Tesla in Grünheide: Betriebsrat und Gewerkschaft im Kleinkrieg

In der sogenannten Gigafabrik von Tesla in Grünheide tobt ein Kleinkrieg zwischen dem Betriebsrat und der IG Metall. Dazu scheinen chaotische Zustände im ersten Tesla-Werk Europas zu herrschen.
Der US-Elektroautobauer Tesla beschäftigt in seiner Fabrik in Grünheide bei Berlin mehr als 10.000 Mitarbeiter.
Der US-Elektroautobauer Tesla beschäftigt in seiner Fabrik in Grünheide bei Berlin mehr als 10.000 Mitarbeiter.Foto: Patrick Pleul/dpa
Von 21. April 2023

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In der sogenannten Gigafabrik des Autobauers Tesla im brandenburgischen Grünheide tobt seit Monaten ein Kleinkrieg zwischen Arbeitnehmervertretern. Betriebsrat und IG Metall werfen einander ineffektive Arbeit und wechselseitige Sabotage vor. Infolgedessen dringen immer häufiger Interna nach außen, die das Image des Produktionsstandorts trüben.

Erstmals hatten die Angestellten von Tesla in Grünheide im Februar 2022 einen Betriebsrat gewählt. Nach Auffassung der IG Metall war dieser Zeitpunkt viel zu früh angesetzt, um eine angemessene Vertretung der Belegschaft zu gewährleisten. Damals waren etwa 2.000 Personen bei dem Autobauer beschäftigt, mittlerweile ist die Zahl der Mitarbeiter auf mehr als 10.000 angewachsen. Spätestens 2024 steht daher die Wahl einer neuen und größeren Arbeitnehmervertretung an.

Löhne bei Tesla in Grünheide immer noch deutlich unter jenen der Konkurrenz

Die Gewerkschaft hatte außerdem kritisiert, dass Produktionsmitarbeiter bei Tesla im Betriebsrat von Beginn an unterrepräsentiert gewesen seien. Demgegenüber bestehe dieser überwiegend aus Angestellten des mittleren Managements. Bei diesen sei jedoch eine Nähe zur Geschäftsleitung zu erkennen.

Nun hat der „Business Insider“ (BI) über weitere Vorwürfe gegen den Betriebsrat berichtet. Quelle seien „Insider“ aus dem Werk selbst, über deren etwaige Nähe zur IG Metall äußert das Portal sich nicht. Der Bericht suggeriert jedoch, dass die bestehende Belegschaftsvertretung die Beschäftigten nicht ausreichend effektiv vertrete. Zudem habe sie gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen.

Dem Bericht zufolge bezahle Tesla derzeit die niedrigsten Löhne aller in Deutschland angesiedelten Autohersteller. Der Betriebsrat hingegen habe als Ziel verkündet, die Mitarbeiter auch ohne Tarifvertrag zu den bestbezahlten des Landes zu machen.

Hohe Fluktuation und Mängel im Arbeitsalltag

Ein Faktor dürfte dabei die Anzahl an Personen sein, die für ihre Tätigkeit in der Fabrik erst angelernt werden müssten. Es finden sich dem Bericht zufolge häufig Branchenfremde in der Autoteilmontage. Unter ihnen befänden sich viele zuvor Arbeitslose oder frühere Fahrer von Diensten wie Uber, Gorillas oder Lieferando. Die Fluktuation sei hoch, viele Mitarbeiter würden die Probezeit nicht überstehen.

Der Betriebsrat komme zudem bislang seiner Verpflichtung nicht nach, mindestens vier Vollversammlungen abzuhalten. Dabei soll die Geschäftsführung auf die Belegschaftsvertreter eingewirkt haben, 2022 lediglich zwei Versammlungen abzuhalten. Am Ende sei es gar nur eine einzige gewesen. Auch in diesem Jahr habe die erste Vollversammlung erst am vergangenen Dienstag, 18. April, stattgefunden.

Die Ineffizienz der Arbeit des Betriebsrats mache sich, so die Darstellung, auch im Arbeitsalltag der Beschäftigten bemerkbar. So gebe es zu wenige und häufig nicht funktionstüchtige Toiletten in der Gigafabrik. Zudem gebe es zu wenig Essensausgaben für die Anzahl an Mitarbeitern und die Betriebshallen seien unzureichend gedämmt. Dies habe zu große Hitze im Sommer und zu große Kälte im Winter zur Folge.

Betriebsrat: „IG Metall berät Mitarbeiter falsch“

Der Betriebsrat äußerte sich auf Anfrage des BI nicht zu den jüngsten Vorwürfen. Bereits im Januar hatte er jedoch seinerseits schwer wiegende Anschuldigungen gegen die IG Metall erhoben. Einem Bericht des RBB zufolge war die Rede von einem Aushorchen von Mitarbeitern und Anstiftungen zu Verstößen gegen das Arbeitsrecht.

So solle die Gewerkschaft Druck auf den Betriebsrat ausgeübt haben, um eine Kündigung zu verhindern, für die es jedoch gewichtige Gründe gegeben hätte. Zudem habe die IG Metall Angestellte in Schulungen falsch informiert über Schichtmodelle und Arbeitszeiten. In einigen Fällen habe man Mitarbeiter ins offene Messer laufen lassen, indem man sie zu Aktionen angestiftet habe, die einen Kündigungsgrund darstellten.

Die Gewerkschaft wies damals Vorwürfe zurück, die Arbeit des Betriebsrats zu sabotieren. Als IG Metall arbeite man „mit Betriebsräten eng zusammen“. Allerdings sei jener bei Tesla in Grünheide „beim schnellen Aufbau des Standortes und der Beschäftigtenzahl stark gefordert“.

Veränderte Preispolitik bei Tesla drückt auf Quartalsgewinn

Unterdessen hat Tesla am Mittwoch für das erste Quartal ein Umsatzplus von 24 Prozent auf 23,3 Milliarden US-Dollar verkündet. Gleichzeitig sei der Gewinn jedoch im Jahresvergleich um 24 Prozent gesunken – auf 2,5 Milliarden US-Dollar.

In den ersten drei Monaten des Jahres habe der Autobauer 422.875 E-Autos ausgeliefert, was einen neuen Rekordwert darstellt. Allerdings macht sich Analysten zufolge die veränderte Preispolitik bei Tesla bemerkbar. CEO Elon Musk hatte im Vorjahr angekündigt, durch hohe Rabatte die Modelle auch für breitere Bevölkerungsschichten erschwinglich zu machen.

Die operative Gewinnmarge von Tesla sank gegenüber dem ersten Quartal 2022 von 19,2 auf 11,4 Prozent. Im Branchenvergleich ist das jedoch immer noch konkurrenzlos. Zum Vergleich: Die Margen von Ford und General Motors lagen zuletzt bei fünf und sieben Prozent. Tesla strebt weiterhin jährliche Wachstumsraten von 50 Prozent bei der Produktion an. In diesem Jahr will der Autobauer rund 1,8 Millionen Elektrofahrzeuge ausliefern.

(Mit Material von dpa)



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