Philosoph: „Demografische Veränderungen in Frankreich offensichtlich“

Ob man den umstrittenen Begriff „Großer Austausch“ verwenden sollte, findet der bekannte französische Intellektuelle Alain Finkielkraut „hinterfragbar“. Dass erhebliche demografische Veränderungen in Frankreich stattfänden, sei aber „sehr real“, meinte er auf „Europe 1“.
Titelbild
Alain Finkielkraut.Foto: -/AFP via Getty Images
Von 27. Januar 2022

Der als bedeutender französischer Philosoph der Gegenwart geltende Alain Finkielkraut hat in einem Fernsehinterview vor einigen Wochen mit „Europe 1“ beklagt, dass Europa im Allgemeinen und Frankreich im Besonderen tiefgreifende demografische Veränderungen erlebten.

Zwar halte er es für „hinterfragbar“, ob der vom weit rechten Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour bemühte Begriff „Großer Austausch“ dafür verwendet werden sollte. Dennoch seien die Verschiebungen in diesem Bereich „sehr real“ und „offensichtlich“, so Finkielkraut.

 

 

Frankreichs historische Bevölkerung „nicht mehr überall kulturelle Referenz“

„Es handelt sich in der Tat um eine Zersplitterung“, die aufgrund dieser Entwicklungen vonstattengehe, so Finkielkraut. Er halte den demografischen Wandel für „sehr spektakulär“ und „ja, diese Gefahr besteht“, dass „die historischen Völker in bestimmten Gemeinden und Regionen […] zu einer Minderheit“ würden.

Ein ganzer Teil der Franzosen lebe heute nicht mehr in den Vorstädten, sondern außerhalb davon, weil „sie nicht mehr die kulturelle Referenz sind, die sie einmal waren, weil alle Metzger zum Beispiel halal sind“.

Finkielkraut drückt sein Bedauern darüber aus, dass vorschnell Rassismusvorwürfe und der Verweis auf die vor allem von Rechtsextremisten aufgegriffene Theorie vom „Großen Austausch“, die der Autor Renaud Camus begründet hatte, über dieses Phänomen gestülpt würden. Aber auch die angesehene Demografin Michèle Tribalat habe von einer „demografischen Ersetzung“ im Pariser Stadtteil Seine-Saint-Denis gesprochen.

Finkielkraut macht Merkel für Brexit verantwortlich

Angesprochen auf Zemmour und dessen Verwendung der Parole vom „Großen Austausch“ fügt Finkielkraut hinzu: Seine Einschätzungen mögen zwar zu radikal sein, aber „er ist ein wenig auf die Bremse getreten. Stattdessen spricht er jetzt vom Risiko einer Islamisierung in Frankreich und sein Konzept und seine Metapher ist nun die der Balkanisierung, was etwas ganz anderes ist“.

Er denke zwar, dass „diese Ausdrücke mit großer Vorsicht zu genießen sind“, erklärt der Philosoph, „aber sie zu verteufeln ist absurd und zeugt einmal mehr von fanatischer Realitätsverweigerung“.

Bereits im Zusammenhang mit ihren flüchtlingspolitischen Entscheidungen hatte Finkielkraut scharfe Kritik an Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel geübt. Er warf ihr vor, mit ihrer Willkommenspolitik für Flüchtlinge die Deutschen „von der Nazi-Vergangenheit freikaufen“ haben zu wollen – tatsächlich aber den Brexit und „pathologischen Populismus“ heraufbeschworen zu haben.

Demografischer Wandel aus eigenem Unvermögen?

Abseits von Rassismus- und Islamophobie-Vorwürfen, die vor allem linke Kritiker an Finkielkraut richten, sehen jedoch auch einige konservative Stimmen den Niedergang der Europäer als selbstverschuldet.

So betonte der langjährige britische Oberrabbiner Lord Jonathan Sacks im Jahr 2016 im „Telegraph“, es sei die fallende eigene Geburtenrate, die das Ende des Westens herbeiführen könnte – und diese sei das Resultat eines vorhergehenden spirituellen Niedergangs.

Einwanderung werde diese Probleme nicht lösen, da Einwanderer zwar wirtschaftlich Erleichterung brächten, aber keinen Anreiz sähen, die Zukunft der westlichen Zivilisation zu sichern:

„Denn damit die Einwanderung eine Kultur stärken kann, müssen sich die Neuankömmlinge in die Zielgesellschaft integrieren. Wenn diese Gesellschaft jedoch ihr kulturelles Gedächtnis durch kurze Aufmerksamkeitsspannen und mangelnden Zusammenhalt verloren hat und nicht mehr auf einem weitgehend gemeinsamen religiösen Glauben beruht, dann gibt es keine Kultur, in die sich die Einwanderer integrieren können.“



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