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Tiny House in 60 Metern Höhe: Frau lebt mietfrei in 800 Jahre altem Turm

In Zeiten von Wohnungsknappheit und wirtschaftlicher Flaute helfen manchmal kreative Ideen weiter, um sich eine Traumwohnung inklusive Job zu angeln.

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Blanca Knodel, die Turmwächterin von Bad Wimpfen.

Foto: Illustration Epoch Times, Eigentum der Kultur-und Touristinformation Bad Wimpfen

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Lesedauer: 7 Min.

Blanca Knodel lebt seit bald 30 Jahren, seit 1996, mietfrei in einem 800 Jahre alten Turm und genießt die wohl interessanteste Aussicht überhaupt auf die Kaiserstadt Bad Wimpfen in Süddeutschland. Obwohl sich die Aufgaben des Turmwächters seit dem Mittelalter drastisch verändert haben, ist Knodel, die in ihren Siebzigern ist, gut beschäftigt.
Sie lebt ihren Traum im Blauen Turm, der über ihre Heimatstadt und den Neckar wacht. Wie kam sie zu diesem einzigartigen Job und einem Zuhause in luftiger Höhe von 60 Metern über ihrer geliebten Stadt?

Ein Blick auf die Kaiserstadt, den Neckar und den Blauen Turm.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Eigentums der Kultur- und Touristinformation Bad Wimpfen

„Ich gehöre zu einer der ältesten Familien in Baden-Württemberg“, sagt Knodel in einem Interview mit Ann Marie Ackermann, einer in Deutschland lebenden amerikanischen Schriftstellerin. „Die Schwester meiner Großmutter hat früher hier in der Turmwächterwohnung gewohnt. Als mein Vorgänger krank wurde, habe ich ihn vertreten. Schließlich habe ich mit meinen drei Kindern die Stelle übernommen.“ Als Gegenleistung für ihre Arbeit als Turmwächterin erlaubt die Stadt ihr, dort mietfrei zu wohnen.
Die Stadt hat tatsächlich zwei Wahrzeichentürme, die beide nach der Farbe ihrer Dächer benannt sind. Der zweite Turm, nur wenige Gehminuten vom Blauen Turm entfernt, wird Roter Turm genannt.

Tiny House – im Turm zu Haus

Knodels Job als Turmwächterin erforderte von ihr und ihren drei Kindern Kreativität bei der Gestaltung ihres Alltags. Während einer Führung durch ihr 53 Quadratmeter großes Zuhause in einem Interview für das SWR-Format „ARD Room Tour“ erinnerte sie sich daran, wie sie mit ihren Kindern zu Mittag aß, während zwischendurch Touristen vorbeikamen.

Der Blaue Turm, Wahrzeichen der Stadt Wimpfen im Landkreis Heilbronn, Baden-Württemberg.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Kulturamtes und Fremdenverkehrsamtes Bad Wimpfen

Wenn die Glocke läutete, die die Ankunft von Touristen meldete, „dann stand jemand auf, dessen Mund gerade leer war, verkaufte den Touristen ein Ticket, kam zurück und aß weiter. So haben wir oft unser Mittagessen verbracht“, erklärte Knodel.
Drei Kinder in einem 800 Jahre alten Turm großzuziehen, erforderte Umbauarbeiten und eine ganze Menge Kreativität, an der es Knodel nicht mangelte. „Bevor wir 1996 eingezogen sind“, erzählt sie in dem Video, „war alles ein großer Raum mit weißen Wänden.“ Der einzige abgetrennte Raum war das Badezimmer.
Mithilfe von Freunden baute sie das kleine Zuhause um und gab damit sich und ihren Kindern Raum und Privatsphäre. „Ich bin sehr glücklich und stolz, dass es so schön geworden ist“, zieht sie ihr Fazit über den Umbau.

Der ikonische Blaue Turm von unten gesehen.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Kulturamtes und Fremdenverkehrsamtes Bad Wimpfen

Als ihre Kinder aufwuchsen, hatte ihr Sohn ein kleines Zimmer mit 4 Quadratmetern. Für ihre Töchter wurde ein Minidachboden über dem Wohnbereich eingebaut. Dort waren ihre Betten und einige Spiele untergebracht. Sie installierten ausklappbare Lamellenläden als Türen, um den Mädchen eine heimelige Privatsphäre zu ermöglichen. Knodel selbst schlief damals auf einem Ausziehsofa im Wohnbereich.
Nachdem ihre Kinder alle groß geworden und ausgezogen waren, wurde die kleine Wohnung umfunktioniert. Sie ist heute in einen Wohnbereich, eine Küche, ein Badezimmer und ein Büro unterteilt. Schlafzimmer ist das ehemalige Zimmer ihres Sohnes.

Blanca Knodel im Inneren des Blauen Turms.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Eigentums der Kultur- und Touristinformation Bad Wimpfen

Die Turmwohnung steckt voller Erinnerungen an die Familie samt Ahnen und natürlich an die Geschichte der Stadt Bad Wimpfen.
In der Wohnung steht auch ein 200 Jahre altes Klavier, über das es eine Anekdote zu erzählen gibt. Knodel beschreibt, wie dieses einst von zwei starken Männern in 7 Minuten die 134 Stufen des Turms hinaufgetragen wurde. Ihr schwäbischer Humor veranlasste sie, sich mit den Männern einen Scherz zu erlauben: „Es ist etwas Furchtbares passiert“, sagte sie, als diese mit dem Klavier oben angekommen waren: „Das ist das falsche Klavier.“ Ein unbezahlbarer Moment. „Ihre Gesichter hätte man fotografieren sollen“, sagte sie. „Sie fanden mich überhaupt nicht lustig.“

Knodel und ihr Klavier im Inneren des Blauen Turms.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Eigentums der Kultur- und Touristinformation Bad Wimpfen

Turmwächterin – eine ganz besondere Aufgabe

Im Mittelalter hatte ein Turmwächter nicht ganz so viel Spaß wie Knodel. In diesen gefährlichen Zeiten, so Knodel, bestand dessen Aufgabe darin, „nach Feinden und Bränden Ausschau zu halten und Alarm zu schlagen – oder auch die Stunden zu läuten“. Heute besteht ihre Aufgabe als Turmwächterin darin, Tickets zu verkaufen und Auskünfte über den prächtigen Turm zu geben, den sie ihr Zuhause nennt.
Alles in allem, meint sie, habe sie es abgesehen davon, dass sie 134 Stufen hinauflaufen muss, ziemlich gut getroffen. „Ich bin hoch oben über allem. Es ist so ruhig und friedlich“, sagt sie zu Ann Marie Ackermann. „Ich habe eine enorme Aussicht. Und alle meine Besucher sind freundlich. Die Leute steigen nämlich die 134 Stufen zu meiner Wohnung nur hinauf, wenn sie mich wirklich sehen wollen.“

Der Turm bietet einen einzigartigen Blick über den Neckar und die Stadt.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Eigentums der Kultur- und Touristinformation Bad Wimpfen

Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Woman Lives Rent Free at 196 Feet in an 800-Year-Old Tower—Here’s How She Does It“. (Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung sm)

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