NRW-Verfassungsschutzchef: Amri wurde von Sicherheitsbehörden falsch bewertet

"Es war eine falsche Bewertung der Person Anis Amir", gab Nordrhein-Westfalens Verfassungsschutzchef Burkhard Freier heute zu. Die NRW-Sicherheitsbehörden sollen den Berlin-Attentäter Anis Amri falsch bewertet haben.
Titelbild
Fahndungsfotos des Tunesiers Anis Amri auf einer Polizeiwache. Die Polizei in NRW soll schon im März 2016 das Innenministerium vor Amri gewarnt haben.Foto: Arne Dedert/Archiv/dpa
Epoch Times29. März 2017

Nordrhein-Westfalens Verfassungsschutzchef Burkhard Freier hat Fehleinschätzungen der Sicherheitsbehörden im Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri eingeräumt. „Es war eine falsche Bewertung der Person Anis Amri“, sagte Freier am Mittwoch vor dem Amri-Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags.

Das Gremium wollte nach der Zeugenvernehmung von Freier den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) befragen.

Amri – „keine V-Person des Verfassungsschutzes“

Freier verwies angesichts offenkundiger Behördenversäumnisse im Fall Amri auf die zuletzt deutlich gestiegene Zahl von islamistischen Gefährdern in Deutschland, die neue Formen der Zusammenarbeit unter anderem im Bereich des Verfassungsschutzes der Länder und des Bundes erforderlich mache. Zugleich stellte der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes erneut klar, dass Amri kein V-Mann des Inlandsgeheimdienstes gewesen sei. „Er war keine V-Person des Verfassungsschutzes.“

Zuvor war der Abteilungsleiter für Ausländerangelegenheiten im NRW-Innenministerium, Burkhard Schnieder, vor dem Düsseldorfer Untersuchungausschuss dem Eindruck entgegegetreten, das NRW-Innenministerium habe eine konkrete Warnung des Düsseldorfer Landeskriminalamts (LKA) vor Amri in den Wind geschlagen. Eine entsprechende E-Mail des LKA an das Landesinnenministerium von Anfang 2016 sei „nur ein Baustein des Gesamtbilds“ im Fall Amri gewesen, sagte Schnieder.

Letztlich seien die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern zu der Überzeugung gelangt, dass von Amri keine konkrete Anschlagsgefahr ausgehe. Das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern (GTAZ) in Berlin hatte sich mehrfach mit Amri befasst.

Der Düsseldorfer Untersuchungsausschuss will klären, ob den Behörden Versäumnisse im Umgang mit dem späteren Weihnachtsmarktattentäter anzulasten sind. Der Tunesier Amri hatte am 19. Dezember den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche verübt, bei dem zwölf Menschen starben und mehr als 60 weitere verletzt wurden.

Schon im Februar 2016 als islamistischer Gefährder eingestuft

Behörden in Nordrhein-Westfalen hatten Amri bereits im Februar 2016 als islamistischen Gefährder eingestuft. Dennoch konnte Amri vor dem Lastwagenattentat vom Berliner Breitscheidplatz untertauchen.

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) berichte derweil, dass nach Auffassung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) die Behörden bei der Überwachung Amris Fehleinschätzungen unterlegen gewesen seien. Dies gehe aus einem vertraulichen Bericht des PKG hervor. Die Sicherheitsbehörden hätten die Gefahr, die von Amri ausging, nicht immer richtig bewertet.

Auch seien die Geheimdienste in die Ermittlungen gegen Amri nicht ausreichend eingeweiht gewesen, berichtete der RBB weiter aus dem PKG-Bericht. Darin werde zudem kritisiert, wie islamistische Gefährder im GTAZ eingestuft werden. Außerdem werde gefordert, dass Justiz- und Ausländerbehörden stärker eingebunden werden müssten, um Gefährder konsequent abschieben zu können.

Die Grünen: Koalition behindert Aufklärung des Berlin-Attentats

Die Grünen warfen der großen Koalition vor, im Innenausschuss des Bundestags die Aufklärung des Weihnachtsmarktattentats zu behindern. Eine von den Grünen beantragte Debatte zu dem Attentäter sei mit Mehrheit von Union und SPD abgesetzt worden, sagte die Innenexpertin der Fraktion, Irene Mihalic, der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.

Nach Angaben der Grünen verwiesen die Koalitionsvertreter bei der Sitzung des Innenausschusses am Mittwoch auf das geheim tagende PKG. „Es ist ein skandalöser Vorgang, dass die Koalition mit ihrer Mehrheit die notwendige Diskussion um neue Erkenntnisse zum Fall Amri im Innenausschuss von der Tagesordnung fegt und die Sache im geheimen Parlamentarischen Kontrollgremium versenkt“, sagte Mihalic. (afp)

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