CDU-Bundesvorstand beschließt Ausschlussverfahren – Maaßen trotzt weiter der CDU-Führung

Der CDU-Parteivorstand hat am Montag das angekündigte Parteiausschlussverfahren gegen Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen auf den Weg gebracht. Der wehrt sich aber nach wie vor gegen seinen geplanten Rauswurf. Mit der heutigen Vorstandsentscheidung könnte die Parteispitze einen jahrelangen Prozess mit ungewissem Ende angestoßen haben.
Titelbild
Hans-Georg MaaßenFoto: über dts Nachrichtenagentur
Von 14. Februar 2023

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Die CDU möchte den Ex-Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen loswerden. Am Montag beschloss der Bundesvorstand der Partei einstimmig die Einleitung eines Ausschlussverfahrens gegen Maaßen. Mit sofortiger Wirkung werden dem ehemaligen Spitzenbeamten die Mitgliedsrechte entzogen. Das teilte CDU-Parteichef Friedrich Merz nach der Vorstandssitzung mit. Über den Parteiausschluss muss nun das Kreisparteigericht in Erfurt entscheiden. Hans-Georg Maaßen gehört diesem Kreisverband an.

CDU-Präsidium hoffte auf freiwilligen Austritt

Schon Ende Januar 2023 hatte sich das CDU-Präsidium mit dem Ex-Verfassungsschutzpräsidenten beschäftigt. Einstimmig sei das Gremium der Auffassung, dass Hans-Georg Maaßen die CDU verlassen soll, hieß es in einer nach der Sitzung veröffentlichten Erklärung. CDU-Generalsekretär Mario Czaja hatte Maaßen daraufhin aufgefordert, die Partei freiwillig zu verlassen. Die Frist lief am 5. Februar 2023 aus.

„Immer wieder gebraucht er die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen. Herrn Dr. Maaßen ist offenkundig nicht am Wohl der CDU gelegen. Er verstößt im Gegenteil laufend gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei. Für seine Äußerungen und das damit zum Ausdruck gebrachte Gedankengut ist in unserer Partei kein Platz“, heißt es in der CDU-Erklärung weiter.

Hans-Georg Maaßen hatte diese Frist verstreichen lassen und sich auf Twitter kämpferisch gegeben:

 

Die seit Wochen laufende Schmutzkampagne gegen mich zeigt, dass wir alles richtig machen. Nur Gegenwind gibt unserer Sache Auftrieb! Ich freue mich darauf!“

„Brandmauer gegenüber all den verbliebenen gemäßigten und konservativen Mitgliedern in der CDU“

In einem 26-seitigen, im Stil eines juristischen Schriftsatzes verfassten, Verteidigungsschreiben an den Parteivorstand hatte Maaßen sich vor wenigen Tagen zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert. Diese seien „unsubstantiiert und teilweise grob falsch“.

Das Ziel des Parteiausschlussverfahrens und der „Schmutz- und Rufmordkampagne“ gegen ihn bestünden aus seiner Sicht darin, eine „Brandmauer gegenüber all den verbliebenen gemäßigten und konservativen Mitgliedern in der CDU zu errichten“.

Der Ex-Verfassungsschutzpräsident schlägt seiner Partei vor, auf einen „im Kern aussichtslosen Antrag auf Parteiausschluss“ zu verzichten und ihm im Rahmen eines Parteiordnungsverfahrens zum Beispiel eine Verwarnung auszusprechen. Diese wäre er bereit, zu akzeptieren.

Der heute beschlossenen Ausschlussantrag der CDU-Spitze war nicht anders zu erwarten gewesen. Aus Sicht der Partei war das die logische Konsequenz darauf, dass Maaßen die Partei nicht freiwillig verlassen hat. Der Ausgang ist aber ungewiss.

Konservativ, aber nicht rechtsradikal

Der Parteivorstand selbst rechnet laut einer Meldung der „tagesschau“ mit einem längeren, schwierigen Ausschlussverfahren. Die Parteiführung könne aber nicht akzeptieren, dass Maaßen der CDU einen „linksgrünen“ und „antideutschen“ Kurs vorwerfe. „Das auch dahinterstehende Gedankengut hat in der CDU Deutschlands keinen Platz“, betonte der Parteichef Merz. Die CDU sei konservativ. „Aber wir sind nicht rechtsradikal.“

SPD-Ausschluss Sarrazins zeigt, wie lange es dauern kann

Wie langwierig so ein Prozess sein kann, davon kann die SPD ein Lied singen. Zehn Jahre brauchte das Ausschlussverfahren gegen den ehemaligen Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin.

2010 erschien sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ und wurde ein Bestseller. Die Partei, die schon länger mit Sarrazin haderte, wollte ihn nun loswerden, nachdem sein Buch immer wieder auch öffentlich kritisiert wurde. Der Parteivorstand, damals vor allem unter der Federführung des damaligen Vorsitzenden Siegmar Gabriel und Generalsekretärin Andrea Nahles, brachte ein entsprechendes Ausschlussverfahren auf den Weg. Das Verfahren wurde jedoch 2011 wieder eingestellt.

2018 kam es dann zum nächsten Parteiordnungsverfahren gegen den ehemaligen SPD-Politiker, nachdem sein Buch „Feindliche Übernahme“ erschienen war. Im Juli 2019 beschloss das Schiedsgericht des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdor tatsächlich den Parteiausschluss, weil Sarrazins Thesen rassistisch seien und seine antimuslimischen und kulturrassistischen Äußerungen der Partei schweren Schaden zufügten. Seine Standpunkte stellten die Glaubwürdigkeit der Partei infrage.

Sarrazin legte Berufung ein und forderte seine Kritiker in der SPD auf, zu belegen, was an seinen Sachbüchern falsch sei. Im Januar 2020 fand schließlich eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem Landesschiedsgericht statt. Dieses bestätigte die Entscheidung des Kreisschiedsgerichts. Thilo Sarrazin wandte sich daraufhin an das Bundesschiedsgericht seiner Partei. Auch diese bestätigte im Juli des gleichen Jahres den Ausschluss Sarrazins.

„Ich betrachte das interessiert, aber ziemlich emotionslos und entspannt“

Hans-Georg Maaßen beabsichtigt, nicht kampflos aufzugeben. Am Montag äußerte er sich zum bevorstehenden Ausschlussverfahren des Parteivorstandes in einem Interview auf dem Blog des Journalisten Alexander Wallasch: „Ich gehe davon aus, dass der Parteivorstand meinen Ausschluss fordern wird“, so Maaßen. Der Vorstand ließe sich aber weniger von „juristischen Bedenken“ als von der „Tagespresse“ beeinflussen. „Ich betrachte das interessiert, aber ziemlich emotionslos und entspannt“, betonte Maaßen weiter. Er fände die Entscheidung, einen Ausschluss gegen ihn zu beantragen, „unklug“. Der Parteivorstand wisse, dass ein solches Ausschlussverfahren der Partei erheblich schaden kann. Maaßen führt als Begründung an, dass die CDU in den letzten zwei Wochen rund 1,5 Prozent in Meinungsumfragen verloren hätte.

„Meinungsforscher begründen dies mit der Hetzkampagne gegen mich und mit dem angedrohten Parteiausschlussverfahren“, so Maaßen weiter. Nach seinen Informationen soll „eine größere Zahl an Mitgliedern in den letzten Wochen ihre Parteibücher zurückgegeben oder Protestschreiben an die Parteizentrale gesandt haben.“ Die Wähler und Parteimitglieder verstünden trotz der „Medienagitation“, dass gegen ihn und die Werteunion „unfair gespielt wird“.

Durch seinen Schriftsatz vom vergangenen Donnerstag habe Maaßen Wege aufgezeigt, wie sich die CDU „gesichtswahrend“ aus der Situation herausmanövrieren könne.

„Das habe ich trotz der schäbigen und diffamierenden Behandlung durch die Parteiführung getan, weil ich mir dachte, dass es letztlich nur im Interesse der linken Parteien wäre, wenn die CDU aus Dummheit und Übermut gegen eine Wand läuft“, so der Ex-Verfassungsschutzpräsident im Interview weiter. Vor allem solle man nicht dann mit dem Kopf durch die Wand wollen, wenn die Wand erkennbar aus Beton ist.

Bauhandwerker der Brandmauer kommen aus den eigenen Reihen

CDU-Generalsekretär Mario Czaja hatte, laut der „tageschau“, vor Beginn der Beratungen des Parteivorstandes in Berlin betont, dass Maaßen sich „sowohl in der Wortwahl als auch in seinen inhaltlichen Themen ganz klar von Grundpositionen der CDU entfernt“ habe. Von Maaßen sei „eine Brandmauer“ überschritten worden. „Er hat in der CDU nichts mehr verloren.“

Hans-Georg Maaßen spricht in seinem Interview von einer innerparteilichen „Brandmauer“, gegen all diejenigen, die vom „linken Mainstream abweichende Positionen“ beziehen. Die Architekten und Baumeister der „Brandmauern“ gegen alles, was rechts vom offiziellen Parteikurs der CDU steht, sei grün-rot. Die willfährigen Bauhandwerker der Brandmauer kommen aus der eigenen Partei. Es sei eine Art „Schutzwall gegen das freie Denken“.

Hans-Georg Maaßen weiter:

 

Wenn ich aus der CDU gehe, sind bald die nächsten dran. Solange, bis die Partei frei ist von Kritikern gegenüber einer linken Politik.“

Enttäuscht, dass Maaßen nie auf Distanz zu seinen Äußerungen gegangen ist

Wann das Verfahren vor dem zuständigen Kreisparteigericht in Erfurt beginnen wird, ist im Moment noch unbekannt. Gegenüber dem Fernsehsender „mdr“ sagte der thüringische CDU-Generalsekretär, Christian Herrgott, dass das Gericht aus drei Volljuristen bestünde, die eine Befähigung zum Richteramt hätten. Der Bundesvorstand müsse nun den Antrag dort begründen. Hans-Georg Maaßen hätte dann Gelegenheit, gegen diesen Antrag zu argumentieren und seine Darstellung vorzutragen. Dann gäbe es eine Entscheidung.

Herrgott zeigte sich weiter gegenüber dem „mdr“ enttäuscht, dass Maaßen bis zuletzt nicht auf Distanz zu den kritisierten Äußerungen gegangen sei. „Ich bin ein bisschen traurig, dass Herr Maaßen die Chance, sich einmal selbst von diesen Dingen zu distanzieren, nicht genutzt hat.“

Das langjährige Parteimitglied Hans-Georg Maaßen war noch bei der Bundestagswahl 2021 in Thüringen als Direktkandidat für die CDU angetreten. Gegen den ehemaligen Biathleten Frank Ullrich, der für die SPD antrat, konnte er den Wahlkreis aber nicht gewinnen.

Im Januar wurde Hans-Georg Maaßen zum Bundesvorsitzenden der Werteunion gewählt. Diese Organisation versteht sich als „konservative Basisbewegung innerhalb der CDU/CSU“. Sie wird aber nicht als Untergliederung der CDU oder der CSU anerkannt. Das CDU-Präsidium hatte sich im Januar nach der Wahl von Maaßen auch mit dieser Organisation befasst und der Werteunion eine „politische Missbilligung“ ausgesprochen. Wer CDU-Mitglied sei, könne nicht zugleich Mitglied der Werteunion sein. Der CDU-Sozialflügel CDA und auch die Junge Union (JU) haben schon seit einiger Zeit einen Unvereinbarkeitsbeschluss zur Werteunion beschlossen.



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