Pflege-Fachmedium: Verlängerung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht offenbar vom Tisch

Bundesgesundheitsminister Lauterbach hält sich noch bedeckt. Ein Pflege-Fachportal berichtet jedoch, dass eine Verlängerung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gegen COVID-19 am Widerstand aus den Ländern gescheitert ist. Bußgelder werden jedoch nicht erstattet.
Die Debatte um die Corona-Impfpflicht geht weiter.
Die Debatte um die Corona-Impfpflicht scheint sich ihrem Ende zu nähern.Foto: iStock
Von 10. September 2022

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht in der Gesundheitsbranche, die in ganz Deutschland noch bis 31. Dezember 2022 gelten soll, wird offenbar nicht verlängert. Der Bund hat beschlossen, die umstrittene Teil-Impfpflicht auslaufen zu lassen, berichtet das Fachmedium „pflegen-online“ unter Berufung auf eine „zuverlässige Quelle“.

Widerstand aus Ländern und Kommunen zu groß

Eine Bestätigung aus dem Bundesgesundheitsministerium gibt es noch nicht. Auf Anfrage des Portals habe das Ministerium das Ende der Maßnahme „nicht dementiert, aber auch noch nicht bestätigt“. Minister Karl Lauterbachs Pressestelle verwies auf die Geltungsdauer der Norm und betonte, dass das weitere Vorgehen in dieser Sache „politisch noch erörtert“ werde und man diesem Prozess nicht vorgreifen wolle.

Zuletzt sei jedoch der Druck aus den Ländern und mehreren Parteien so groß geworden, dass eine Initiative des Bundes, die einrichtungsbezogene Impfpflicht zu verlängern, keine realistische Aussicht auf Erfolg hätte. Diese Einsicht soll zunehmend auch im Bund selbst Platz gegriffen haben.

Landespolitiker, Landräte, Praktiker und sogar Gesundheitsämter hatten die Teil-Impfpflicht von Beginn an kritisch betrachtet. Einige scheuten den bürokratischen Aufwand, um die Maßnahme durchzusetzen. Andere wollten keine Konflikte in den Belegschaften schüren. Wieder andere befürchteten, dass ein Zwangs-Aus für Ungeimpfte den ohnehin schon ausgeprägten Fachkräftemangel ohne Not zusätzlich verschärfen würde.

Radolfzell: Impfpflicht nicht durchgesetzt – um Pflege zu sichern

Die Umsetzung des Gesetzes wird bis heute höchst unterschiedlich gehandhabt – und teilweise wird es sogar ignoriert. Dies berichtete bereits im August „ZDF heute“. Je nach Bundesland gibt es Bußgelddrohungen bis zu 2.500 Euro oder es ist gar keines für Verstöße vorgesehen.

Bis Mitte Juli sollen bundesweit mehr als 1.600 Bußgeldverfahren wegen Nichtbeachtung eines Betretungsverbots oder ähnlicher Vorwürfe eingeleitet worden sein. Allein Hamburg soll etwa 160 solcher Maßnahmen gegen ungeimpfte Pflegekräfte und Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen ausgesprochen haben und weitere knapp 1.000 Fälle noch prüfen.

In Hessen gab es demgegenüber bisher weder Bußgelder noch Beschäftigungsverbote. Wie „ZDF heute“ berichtet, hätten zwar auch die Gesundheitsämter in Baden-Württemberg bis Mitte Juli 450 Bußgeldverfahren eingeleitet – doch auch sie machten in manchen Fällen Ausnahmen.

Der Landkreis Konstanz habe etwa alle Verfahren gegen Pflegekräfte des Pflegeheims „Waldblick“ in Radolfzell, die zu 80 Prozent ungeimpft waren, eingestellt – „aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“, wie es hieß. Wäre die einrichtungsbezogene Impfpflicht dort durchgesetzt worden, wäre eine Schließung des Heims zu befürchten gewesen.

Auch in Bayern würden derzeit „prinzipiell“ keine Bußgelder, Betretungsverbote oder Tätigkeitsverbote verhängt, da die Lage in den Krankenanstalten des Freistaats „sehr angespannt, punktuell sogar kritisch“ sei.

Ramelow: „Unfrieden per Amt in die Einrichtungen tragen“

Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote erachtet gegenüber „pflegen-online“ eine Verlängerung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht über den 31. Dezember 2022 ihrerseits vor dem Hintergrund als nicht erforderlich. Zudem seien „rund 95 Prozent der Berliner Mitarbeitenden von Einrichtungen, die unter die Impfpflicht fallen, geimpft“.

Auch Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmacher spricht sich gegen eine Fortführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aus. Sie sei „nicht sinnvoll, da diese nicht in eine allgemeine Impfpflicht eingebettet ist, und sie auch in der Praxis schwer umzusetzen ist“.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow verlangte Mitte August in der „Thüringer Allgemeinen“, die Impfpflicht im Gesundheitswesen „endlich“ aufzuheben. „Das einzige Ergebnis ist, dass wir den Unfrieden per Amt in die Einrichtungen tragen. Das finde ich unerträglich.“

NRW-Minister Laumann: „Impfung schließt Ansteckungen nicht aus“

Ein klares „Nein“ zur Impfpflichtverlängerung gibt es auch aus Sachsen, wo man ebenfalls Sorge um die Versorgungssicherheit hat, und aus Bayern. Dort fordert Gesundheitsminister Klaus Holetschek sogar die vorzeitige Aussetzung der noch bis 31. Dezember geltenden Regelung.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärt gegenüber dem WDR: „Wir wissen heute: Die Impfung schließt Ansteckungen nicht aus. Daher bin ich schon der Meinung, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht in der jetzigen Situation nicht mehr das Nonplusultra ist.“

Ungeimpfte, die mit Betretungsverboten belegt wurden, dürfen mit Wegfall der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, macht Arbeitsrechtsexpertin Rabia Zayani gegenüber „pflegen-online“ deutlich. Es sei zwar möglich, dass Arbeitgeber auf dem Wege des Hausrechts abweichende Regelungen zur Betretung ihrer Einrichtung durch Ungeimpfte träfen, allerdings sei dies „nur unter sehr strengen Vorgaben“ zulässig.

Allerdings können von Bußgeldbescheiden Betroffene im Regelfall nicht von einer Rückzahlung verhängter Bußgelder ausgehen. In diesen Fällen kommt es auch bei Wegfall der Rechtsgrundlage darauf an, ob die zweiwöchige Einspruchsfrist ab Zustellung eingehalten worden sei.



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