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Niedersachsen

Salzgitter demnächst erste kreisfreie Stadt Deutschlands mit Arbeitspflicht für Asylbewerber?

Der Stadtrat von Salzgitter will den Weg für eine gemeinnützige Arbeitspflicht für Asylbewerber freimachen. Wird diese eingeführt, wäre Salzgitter die erste kreisfreie Stadt Deutschlands, die eine solche Pflicht umsetzt.

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Das Archivbild zeigt den Förderturm von Schacht Konrad in Salzgitter.

Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

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Lesedauer: 4 Min.


In Kürze:

  • Der Stadtrat von Salzgitter lässt ein Konzept zur Einführung einer Arbeitspflicht für Asylbewerber erarbeiten.
  • Salzgitter wäre die erste kreisfreie Stadt in Deutschland mit einer solchen Pflicht.
  • Das doppelt so große, benachbarte Braunschweig hatte sich am Vortag dagegen entschieden.
  • Vorbild ist der ebenfalls nicht weit entfernte Landkreis Peine.

 
Der Stadtrat der niedersächsischen 107.000-Einwohner-Stadt Salzgitter steht der Einführung einer Pflicht für Asylbewerber, gemeinnützige Arbeiten zu erledigen, offen gegenüber. Vorbild ist der nicht weit entfernt gelegene Landkreis Peine.
Am Mittwoch, 10. Dezember, entschied der Stadtrat mehrheitlich, die Verwaltung mit einer Prüfung zu beauftragen, „ob und wie ein solches Modell unter den gegebenen rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen in Salzgitter realisiert werden“ könne, hieß es in einer Pressemitteilung der Stadt. Bei einem positiven Ergebnis könnte Salzgitter die erste kreisfreie Stadt Deutschlands werden, die eine solche Arbeitsverpflichtung einführt.
Die Verwaltung soll außerdem ein Konzept zur Umsetzung entwickeln und dem Stadtrat zur Entscheidung vorlegen. Zudem soll sich die Verwaltung auf Bundesebene dafür einsetzen, den Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber zu erleichtern.

Zwei Drittel der Anwesenden stimmten dafür

Die Entscheidung war auf Antrag der SPD-Fraktion nach einstündiger kontroverser Diskussion mit 26 von 38 anwesenden Stimmen gefallen (Video ab circa 55:20 Uhr auf „YouTube“).
Die CDU-Fraktion stimmte mit ihrem Oberbürgermeister Frank Klingebiel und einem Ratsherrn der Freien Wähler geschlossen dafür. Innerhalb der antragstellenden SPD-Fraktion gab es vier Abweichler. Die Fraktionen der AfD, der Grünen, der Linken und ein Fraktionsloser stimmten dagegen.
26 Stadtratsmitglieder von Salzgitter stimmten am 10. Dezember 2025 für eine Prüfung zur Einführung einer Arbeitspflicht für Asylbewerber. Foto: Bildschirmfoto/YouTube/Salzgitter

26 Stadtratsmitglieder von Salzgitter stimmten am 10. Dezember 2025 für eine Prüfung zur Einführung einer Arbeitspflicht für Asylbewerber.

Foto: Bildschirmfoto/YouTube/Stadt Salzgitter

Landkreis Peine als erste norddeutsche Kommune

Im Oktober hatte der Kreistag des 30 Kilometer entfernten Peine als erste norddeutsche Kommune eine Arbeitspflicht für Asylbewerber beschlossen. Sie müssen seitdem gemeinnützige Tätigkeiten ausüben – etwa in Tierheimen oder Tafeln.
Die Entlohnung liegt im Einklang mit Paragraf 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes bei 80 Cent pro Stunde. Bei Weigerung droht eine Leistungskürzung. Zuständig für die praktische Umsetzung ist in der Regel ein Landkreis, im Fall einer kreisfreien Stadt die Stadtverwaltung.

Salzgitter als „Vorbild für ganz Deutschland“?

Zu Beginn der Plenardebatte begründete der Salzgitterer SPD-Ratsherr Tobias Bey den Antrag seiner Fraktion mit der Absicht, sowohl die Integration als auch den Spracherwerb fördern zu wollen. Ein Missbrauch der Arbeitspflicht müsse aber auch seitens der Verwaltung unbedingt verhindert werden.
Ein Ratsherr der Fraktion Grüne/Die Partei hatte nach Informationen der „WELT“ das aus seiner Sicht zu erwartende negative Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und Nutzen kritisiert.
Thomas Huppertz von der CDU-Stadtratsfraktion habe dagegen seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die Großstadt Salzgitter zu einem möglichen „Vorbild für ganz Deutschland“ werden könne.
CDU-Oberbürgermeister Klingebiel hat sich dagegen verwehrt, die Arbeitspflicht als „Zwangsarbeit“ misszudeuten: Die meisten Betroffenen würden ohnehin gern arbeiten und ein entsprechendes Ehrenamt könne sinnstiftend wirken.
Das Landesinnenministerium in Hannover habe dies sinngemäß bestätigt: Das freiwillige Angebot zur Aufnahme von Arbeitsgelegenheiten der Landesaufnahmebehörde werde „sehr gut von den Bewohnerinnen und Bewohnern angenommen“, zitierte die „WELT“ das Ministerium. Das verfügbare Angebot genüge oft nicht der Nachfrage.

Braunschweig ablehnend, Helmstedt zögerlich

In der nahen 200.000-Einwohner-Stadt Braunschweig war ein ähnlicher Vorstoß der CDU-Stadtratsfraktion am Vortag klar gescheitert. Der Kreistag Helmstedt verwies am Mittwoch einen Antrag auf Arbeitspflicht einstimmig an seinen Sozialausschuss.
Laut der „WELT“ existieren Arbeitspflichten bereits in den an Niedersachsen angrenzenden Ländern Sachsen-Anhalt und Thüringen, beispielsweise im Landkreis Harz und im Burgenlandkreis, in Greiz, im Saale-Orla-Kreis und im Saale-Holzland-Kreis (PDF). Die Erfahrungen damit variierten: Bei einigen Asylbewerbern habe die Pflicht zu einem regulären Arbeitsverhältnis geführt, in anderen Fällen hätten sich die Betroffenen geweigert, überhaupt einer Tätigkeit nachzugehen.
Patrick Reitler, geboren in den späten Sechzigerjahren am Rande der Republik. Studium der Komparatistik, Informationswissenschaft und Sozialpsychologie. Seit der Jahrtausendwende als Journalist hauptsächlich in Online-Redaktionen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und als Fußballkommentator unterwegs. Seit Ende 2022 freier Autor. Bei Epoch Times vorwiegend für deutsche Politik zuständig.

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