Weniger Zucker, Salz und Fett – neue Ernährungsstrategie sorgt für Frust bei Erzeugern
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir setzt auf gesunde Ernährung. Bis 2025 sollen erste Maßnahmen einer nationalen Ernährungsstrategie zum Tragen kommen. Doch schon jetzt gibt es Gegenwind aus den Reihen der Lebensmittelerzeuger.
Bei der nationalen Ernährungsstrategie geht es nicht nur darum, mehr Obst und Gemüse zu essen oder die Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden. Vielmehr wird die Politik hier sehr konkret und erstellt Pläne, um eine Reduktion von Fett, Salz und Zucker in Lebensmitteln zu erreichen.
Doch wo fängt man an? Nicht alle Lebensmittelhersteller können Salz, Zucker oder Fett weglassen. Salz im Käse beispielsweise hemmt gefährliche Mikroorganismen, in Milchprodukten beeinflusst Zucker nötige Bakterienkulturen bei der Joghurtherstellung, und Fett ist bekanntermaßen ein wichtiger Geschmacksträger.
Rund ein Jahr arbeitete das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beauftragte Max Rubner-Institut (MRI) in einem sogenannten Stakeholderprozess mit externen Institutionen zusammen, um konkrete Schritte und Maßnahmen mit wissenschaftlichem Ansatz zur Reduktion von Zucker, Salz und Fett in den Lebensmitteln zu entwickeln.
An dem Prozess sind neben 20 MRI-Wissenschaftlern auch 14 Vertreter der Lebensmittelindustrie sowie 85 Personen aus 48 öffentlichen Institutionen beteiligt, darunter die Deutsche Diabetes Gesellschaft, das Robert Koch-Institut, das Bundesinstitut für Risikobewertung und die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dafür bildeten die Vertreter mehrere Arbeitsgruppen. Erste Ergebnisse wurden im Oktober auf einer Informationsveranstaltung präsentiert.
Weniger Zucker in Getränken, Backwaren und Müsli
Zur Zuckerreduktion stellte die entsprechende Arbeitsgruppe mehrere „Fokusprodukte“ zusammen: Cola, Fruchtjoghurt, gefüllte Kekse und Schoko-Knuspermüsli.
Im Hinblick auf Cola-Getränke, die neben Zucker auch Süßungsmittel enthalten können, hieß es aus dem Gremium:
„Eine kurzfristig umsetzbare Zuckerreduktion (vom jeweiligen Ausgangszuckergehalt eines Produktes) um ca. 15 Prozent erscheint für die meisten Produkte umsetzbar.“
Bei Backwaren wie Sandkuchen und Mürbekeksen kann der Zuckeranteil nach Ansicht der Experten langfristig um 10 Prozent reduziert werden. Bei gefüllten Keksen soll eine entsprechende Empfehlung zum Tragen kommen, um „Zuckerspitzen“ zu identifizieren. Gespräche mit Herstellen sollen Klarheit über die Zuckerquelle geben.
Bei der Zuckerreduktion in Frühstückscerealien soll laut der Arbeitsgruppe eine langsame, schrittweise Zuckerreduktion erfolgen, da ansonsten mit einem „Verlust der Verbraucherakzeptanz“ zu rechnen sei. Zudem gebe es bereits viele zuckerarme Produkte auf dem Markt. Außerdem müsse bei den Inhalten unterschieden werden zwischen zuckerhaltigen Inhaltsstoffen wie getrockneten Früchten oder zugesetztem Zucker.
Im Hinblick auf Schoko-Knuspermüsli schlägt das Gremium vor, das Mischverhältnis von süßen und weniger süßen Bestandteilen zu ändern.
Bei Fruchtsäften und -joghurt soll der natürlich vorkommende Zucker nicht reduziert werden. Bei Erfrischungsgetränken hingegen ist eine Reduktion des Süßgeschmacks „erstrebenswert“.
Weniger Salz in Backwaren und Wurst
Salz beeinflusst nicht nur die Haltbarkeit von Brot, sondern auch andere Aspekte. Der Salzgehalt bei Brot und Kleingebäck schwankt erheblich. Laut einer weiteren Arbeitsgruppe lag der Salzgehalt bei verpacktem Brot und Kleingebäck bei 0 bis 3,6 g/100 g, bei unverpackter Ware bei 0,7 bis 2,48 g/100 g.
In Bezug auf die beabsichtigte Salzreduktion teilte ein beteiligter Berater mit, dass die Reduktion des Kochsalzgehaltes in Brot und Kleingebäck auf ein Level von höchstens 1,2 bis 1,3 g/100 g auf das Produkt realistisch sei.
Seitens des Verbands Deutscher Großbäckereien e. V. liegt eine freiwillige Selbstverpflichtung vor, den Gehalt an Kochsalz auf einen Zielwert von 1,1 Prozent im Durchschnitt der verpackten Backwaren bis 2025 zu reduzieren.
Die Arbeitsgruppe gab die Empfehlung, die Kochsalzreduktion auch in der Aus- und Weiterbildung verstärkt zu fördern. Verantwortliche in der Gemeinschaftsverpflegung müssten für den Salzgehalt im angebotenen Brot und Kleingebäck sensibilisiert werden.
Bei Wurstwaren soll der mittlere Kochsalzgehalt um 10 Prozent verringert werden – sowohl bei industriell als auch handwerklich hergestellten Produkten.
Bezüglich einer Fettreduktion wurden keine konkreten Ziele formuliert. Bei einer Senkung des Fettanteils in der Wurst habe dies Auswirkungen auf die mikrobiologische Stabilität des Produktes, heißt es von den Beratern. Stattdessen wurden Handlungsempfehlungen ausgesprochen. So solle die Akzeptanz für fettreduzierte Produkte auf allen Ebenen verbessert und der Fettgehalt der Produkte deutlich gekennzeichnet werden.
Kritik aus den Verbänden
Noch bis Ende November haben die Verbände Zeit, die Ergebnisse des Stakeholderprozesses schriftlich zu kommentieren. Schon jetzt regt sich Kritik aus den Reihen der Erzeuger.
„Wir haben von Beginn an gesagt, dass es wichtig ist, dass die Lebensmittelwirtschaft in die zweite Prozessstufe einbezogen wird, um realistische und umsetzbare Methodiken zu entwickeln“, bemängelte Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands, gegenüber der „Lebensmittelzeitung“. „Dies ist jedoch leider nicht erfolgt.“
Auch Tobias Schuhmacher, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Deutschen Großbäckereien, übte Kritik. Zwar sei eine weitere Reduktion des Salzgehaltes technologisch möglich, aber man müsse sich auch fragen, inwieweit dies von den Kunden akzeptiert wird.
Was bringt es, wenn der Verbraucher zwar ein salzarmes Brot kauft, das im Geschmack fehlende Salz dann aber durch den jeweiligen Belag kompensiert?“, so Schumacher.
Bis Ende 2024 soll der gesamte Stakeholderprozess abgeschlossen sein. Mit einem Abschlussbericht und finalen Empfehlungen ist im ersten Quartal 2025 zu rechnen.
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