Italien kündigt vor EU-Beratungen beispielloses Corona-Konjunkturpaket an

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Italienflagge und Euroscheine.Foto: iStock
Epoch Times7. April 2020

Vor den Beratungen der EU-Finanzminister über Corona-Hilfen hat Italien ein beispielloses Konjunkturprogramm in Höhe von 400 Milliarden Euro gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie angekündigt. Es handle sich um das größte Staatsprogramm in der Geschichte des Landes, sagte Regierungschef Giuseppe Conte am Montagabend. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire drohte im Streit um die Vergemeinschaftung von Schulden unterdessen mit einem Veto gegen Beschlüsse seiner EU-Kollegen.

Es werde bald „einen neuen Frühling für Italien“ geben, sagte Conte zu dem Konjunkturprogramm. Die Hälfte der Hilfen soll an exportorientierte Unternehmen fließen, deren Umsätze in den vergangenen Wochen wegen der Corona-Krise eingebrochen sind. Das neue Paket kommt zu staatlich abgesicherten Darlehen für Unternehmen im Volumen von 340 Milliarden hinzu, welche die Regierung bereits im März angekündigt hatte.

Italien ist eines der am schwersten von der Epidemie getroffenen EU-Länder und hat nach Griechenland den zweithöchsten Schuldenstand. Conte hatte deshalb Mitte März gemeinsame europäische Corona-Bonds gefordert, um den Kampf gegen die wirtschaftlichen folgen Krise zu finanzieren.

Conte fordert Eurobonds

Neun EU-Länder einschließlich Frankreichs unterstützten diese Forderung, Deutschland und die Niederlande lehnen dies aber strikt als Vergemeinschaftung von Schulden ab. Conte bekräftigte am Montag aber seine Forderung: „Eurobonds sind eine wichtige Antwort auf die Krise, die wir durchleben.“

Die EU-Finanzminister beraten am Dienstagnachmittag erneut über ein gemeinsames Vorgehen bei Hilfen für finanziell schwächere Länder. Eurogruppen-Chef Mario Centeno zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Minister auf ein dreiteiliges Paket einigen könnten. Dabei geht es um Darlehen des Euro-Rettungsfonds ESM, Kredite der Europäischen Investitionsbank für Firmen und den Vorschlag der EU-Kommission, Kurzarbeit mit bis zu 100 Milliarden Euro zu unterstützen.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire drohte vor der Video-Konferenz mit einem Veto gegen Centenos Paket, wenn sein Vorschlag für einen Solidaritätsfonds nicht in der Abschlusserklärung auftauche. Auch er sieht gemeinsame Schulden vor, aber nur für einen Zeitraum von fünf oder zehn Jahren.

Es handele sich bei dem Solidaritätsfonds „nicht um die alte Idee der Eurobonds“, sagte Le Maire der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Er werde bei den Beratungen der Finanzminister eine gemeinsame Lösung nur mittragen, wenn die Länder dem Solidaritätsfonds grundsätzlich zustimmten.

Österreich versteht den Rufe nach neuen Hilfsinstrumenten nicht

Der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurría, plädierte für Corona-Bonds zur gemeinsamen europäischen Schuldenaufnahme. Die Teilung von Finanzrisiken sei „der nächste notwendige Schritt der europäischen Integration“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagsausgabe).

Österreichs Finanzminister Gernot Blümel sagte dagegen, er verstehe Rufe nach neuen Hilfsinstrumenten nicht. Es solle allen geholfen werden, die in Schwierigkeiten seien, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Dafür könnten aber bestehende Instrumente wie der Rettungsfonds ESM genutzt werden.

Italien stemmte sich aber offenbar weiter gegen Bedingungen bei ESM-Krediten. „Die Italiener wollen keinerlei Bezug zu Konditionen“, sagte ein Eurozonen-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP. Auch deshalb sei eine Einigung auf das dreiteilige Paket Centenos „noch immer etwas wacklig“.

Normalerweise sind ESM-Kredite mit harten Reformvorgaben und strikter Haushaltskontrolle verknüpft. Dies könnte Centeno zufolge bei den Corona-Hilfen aber deutlich gelockert werden. Bedingungen würden sich lediglich darauf beschränken, dass das Geld auch tatsächlich für Corona-Folgen ausgegeben werde, sagte ein EU-Diplomat. „Ein sachliches Problem gibt es dabei eigentlich nicht.“

Einigen sich die Finanzminister könnte noch vor Ostern erneut ein Gipfel der Staats- und Regierungschefs abgehalten werden, um einen Deal zu Corona-Hilfen zu bestätigen. Als wahrscheinlicher Tag gilt laut EU-Vertretern der Donnerstag. Scheitert die Finanzministerkonferenz, geht der Streit nach Ostern weiter. (afp)



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