BBC: Suspendierter Sportmoderator Gary Lineker soll wieder auf Sendung

Der Streit um einen Tweet von Gary Lineker hat die Fußball-Berichterstattung der BBC am Wochenende massiv eingeschränkt. Jetzt möchte der BBC-Generaldirektor den Ex-Stürmer und Experten zurückholen.
Wurde von der BBC vorerst aus dem Programm genommen: Gary Lineker.
Der BBC-Moderator Gary Lineker wurde gebeten, sich von der Moderation an diesem Wochenende zurückzuziehen.Foto: Mike Egerton/PA Wire/dpa
Von 13. März 2023

Die Fußball-Berichterstattung in der BBC ist infolge des Streits um die Suspendierung von Ex-Stürmerstar und TV-Moderator Gary Lineker auch am Sonntag stark eingeschränkt. Ein Spiel der Women’s Super League zwischen dem FC Chelsea und Manchester United wurde ohne eigenen BBC-Kommentar übertragen.

Zahlreiche Kollegen Linekers weigerten sich am Wochenende, ihre BBC-Sendungen zu moderieren. BBC-Generaldirektor Tim Davie äußerte daraufhin, dass er den kürzlich suspendierten Sportmoderator und Ex-Fußballstar Gary Lineker wieder auf Sendung haben will. „Gary ist ein hervorragender TV-Journalist. Erfolg bedeutet für mich, dass Gary wieder auf Sendung geht“, sagte Davie einem Bericht der BBC vom Sonntag zufolge in einem Interview des Senders.

Er entschuldigte sich für die eingeschränkte Fußball-Berichterstattung. „Es war ein schwieriger Tag, und es tut mir leid, dass das Publikum betroffen war und sein Programm nicht erhalten hat. Als echter Sportfan weiß ich, dass das ein herber Schlag ist, und es tut mir leid“, sagte Davie.

Wie der Streit gelöst werden soll, erklärte er allerdings nicht. Alle wollten die Situation in Ruhe lösen, sagte Davie lediglich. In Großbritannien hat die Absetzung des populären Sport-Moderators und ehemaligen Fußball-Nationalspielers Gary Lineker durch die BBC Empörung und eine heftige Debatte ausgelöst.

Lineker verglich geplantes Asylgesetz mit Deutschlands Nazi-Zeit

Die BBC hatte Lineker wegen eines Twitter-Beitrages am Freitag suspendiert. Darin hatte der 62-Jährige das neue Asylgesetz der britischen Regierung mit der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland verglichen. Das geplante Asylgesetz soll irregulär eingereisten Menschen das Recht auf Asyl verwehren.

Linekers Tweet lautete wie folgt: „Es gibt keinen großen Zustrom. Wir nehmen viel weniger Flüchtlinge auf als andere europäische Länder. Das ist einfach eine unermesslich grausame Politik, die sich gegen die Schwächsten richtet, in einer Sprache, die derjenigen Deutschlands in den 30er-Jahren nicht unähnlich ist, und ich bin nicht in Ordnung?“, so der ehemalige Fußballprofi am 7. März.

Durch die solidarische Weigerung der Fußballer Ian Wright und Alan Shearer auf Sendung zu gehen, wurde die wichtigste Fußballsendung, „Match of the Day“, deren Gesicht Lineker seit mehr als 20 Jahren ist, ohne Moderation, Spieler-Interviews oder Expertenstimmen gesendet. Zudem mussten mehrere andere Programme im Radio und Fernsehen gestrichen werden, nachdem sich zahlreiche BBC-Kollegen dem Boykott angeschlossen hatten.

Britische Innenministerin warf Lineker „Holocaust-Verharmlosung“ vor

Für die Suspendierung Linekers sah BBC-Generaldirektor Tim Davie keinen Grund, sich zu entschuldigen. Es gehe darum, die richtige Balance zwischen Pressefreiheit und Neutralität zu finden. Dabei gehe es nicht um politische Richtungen, betonte der für redaktionelle Inhalte zuständige BBC-Chef. Auf die Frage, ob er wegen der öffentlichen Empörung zurücktreten werde, sagte BBC-Generaldirektor Davie in einem Interview seines Senders: „Definitiv nicht“.

Auch die britische Innenministerin Suella Braverman hatte Lineker zuvor aufs Schärfste kritisiert. Sie warf ihm vor, den Holocaust zu verharmlosen. Laut dem „Daily Express“ hatten nach Linekers Tweet außerdem 36 konservative Abgeordnete in einem Brief an BBC-Chef Davie eine Entschuldigung des Moderators gefordert. Doch Lineker wollte sich nicht entschuldigen. Am Freitag suspendierte die BBC dann ihren bestbezahlten Moderator.

Finanzminister Jeremy Hunt sagte daraufhin am Sonntag gegenüber „Sky News“, dass er Linekers Äußerungen „grundlegend“ widerspreche, die Entscheidung über den Umgang damit aber bei der BBC und ihrem Generaldirektor Davie liege. Die BBC sei „eine große nationale Institution“, die „wir alle so schätzen“, weil sie „für ihre Unparteilichkeit respektiert wird“. Das Vertrauen der Menschen in diese Unparteilichkeit müsse wiederhergestellt werden, sagte Hunt.

Der frühere BBC-Generaldirektor Greg Dyke hatte sich über die Entscheidung zur Suspendierung Linekers empört. Damit erwecke die BBC den Eindruck, „sich dem Druck der Regierung zu beugen“ und stelle damit ihre Glaubwürdigkeit infrage.

Auch der britische Premierminister Rishi Sunak meldete sich zu Wort. Er hoffe, dass die „aktuelle Situation zwischen Gary Lineker und der BBC zeitnah gelöst“ werden könne, erklärte Sunak.

Dilemma zwischen Unparteilichkeit und Pressefreiheit

Die BBC steht schon seit Jahren unter dem Druck der Brexit-Anhänger und der konservativen Tory-Partei. Deren Darstellung nach ist die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt durchsetzt mit linken Journalisten. Aktionen wie im Fall Lineker wirken da wie vorauseilender Gehorsam der BBC, um derartige Kritik zu umgehen.

Es ist nur die jüngste in einer langen Reihe von Auseinandersetzungen, bei der Top-Journalisten der BBC den Rücken kehrten. Hinzu kam immer wieder die Drohung der Regierung, die Rundfunkbeiträge abzuschaffen. Ein Einfrieren der Beiträge führte bereits zu schmerzhaften Sparrunden.

Einige Medien sehen in der Kritik der Tories an der BBC den Versuch, die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu brechen. Die frühere BBC-Journalistin Emily Maitlis machte ihrem Frust darüber bei einer Vorlesung im vergangenen Jahr Luft: „Wir beobachten, wie Politiker eine Richtung einschlagen, die zutiefst und eindeutig schädlich ist für unsere grundlegende demokratische Regierung“, so Maitlis. Wenn eine Seite konstant die Unwahrheit sage, müsse man das auch beim Namen nennen, forderte sie.

Umfrage: 53 Prozent gegen Linekers Absetzung, 27 Prozent dafür

Lineker, der in seiner Zeit als Nationalspieler 48 Tore für England schoss, reagierte nicht öffentlich auf seine Suspendierung. Er arbeitet für die BBC als freiberuflicher Sportmoderator und unterliegt somit nicht den strengen Unparteilichkeitsregeln, die dort für politische Journalisten und Nachrichtenredakteure gelten. Mit einem jährlichen Gehalt von 1,35 Millionen Pfund (umgerechnet 1,52 Millionen Euro) war Lineker im Jahr 2022 der am besten bezahlte BBC-Moderator.

Bezüglich der öffentlichen Meinung über die Asylmaßnahmen der Regierung hatte das Meinungsforschungsinstitut YouGov am vergangenen Montag eine Umfrage veröffentlicht. Der Befragung zufolge sprachen sich 50 Prozent der Teilnehmer für die Asyl-Maßnahmen der Regierung aus, während 36 Prozent dagegen waren.

Eine am Samstag veröffentlichte Umfrage ergab indes, dass 53 Prozent der Befragten gegen Linekers Absetzung waren, 27 Prozent befürworteten sie demnach.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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