Schüler-ID: Digitale Identifikationsnummern sollen Schulabbrüche verhindern

Niedersachsens Schüler sollen nach Plänen des Kultusministeriums bis 2027 digitale Identifikationsnummern erhalten. Damit soll dann der Bildungsweg getrackt und Schulabbrüche verhindert werden. Über eine bundesweite Schüler-ID wird ebenfalls nachgedacht.
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Es gibt immer mehr Schulabbrecher in Niedersachsen.Foto: iStock
Von 16. Mai 2024

Schüler sollen in Niedersachsen künftig mit der Einschulung eine digitale Identifikationsnummer bekommen. Es soll verhindert werden, dass Kinder und Jugendliche die Schule abbrechen, so die Erklärung des Kultusministeriums. Jeder solle die Chance auf einen Abschluss haben, heißt es dazu aus dem niedersächsischen Kultusministerium.

Die grüne Kultusministerin Niedersachsens, Julia Willie Hamburg, will die digitale ID noch in dieser Legislaturperiode umsetzen, also bis 2027.

Welche Daten genau dann unter der ID-Nummer gespeichert werden sollen, ist bislang noch unklar. Es soll aber nicht alles vermerkt werden, was je über einen Schüler geschrieben wurde, ein Sitzenbleiben soll beispielsweise nicht in der ID registriert werden, so eine Sprecherin aus dem Kultusministerium. Auch die technische Umsetzung der Schüler-ID stehe bisher nicht fest, nur so viel, dass es keine Karte geben soll.

800 Schulabbrecher in Niedersachsen mehr als im Vorjahr

Im Kern soll mit der digitalen ID der Bildungsverlauf eines jeden Schülers dargestellt werden können; und zugleich verhindert werden, dass Kinder und Jugendliche dem Schulsystem verloren gehen. Denn gerade während der Corona-Zeit hat es viele Schulabbrüche gegeben.

Auch im vergangenen Schuljahr 2022/2023 haben in Niedersachsen insgesamt 5.859 junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen. Das ist eine Steigerung von circa 15 Prozent bezogen auf die Vorjahreszahl, da gingen 5.086 ohne Abschluss von der Schule ab. Das waren 6,7 Prozent (5.086 von insgesamt 76.241), die die Schule ohne Abschluss verließen. Im Schuljahr 2020/2021 waren es noch 6,0 Prozent gewesen. Kurz: Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Anzahl derjenigen gestiegen, die die Schule ohne Abschluss beendet haben.

Es kann vielfältige Gründe für Abgänge ohne Schulabschluss geben. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung sind Kinder, die in Armut groß geworden sind oder aus Familien mit Migrationsgeschichte kommen, stärker betroffen.

Unter den jungen Leuten ohne Abschluss sind mehr Jungen als Mädchen. In Niedersachsen hatten 2021 mit 19,1 Prozent fast ein Fünftel der 20- bis 30-Jährigen keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Arbeitslosenquote ist laut Bertelsmann Stiftung bei Ungelernten bundesweit fast sechsmal so hoch wie bei Menschen mit Berufsausbildung.

Für Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg ist jeder Schulabbruch einer zu viel. „Wer ohne Abschluss die Schule verlässt, hat eine ganz schlechte Startposition für das weitere Leben. Unser Anspruch ist, dass kein Kind verloren geht.“

Eine Sprecherin des Deutschen Gewerkschaftsbundes sagte dem NDR: „Leider gilt: je schlechter der Schulabschluss, umso schwieriger die Ausbildungsplatzsuche.“ In Niedersachsen blieben 20 Prozent aller Menschen unter 35 Jahren dauerhaft ohne Ausbildung. Dies sei auch angesichts des Fachkräftemangels untragbar und eine Verschwendung von Potenzialen.

Die Einführung einer Schüler-ID ist im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen festgeschrieben. Auf Ebene der Kultusministerkonferenz wird auch über eine bundesweite Identifikationsnummer für Schüler nachgedacht. So können Schüler beispielsweise bei einem Umzug in ein anderes Bundesland nicht einfach vom Radar verschwinden.

Handlungsbedarf im Schulsystem

Handlungsbedarf scheint beim Schulsystem in Deutschland auf vielen unterschiedlichen Ebenen zu bestehen. Das zeigen nicht nur die Ergebnisse der aktuellen PISA-Studie, welche die schlechtesten seit 23 Jahren für Deutschland sind: Nur 30 Prozent der 15-Jährigen verfügen noch über Grundkompetenzen in Mathematik.

Auch die aktuellen Ergebnisse des Deutschen Schulbarometers sind alarmierend: Der Lehrermangel und eine vernachlässigte Schulinfrastruktur sind ganz oben auf der Agenda der befragten Lehrkräfte. Das Verhalten der Schüler, das Thema Inklusion und die Heterogenität der Klassen wird als größte Herausforderungen der Pädagogen genannt. Die zunehmende Wahrnehmung von Gewalt an der eigenen Schule erhöht das Burnout- und Stressrisiko von Lehrern deutlich. Jede zehnte Lehrkraft fühlt sich täglich erschöpft. Als Grund wird in den Befragungsergebnissen Gewalt unter den Schülern an der Schule angegeben sowie eine hohe Anzahl von Schülern mit geringen Sprachkenntnissen in der Klasse. 



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