Deutsche Welle schaltet Kommentarfunktion ab: Tendenziöse Kommentare, die „hochgeliked“ werden – Trolle, die bewusst stören

Die Deutsche Welle schaltete vor einer Woche aufgrund zu vieler Hasskommentare und Trolle ihre Kommentarfunktion ab. Meedia startete daraufhin eine Umfrage unter verschiedenen Medien, wie es bei ihnen mit Hasskommentaren aussieht und ob eine Entwicklung abzusehen ist.
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Die Kommentarfunktion ist beliebt, doch ohne Moderation klappt es bei manchen Themen anscheinend nicht. Hasskommentare und Trolle verhindern einen konstruktiven Austausch.Foto: iStock
Epoch Times15. August 2018

Die Deutsche Welle, der Auslandsrundfunk der ARD, hat vor einer Woche die Kommentarfunktion auf ihrer Website abgeschaltet. Der Grund sei, dass „zunehmend Beiträge geteilt wurden, die ein solches Niveau erreicht hätten, dass sie mit einem konstruktiven Meinungsaustausch nichts mehr zu tun hätten. (…) Der Diskurs wurde geprägt von persönlichen Beschimpfungen, Beleidigungen und rassistischen Äußerungen, die auf unserer Seite nichts zu suchen haben“, hieß es in einer Stellungnahme von Ines Pohl, der Chefredakteurin der Deutschen Welle. Die Entscheidung sei ihnen schwergefallen, erklärt Pohl weiter.

„Denn gerade wir, die Deutsche Welle, kämpfen ja für einen offenen, kritischen Austausch“, so die Chefredakteurin. Der Deutschen Welle sei dabei bewusst, „dass wir mit dem Abschalten der Kommentarfunktion diejenigen Nutzerinnen und Nutzer verärgern, die engagiert und lebendig die Argumentation unserer Kommentatoren hinterfragt haben“, sagte Pohl. Allerdings nahm die Betreuung der Texte viel Zeit in Anspruch und „strapazierte das Nervenkostüm der hierfür verantwortlichen Redakteurinnen und Redakteure erheblich“.

Pohl erklärte, dass es ein ungleiches Spiel war, „denn es waren immer dieselben Nutzer, die unter dem Deckmantel eines Alias-Namens unsere Kommentarfunktion für die Absonderung von Hassbotschaften nutzten“. Und sie ergänzt, dass die Anonymität im Netz auch bei der Deutschen Welle zunehmend Trolle anzog.

ARD verzeichnet nicht mehr Hasskommentare als früher

Meedia nutzte die Entscheidung der Deutschen Welle für eine Umfrage unter anderen Medien und fragte nach, wie die Situation bei den Kommentaren bei ihnen ist und ob es schlimmer geworden sei.

Kai Gniffke, erster Chefredakteur von ARD-aktuell, verdeutlichte zunächst den Umfang der Kommentare auf der ARD-Seite. So erreichen die ARD täglich bis zu 2.000 Kommentare direkt auf der Homepage. In sozialen Medien (z.B. Facebook) sind es 12.000 bis 15.000 Kommentare. Es seien nicht mehr Hasskommentare und Ähnliches zu verzeichnen, aber der Aufwand für die Moderation sei angestiegen, da das Kommentarvolumen gestiegen sei.

Da die Tagesschau ihre Aufgabe auch darin sieht, den gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland zu fördern sind ihr die Kommentare wichtig. Solange der Aufwand, den sie dafür betreiben müsse, in einem angemessenen Verhältnis steht, wird es fortgesetzt.

Zeit und Welt schätzen Leserkommentare – hoher Aufwand gefordert

Die „Zeit“ und die „Welt“ betonten, wie wichtig ihnen der enge Kontakt zu den Lesern ist und das die Interaktion mit den Lesern für sie eine Selbstverständlichkeit in der journalistischen Arbeit sei.

Die „Zeit“ macht dabei deutlich, dass durch ihre strikte Rund-um-die-Uhr-Moderation, die auf die Einhaltung ihrer Diskussionsregeln achtet, dass Niveau der Debatten kontinuierlich gesteigert werden konnte. Gleichzeitig stieg die Zahl der Kommentare auf mittlerweile rund 80.000 pro Woche. Zwischen den Kommentaren auf den eigenen Seiten und der „Zeit“ bei Facebook scheint es Unterschiede zu geben. Anscheinend ist der Betreuungsaufwand auf den „Zeit-Seiten“ bei Facebook höher – was die „Zeit“ damit begründet, dass sich auf der eigenen Seite ein fester Stamm von Kommentatoren gebildet hat, der die Debattenstandards kennt und schätzt, während auf den Facebook-Seiten öfter neue Nutzer zu finden seien.

Die Zeit erklärt, dass sie von den Fragen der Kommentatoren profitiert, von den Themenideen und dem Wissen der Leserinnen und Leser, so dass man dies in Zukunft noch häufiger in die eigenen Artikel einfließen lassen wolle. Dies würden sie aber nur tun, wenn sie sich wertgeschätzt fühlten und Diskussionen vorfänden, die auch neue Nutzer dazu einladen würden, sich einzubringen. Dies erfordere einen Aufwand, der sich aber lohnen würde, da Nutzer mehr Zeit auf den eigenen Seiten verbringen und häufiger zurückkommen würden.

Die „Welt“ macht deutlich, dass sich das Diskussionsklima in den Foren seit 2015 geändert hat. Der Ton sei seither rauer und die Diskussionsfronten hätten sich zusehends verhärtet. Ob dies mit der einsetzenden Massenmigration nach Europa zusammenhing, wird offen gelassen. Gleichzeitig sei das Interesse an politischen Themen gestiegen, was auch Auswirkungen auf die Zahl der Kommentare hatte.

Die Auseinandersetzung mit den Themen Kriminalität, Asylpolitik und der Umgang mit Russland hätten dabei besonders stark die Kommentare beeinflusst. Durch eine aktive Moderation und zusätzlichen Chats zu wichtigen Themen „konnten wir erreichen, dass unsere Leser den Diskurs bei uns weiterhin wertschätzen“, so Andreas Müller, Leiter der Social-Media-Abteilung bei der „Welt“.

Bild und Stern: Flüchtlingspolitik ist problematisch

Die „Bild-Zeitung“ und der „Stern“ machen deutlich, dass bei den Themen Flüchtlingspolitik und Straftaten von Flüchtlingen öfter Probleme auftraten. Die „Bild-Zeitung“ erklärt dazu, dass bei diesen Themen immer ähnliche Muster zu sehen sind – „tendenziöse Kommentare, die innerhalb kurzer Zeit von bestimmten Nutzern „hochgeliked“ werden – Trolle, die Diskussionen bewusst zerstören wollen“, so Andreas Rickmann Chefredakteur für neue Plattformen der Bild-Gruppe.

„Die Diskussionskultur in unseren Communities, vor allem aber in sozialen Netzwerken wie Facebook, bleibt angespannt,“ so der Stern digital. Dabei sei auffallend, dass nicht nur Kritiker der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung sich zu Wort meldeten, sondern auch Gegenargumente vorgebracht würden. Die anschließenden Diskussionen wären dann allerdings oft von einem „rauen Umgangston geprägt“. Als Beispiel wird dabei die Debatte um Mesut Özil genannt, der tagelang das meistdiskutierteste Thema gewesen sei.

Bei den Kommentaren spielten auch die jüngsten Algorithmus-Anpassungen von Facebook eine Rolle, so der Stern. Durch die Anpassung würden Kommentare bzw. „meaningful interactions“ jetzt höher gerankt werden. Das liege daran, „dass Diskussionen für das Netzwerk wichtiger als je zuvor sind, um organische Reichweite zu erzielen“, so der Stern weiter. Dadurch würden Berichte zu genannten Themenfeldern oft die sein, die die meisten Menschen erreichen, was zu noch mehr Kommentaren führe. Andere Themen würden deshalb nicht so durch Facebook verbreitet werden, obwohl sie ebenso gut oder gar besser angeklickt und gelesen werden.

Ziel sei es beim „Stern“, auch „bei hitzigen Diskussionen einer Bandbreite von Meinungen Raum zu lassen, setzen uns in jeder Diskussion aber eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf“. So würden dann entsprechende Kommentare gelöscht werden und Wiederholungstäter gesperrt.

Fazit: Kommentarfunktion wichtig – hoher Aufwand notwendig

Worin sich alle Medien einig sind, ist, dass sich jedes Medium in erster Linie selbst in die Verantwortung nimmt, für ein angemessenes Klima bei den Kommentaren zu sorgen. Durch Regeln, pro aktive Moderation, themenbezogene Chats und technische Hilfsmittel. (er)



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