Kanadas Trucker sind los, Deutschland und Europa zieht nach

Kanadas Fahrer gehen auf die Straße, in vielen anderen Ländern formiert sich ebenfalls Widerstand. In Windeseile sind Netzwerke entstanden, um sich zu organisieren.
Titelbild
Unterstützer der Trucker-Kolonne, dem „Freedom Convoy“, am 29. Januar 2022 in Ottawa.Foto: LARS HAGBERG/AFP via Getty Images
Von 5. Februar 2022

Die Bilder, die seit Tagen um die Welt gehen, sind beeindruckend. Ein schier unendlicher Zug schwerer Trucks und unzähliger anderer Fahrzeuge aller Größenordnungen zieht über die Highways Kanadas. Ziel war die Hauptstadt Ottawa, wo sich der „Konvoi der Freiheit“ am vergangenen Wochenende einfand, um gegen die Corona-Politik der Regierung unter Premierminister Justin Trudeau zu protestieren.

Ungeimpfte kanadische Fahrer müssen derzeit nach der Rückkehr aus den USA in eine zweiwöchige Quarantäne. Ungeimpfte Fahrer aus den USA dürften gar nicht nach Kanada einreisen. Reporter der kanadischen Ausgabe der Epoch Times berichten von Zehntausenden Truckern, die unterwegs sind. Sie haben sich aus allen Teilen Kanadas auf den Weg in die Hauptstadt gemacht, unterwegs schloss sich eine große Zahl US-amerikanischer Kollegen an. Deutsche Medien sprechen zumeist nur von einigen Hundert Fahrzeugen, die „Bild“ von Tausenden. Im Netz kursierte die Zahl von 50.000 bis 70.000 Truckern.

Unisono wird aber berichtet, dass Trudeau und seine Familie aus Sicherheitsgründen an einem unbekannten Ort in der Stadt versteckt werden. Auch in den USA soll demnächst ein Konvoi starten, schreibt die Epoch Times weiter. Startpunkt ist Kalifornien, Ziel die Hauptstadt Washington. Dort werde man – wie auch in Kanada – erst einmal bleiben, wird ein Organisator zitiert.

Nun schwappt diese Form des Protests auch nach Europa über.

Ein Konvoi in Europa

In vielen Ländern formiert sich ebenfalls Widerstand. In Windeseile sind Netzwerke entstanden, um sich zu organisieren. In Deutschland ist Sabine Neumeyer Initiatorin des Konvois, der sich demnächst auf den Weg nach Berlin machen soll. Die gebürtige Österreicherin lebt seit vielen Jahren in Köln und war bis 2020 im Event-Geschäft tätig – unter anderem auch für öffentlich-rechtliche Fernsehsender wie den Westdeutschen Rundfunk (WDR).

Mit Beginn der Pandemie ist ihr das Geschäft weggebrochen. „Der WDR hat sofort alle Aufträge storniert“, berichtet sie im Telefoninterview. Die Aktion der kanadischen Trucker habe sie sehr begeistert. Sie wisse aber auch, dass es in Deutschland ungleich schwerer ist, einen solchen Konvoi zu organisieren. Die Trucker-Kultur sei in Amerika eine ganz andere, sagt sie. Jedoch möchte sie, „dass auch in Deutschland die Leute in die Gänge kommen“.

Viel Zuspruch habe sie seit dem Start in den sozialen Medien am vergangenen Wochenende erfahren. Auch viele Zusagen von Besitzern anderer Fahrzeuge, seien es Wohnmobile, Pkw, Motorräder oder gar Fahrräder.

„Alles was rollt, muss nach Berlin“, fordert die quirlige Unternehmerin und hofft auf 100.000 Fahrzeuge. Richtig Eindruck würden aber Busse und Lastwagen machen. „Sie zeigen Stärke!“

Start in der nächsten Woche?

Dass in vielen Splittergruppen, die sich in den sozialen Medien mittlerweile gegründet haben, bereits die kommende Woche als Starttermin festgelegt wird, hält sie für falsch. „Mitte März soll die Impfpflicht verabschiedet werden, dann müssen wir in Berlin sein“, betont sie. Die Trucker in Deutschland müssten auch Zeit haben, das vorzubereiten. „Wir wollen ja auch nicht, dass Versorgungsketten durch unsere Aktion blockiert werden“, sagt Sabine Neumeyer.

Die Seriosität der verschiedenen Splittergruppierungen, etwa für die einzelnen Bundesländer, lasse sich nur schwer beurteilen. Es habe sich aber bereits gezeigt, dass manche Gruppen offenbar nur „Leute sammeln“, an einer Organisation aber nicht interessiert seien.

In verschiedenen Ländern Europas, etwa in den Niederlanden, Slowenien oder Polen, Österreich, Ungarn, Spanien, Frankreich, aber auch in arabischen Ländern gibt es erste Konvoi-Gruppen. Allerdings sind deren Aktivitäten bislang noch nicht nachvollziehbar.

Gefälschte Videos im Netz getrollt

Aktuell kursiert ein kurzer Film im Netz, der statt des Konvois eine Straßenschlacht zwischen Demonstranten und schwer bewaffneten Polizisten zeigt. Dies solle die wahre Situation in Ottawa sein, heißt es in einem kurzen Begleittext. Doch ist der Film schnell als Fälschung auszumachen. Es ist kaum ersichtlich ist, ob sich die Szenen tatsächlich in Kanadas Hauptstadt abspielen, herrscht dort gerade bittere Kälte bei minus 15 bis 20 Grad, Schnee liegt ebenfalls.

Das Video wiederum zeigt eine Stadt unter wolkig-grauem Himmel und schmuddeligem Wetter – von Schnee keine Spur – und auch die Kleidung der Menschen deutet nicht auf klirrende Kälte hin. Ein aus der Luft gedrehtes Video zeigt tatsächlich kilometerlange Autoschlangen, allerdings in einer schneefreien Landschaft. Erkennbar sind auch hier relativ dünn gekleidete Menschen.

Premier: „Black Lives Matter“ besser

Unterdessen meldete sich Kanadas Premierminister Trudeau aus seinem Versteck per Videobotschaft zu Wort. Er unterstütze Protest, wenn er mit dessen Zielen übereinstimme, sagte der 51-Jährige und führte als Beispiel die Bewegung „Black Lives Matter“ an. Die protestierenden Trucker verbreiteten hingegen „hasserfüllte Rhetorik“  und verübten „Gewalt gegenüber Bürgern“. Die Protestler seien nur eine Minderheit, so der Staatschef weiter, schließlich hätten „90 Prozent der Trucker das Richtige getan, um für die Sicherheit Kanadas zu sorgen“, weil sie sich impfen ließen. Die Vereinigung der kanadischen Lkw-Fahrer (CTA) verurteilte die Proteste und ging auf Distanz, berichtet der „Stern“.

Von friedlichen Massen schreibt John Robson in seinem Kommentar in der kanadischen Ausgabe der Epoch Times. Dies sei angesichts der vielen Menschen keine Selbstverständlichkeit. „Sie hätten außer Kontrolle geraten können.“ Trudeau habe sich „abgeduckt“, und viele Menschen hätten das gesehen. Viele, auch Kritiker, hätten ebenfalls zur Kenntnis genommen, dass sich der Konvoi aus einer „großen, freundlichen kanadischen Mehrheit zusammensetzt, deren Geduld am Ende ist“. Robson weist in dem Zusammenhang auf eine Umfrage hin, der zufolge 54 Prozent der Kanadier alle COVID-Maßnahmen beendet sehen wollen – 15 Prozent mehr als im Vormonat.

Die Proteste sorgten vor dem Hintergrund von Inflation und Lieferengpässen für innenpolitische Unruhe, schreibt die „Luzerner Zeitung“ und verweist auf die Abhängigkeit der kanadischen Wirtschaft von Warentransporten per Lastwagen. Zwar habe Trudeau versichert, dass es keinen Impfzwang für die Trucker geben werde, doch glaubten ihm das die Protestler nicht. Die Demonstranten sorgten am Wochenende für ein Verkehrschaos, Ausschreitungen habe es aber nicht gegeben. Moralische Unterstützung erfahren sie vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Laut „Stern“ lobte er die Aktivisten, „die tapfer Widerstand gegen diese gesetzeswidrigen Mandate leisten“. Trump deutete dies als Zeichen dafür, „dass sich die Politisierung der Pandemie weiter nach Norden ausbreitet.“

Die kanadischen Demonstranten wollen bleiben, bis die Regierung zurücktritt. Das müsse auch das Ziel in Berlin sein, betont Sabine Neumeyer. Und so lange werde man daher bleiben. Aus der bundesdeutschen Hauptstadt und dem Umland werde schon sehr viel Unterstützung zur Schaffung der Infrastruktur zugesagt. „Es ist eine riesige Solidarität“, freut sie sich.



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