den Erregern verunreinigt waren.“

2003 hätte sich auch ein Laborangestellter in Taiwan in einem Biosicherheitslabor der höchsten Stufe mit dem Sars-1-Virus infiziert, weil er seinen Arbeitsplatz nicht vorschriftsmäßig gesäubert hatte. 

Zwischen 2002 und 2008 habe es allein in den USA „mindestens 13 Labor-Infektionen in BSL-3-Einrichtungen“ gegeben, so Lipsitch.



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