In Kürze:
- Entmilitarisierte Sonderwirtschaftszone im Osten der Ukraine geplant
- Beamte der USA und der Ukraine einigen sich auf Wiederaufbauplan
- Selenskyj stimmt dem Wirtschaftsplan der USA „uneingeschränkt“ zu
- Neues 20-Punkte-Rahmendokument bisher nicht an USA übermittelt
Bei den Verhandlungen zu einer Beilegung des Ukraine-Kriegs sprechen sich die USA nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für eine entmilitarisierte Sonderwirtschaftszone im Osten der Ukraine aus.
„Sie stellen sich vor, dass die ukrainischen Streitkräfte das Gebiet der Region Donezk verlassen, und der vorgesehene Kompromiss besteht darin, dass russische Streitkräfte nicht in dieses Gebiet einmarschieren“, sagte Selenskyj am Donnerstag, 11. Dezember, vor Journalisten in Kiew.
Wie Selenskyj weiter sagte, soll die russische Armee nach den Vorstellungen der USA nicht verpflichtet werden, sich aus den Regionen Donezk, Cherson und Saporischschja zurückzuziehen. Den Plänen zufolge sei aber ein russischer Truppenrückzug aus den Regionen Dnipropetrowsk, Charkiw und Sumy vorgesehen, so Selenskyj.
Strittig in den Gesprächen mit den USA seien nach Angaben des ukrainischen Präsidenten insbesondere „das Gebiet der Region Donezk und alles, was damit zusammenhängt“ – sowie der künftige Status des derzeit unter russischer Kontrolle stehenden Atomkraftwerks Saporischschja. Aus Selenskyjs Sicht sollen die Ukrainer per Volksentscheid über jeglichen Kompromiss zum Territorium des Landes entscheiden.
Strategie zum Wiederaufbau
Selenskyj gab am Mittwoch bekannt, dass die Ukraine nach Gesprächen mit einer US-Delegation wichtigen Aspekten einer Strategie zum Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg zugestimmt habe.
Im Mittelpunkt der Gespräche stand ein wirtschaftlicher Rahmen für den Wiederaufbau. Teilnehmer der Gespräche waren Jared Kushner, Berater und Schwiegersohn von Präsident Donald Trump, US-Finanzminister Scott Bessent und BlackRock-Chef Larry Fink.
Ökonomische Fragen sind inzwischen zu einem zentralen Bestandteil der Friedensgespräche geworden und betreffen sowohl die künftige Verteidigung der Ukraine als auch die Kontrolle über ihr Staatsgebiet.
„Echte Sicherheit“ an erster Stelle
„Die Grundsätze des Wirtschaftsdokuments sind vollkommen eindeutig, und wir unterstützen die amerikanische Seite uneingeschränkt“, erklärte Selenskyj.
„Ein zentraler gemeinsamer Leitgedanke lautet, dass für einen qualitativ hochwertigen Wiederaufbau und ein spürbares Wirtschaftswachstum nach diesem Krieg echte Sicherheit an erster Stelle stehen muss. Wenn Sicherheit gewährleistet ist, kann alles Weitere folgen,“ so der Präsident.
Selenskyj betonte, dass zwei wichtige Abkommen sowohl Verteidigungs- als auch Wirtschaftsfragen betreffen.
Neues 20-Punkte-Rahmendokument
Das nun vorliegende 20-Punkte-Rahmendokument ist eine überarbeitete Fassung von Trumps ursprünglichem 28-Punkte-Plan und wurde bisher nicht an die USA übermittelt.
Das ursprüngliche Dokument sah territoriale Zugeständnisse wie die Abtretung der Krim, Luhansk und Donezk an Russland, das Einfrieren der Frontlinien in Cherson und Saporischschja sowie verfassungsrechtliche Hürden für einen NATO-Beitritt der Ukraine vor. Darin enthalten war zudem eine Regelung, die den ukrainischen NATO-Beitritt untersagt, eine Reduzierung der ukrainischen Streitkräfte auf 600.000 Soldaten, ein möglicher EU-Beitritt der Ukraine bei Erfüllung der Voraussetzungen sowie Russlands Rückkehr zur G8.
Kushner spielte bei der Ausarbeitung eines Abkommens zwischen der Ukraine und Russland eine Schlüsselrolle. Anfang des Monats nahm er gemeinsam mit Trumps Sondergesandten Steve Witkoff an einem „konstruktiven Treffen“ im Kreml mit Präsident Wladimir Putin teil, das jedoch keine Einigung über territoriale Fragen brachte.
Anschließend reisten beide zu Gesprächen mit der ukrainischen Delegation nach Florida, um zu einer Lösung zu gelangen.
Zuvor hatte Kushner geholfen, einen Waffenstillstand im Gazastreifen zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas zu vermitteln und sich für den Wiederaufbau des Gebiets eingesetzt.
Gemeinsame Erschließung neuer Bodenschätze
Ein weiterer Bestandteil der von den USA eingebrachten Wiederaufbaupläne ist eine gemeinsame Investitionsinitiative. Ein geplanter Investitionsfonds, verwaltet von Washington und Kiew, soll die Erschließung neuer Bodenschätze – darunter Seltene Erden, Erdöl, Erdgas und weitere strategisch wichtige Ressourcen – koordinieren. Die Ukraine verpflichtet sich, die Hälfte der künftigen Einnahmen aus diesen Ressourcen für den Wiederaufbau bereitzustellen.
Am Mittwoch führten Kanzler Friedrich Merz (CDU) und die europäischen Verbündeten ein Telefongespräch mit Trump über die amerikanischen Bemühungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges.
Sie bezeichneten die aktuelle Phase als einen „entscheidenden Moment“ auf dem Weg zum Frieden. Die von EU-Staaten angeführte „Koalition der Willigen“, eine Gruppe von Ländern, die die Ukraine unterstützen, kam am Donnerstag per Videokonferenz zusammen.
Vorangegangene Gespräche
Die bisherigen Verhandlungen fanden in Genf, Florida und Moskau statt – ohne direkte Treffen zwischen russischen und ukrainischen Vertretern –, was die zentrale Rolle der US-Vermittlung unterstreicht.
Selenskyj sagte am Dienstag, er plane den überarbeiteten US-Plan für ein Ende des russischen Angriffskriegs „in naher Zukunft“ nach Washington zu schicken, der Kompromissvorschläge zu territorialen Fragen enthält.
Putin bewertete die Gespräche in Moskau als konstruktiv, verwies jedoch auf erhebliche Herausforderungen zur Erzielung einer Einigung, insbesondere bei Gebieten, auf die Russland Anspruch erhebt.
Die europäischen Staaten zeigen sich weiterhin vorsichtig: Sie fordern einen Frieden ohne ukrainische Kapitulation, während Trump auf eine Stärkung der europäischen Verteidigung und Ressourcenpartnerschaften drängt – statt auf eine Ausweitung der US-Militärhilfe.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)