Wenn Rohstoffimporte stoppen: Deutschlands gefährliche Abhängigkeit von Russland

Chaos am Nickelmarkt, kein Palladium mehr und Schwierigkeiten bei Aluminium: Deutschlands Versorgung mit Rohstoffen.
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In vielen Deos werden Aluminiumsalze verwendet.Foto: Jörg Carstensen/dpa/dpa
Von 21. März 2022

Energiewende, Ukrainekrise, Ressourcenkrise, Lieferkettenkrise. Nach-Corona-Krise. Finanzkrise. Die Probleme summieren sich. Neu im Blick behalten sollte man die Rohstoffpreise, die zu veritablen Wirtschaftsproblemen führen können.

Während die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Erdgas, Erdöl, Kohle für die Stromerzeugung bekannt ist, steht die Tatsache, dass die deutsche Wirtschaft auch andere wichtige Rohstoffe aus Russland importiert, weniger im Rampenlicht.

Die politische Entwicklung könnte dazu führen, dass die wichtigsten vier deutschen Industrien ins Stottern geraten. Maschinenbau, Automobilindustrie, chemische Industrie und die Elektronik sehen ohne importierte Rohstoffe mau aus.

Russische Industriemetalle wichtig für Deutschland

Nicht näher betrachtet werden soll hier Erdgas als Lieferant für industrielle Prozesse. Auch in der chemischen Industrie hat so ziemlich alles mit Erdgas zu tun, was wir im Alltag nutzen, ganz abgesehen von Düngemitteln für die Landwirtschaft.

Russland ist für Deutschland ein wichtiger Lieferant für Industrie-, Eisen- und Leichtmetalle sowie von Metallen der Platingruppe, so die Deutsche Rohstoffagentur. Palladium machte bei den Importen im Jahr 2020 wertmäßig den größten Anteil aus (600 Mio. Euro). Es folgen Kathodenkupfer (595 Mio. Euro) und Eisenerz, Raffinadennickel, Aluminium- und Titanprodukte im Wert von zusammen knapp 900 Mio. Euro.

Bei Raffinadennickel (44 Prozent) und Titanstangen (41 Prozent) ist Russland der mit Abstand wichtigste Lieferant für Deutschland, gefolgt von Rohaluminium und Kathodenkupfer (20 Prozent).

Chaos am Nickelmarkt

Wenn Metalle nicht mehr verfügbar sind, gerät die Produktion aus dem Takt – vom Auto über Windräder bis zum Fenster- und Wohnungsbau. Sanktionen der Ukrainekrise sind für Metalle nicht minder komplex wie die für Erdgas und Erdöl.

Ein Blick auf die oben genannten Rohstoffe: Palladium wird vorrangig in Katalysatoren von Benzin-Kfz eingesetzt, darüber hinaus in der Elektronik, der Chemie und der Medizintechnik. Palladium wird gewöhnlich als Luftfracht in Passagiermaschinen befördert – die EU hat ihren Luftraum für russische Fluggesellschaften weitgehend gesperrt. Das könnte die Preise weiter nach oben treiben.

Ohne Nickel platzt die Energie- und Mobilitätswende. Es wird für die Produktion von nichtrostenden Stählen eingesetzt. Auch die chemische Industrie ist auf Nickel angewiesen. Das Metall ist zudem fast überall in Batterien enthalten, auch in Stromnetzspeichern. Innerhalb weniger Tage stieg der Preis von durchschnittlich 25.000 Dollar pro Tonne auf über 100.000 Dollar/t am 8. März. Die Londoner Metallbörse LME setzte den Handel zeitweise aus. Mittlerweile liegt der Nickelpreis bei rund 50.000 Dollar/t.

Der Grund: Russland ist global mit etwa neun Prozent das drittgrößte Nickel-Bergbauförderland der Welt (Rohstoffkonzern Norilsk Nickel). Die weltweiten Nickelvorräte sind auf rund 81.000 Tonnen (und damit ausgesprochen wenig) gesunken, viele Lagerbestände sind aufgekauft. An den Märkten wird mehr Nickel gehandelt als real vorrätig ist.

Aluminium und Neon

Der Aluminiummarkt war schon vor der Ukrainekrise aufgrund der hohen Energiekosten in Europa sehr angespannt, einige europäische Schmelzen drosselten ihre Produktion. Russisches Aluminium gilt auf dem Weltmarkt als preiswert, weil Russland aufgrund seiner niedrigeren Gas- und Strompreise günstiger produzieren kann. Dieser Anteil droht auszufallen.

Aus der Ukraine stammen rund 70 Prozent des weltweiten Neons, das Gas füllt nicht nur Lampen, sondern auch Laser. Mit dabei sind genau die Laser, mit deren Hilfe Halbleiter hergestellt werden. Damit bekommt die Chip- und Halbleiterindustrie, die ohnehin schon lahmt, auf Dauer ein neues Problem.

Produktion wird unrentabel

Wo es irgendwie möglich ist, versuchen Unternehmen, sich noch Metalle zu sichern – was die Preise in die Höhe treibt. Länder mit eigenen Bodenschätzen können gelassener auf diesen Teil der Krise blicken, beispielsweise die USA. Deutschland, was sehr viele Rohstoffe importiert, ist dem jedoch ausgeliefert. Mit steigenden Rohstoffkosten wird die Produktion unrentabel.

Der Artikel erschien zuerst in der Wochenzeitung, Ausgabe 36 am 19. März 2022.



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