Hauptangeklagter lässt Verteidiger im Lübcke-Prozess fallen
Im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) ist einer der beiden Verteidiger des Hauptangeklagten Stephan E. entpflichtet worden.

Gerichtssaal.
Foto: Thomas Lohnes/Getty Images Europe/Pool/dpa/dpa
Der Senat stimmte einem Antrag auf Entpflichtung zu, wie der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel am Dienstag, dem siebten Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, sagte. Das Vertrauensverhältnis zwischen E. und seinem Anwalt sei zerstört.
Der Verteidiger habe in der Verhandlung am Montag Anträge gestellt, die den Interessen seines Mandanten widersprächen, sagte Sagebiel zur Begründung. Mit einem dieser Anträge habe der Anwalt andeuten wollen, dass Lübcke und seine Söhne in „krumme Geschäfte verwickelt“ seien. Zudem habe der Anwalt „weitreichende Mutmaßungen“ über eine Beteiligung Dritter an der Tat gestellt, sagte Sagebiel.
Der entpflichtete Verteidiger verließ den Gerichtssaal unmittelbar nach Verkündung des Beschlusses und sagte laut „Bild“: „Ein trauriger Tag für die Justiz und schlechter Tag für Stephan E., weil in beispielloser Art und Weise durch das Gericht in die Rechte eines psychisch labilen Angeklagten eingegriffen wurde: Zweimal in dem Verfahren hat der Richter Sagebiel sehr deutlich gesagt, Stephan E. möchte doch seine Verteidiger rausschmeißen. Zweimal hat er das gemacht, tatsächlich hat es am Ende gefruchtet.“
Er sagte, sein ehemaliger Mandant sei „völlig verunsichert“. Und er habe etwas gemacht, das sehr tragisch sei: „Er hat nämlich den Einzigen aus diesem Verfahren entfernt, der bereit war, gegen den Strom des Gerichts zu schwimmen und unbequeme Fragen zu stellen (…) Das Narrativ vom rechten Einzeltäter, der hinmarschiert ist und Dr. Lübcke auf seiner Terrasse erschossen hat, wird sich nun wohl so bestätigen.“
Am Montag hatte der zweite Anwalt den Antrag auf Entpflichtung gestellt, dem E. auf Nachfrage Sagebiels zustimmte. Der entpflichtete Anwalt, der die Verteidigung vor rund einem Jahr übernommen hatte, soll nun durch einen neuen Pflichtverteidiger ersetzt werden.
Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 tot auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen-Istha gefunden worden. Der Angeklagte soll ihn aus rechtsextremen Motiven getötet haben. Neben E. ist Markus H. als mutmaßlicher Komplize angeklagt. (afp/sua)
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.