Neue „XXL-Bank“ in der Schweiz: Chancen und Risiken für die Wirtschaft

Die Fusion zwischen der UBS und der Credit Suisse ist eine Zäsur für die Schweizer Wirtschaft und könnte die Konditionen für Unternehmen verschlechtern. Die starke Stellung der neuen Bank sorgt für Unmut und Wettbewerbsbedenken bei Gewerbeverbänden und Rechtsexperten.
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Die UBS wird durch die Fusion mit der Credit Suisse zum Bankenriesen – und damit auch zum Risiko.Foto: iStock
Von 23. März 2023

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Die Erleichterung dürfte vielerorts am vergangenen Sonntag groß gewesen sein, als die Notfusion zwischen der Schweizer Großbank UBS und dem kleineren Konkurrenten Credit Suisse verkündet wurde. Gestützt wird der Deal mit umfangreichen Hilfen der Notenbank und vom Staat. Damit ist man der drohenden Finanzkrise noch ganz knapp von der Schippe gesprungen, so die Hoffnung.

Die Notfusion zwischen UBS und Credit Suisse

Die Credit Suisse war in den vergangenen Jahren in einen Strudel an Skandalen geraten, musste enorm hohe Strafzahlungen leisten. Obwohl die Bank bis zuletzt gut aufgestellt gewesen sein soll, wie die Schweizer Behörden immer wieder betonten, verloren die Kunden und Investoren das Vertrauen in das Schweizer Traditionshaus und schichteten ihre Gelder um. Allein im vierten Quartal 2022 zogen Kunden netto 113 Milliarden Euro aus der Bank ab. Als dann der größte Aktionär, die Saudi National Bank, erklärte, dass sie kein Geld mehr einschießen wolle, brachen die Dämme. Der Markt verlor gänzlich das Vertrauen in die Bank, der Aktienkurs brach auf ein Rekordtief ein, der Mittelabfluss beschleunigte sich.

Bei der Credit Suisse handelt es sich nicht um irgendeine Bank, die drohte, in die Knie zu gehen. Das Schweizer Traditionhaus gehörte zu jenen weltweiten 30 Institutionen, die als „too big to fail“ galten. Das bedeutet, dass eine Pleite einen enormen Flurschaden anrichten kann, der dann auch andere Geldhäuser und Märkte in den Abgrund ziehen kann. Dies liegt vor allem daran, dass die Geschäfte solcher Institutionen sehr verwoben sind.

Es musste also umgehend gehandelt werden. Die Finanzmärkte sollten schnellstmöglich beruhigt werden. Der politische Druck für den Deal am Sonntag war enorm groß. Am Ende musste auch die UBS nachgeben. Im Laufe der Woche kehrte die ersehnte Ruhe an den Märkten ein. Ruhe, die auch trügerisch sein kann.

Risiken und Chancen der Fusion

Die nun in der Schweiz geschaffene XXL-Bank birgt auch Risiken in sich, denn die „neue USB“ ist nun die einzige Großbank in der Schweiz. „Ein Zombie ist weg, ein Monster entsteht“ – so kommentierte die „Neue Zürcher Zeitung (NZZ)“ am Sonntagabend die Notfusion mit der Credit Suisse.

Die neue Bank wird mit einer Bilanzsumme von knapp 1,58 Billionen Euro doppelt so groß sein wie das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz. Das lag im vergangenen Jahr bei 771 Milliarden Schweizer Franken. Die Bank ist jetzt schon weltweit aktiv – sowohl im Vermögensmanagement als auch im Investmentbanking. Ein Grund, warum die großen Notenbanken sich am zurückliegenden Wochenende bereit erklärten, die Möglichkeiten für Geschäftsbanken auszuweiten, sich kurzfristig Dollar zu leihen. Damit soll eine Liquiditätsknappheit im weltweiten Finanzsystem vermieden werden.

Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Finanzplatz Schweiz

Bei der Wirtschaft in der Schweiz überwiegt erst einmal die Erleichterung. Wäre die Credit Suisse zusammengebrochen, hätte das eine enorme Auswirkung auf den Wirtschaftsstandort gehabt. Das ist der Tenor, den man im Moment zu hören bekommt. „Mit der Übernahme durch die UBS wurde eine Lösung gefunden, die den Finanzplatz Schweiz nachhaltig stabilisiert und geeignet ist, das verlorengegangene Vertrauen wieder aufzubauen“, wird Roberto Colonnello, Mitglied der Geschäftsleitung der Economiesuisse, des Dachverbands der Schweizer Wirtschaft, in einer Pressemitteilung zitiert. Eine „verhängnisvolle Eskalation“ sei damit verhindert worden.

Die Notfusion zwischen den größten Banken der Schweiz ist für die Wirtschaft des Landes aber auch eine Zäsur, die nicht unbedingt nur Vorteile bringen kann. Dazu ein Beispiel: Benötigte ein Unternehmen in der Vergangenheit eine finanzielle Begleitung für Geschäfte im Ausland, dann standen dafür bisher zwei Großbanken mit dem dafür notwendigen Knowhow zur Verfügung. „Industriefirmen brauchen Banken vor allem für Kredite, den Zahlungsverkehr oder Fremdwährungsabsicherungen“, wird Martin Hirzel, der Präsident des Verbands der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem, in der „NZZ“ zitiert. Bisher habe der Wettbewerb bei den Banken gut funktioniert. Nun, da ein Wettbewerber weggefallen sei, befürchte man eine Verschlechterung der Konditionen.

Kritik an der Marktmacht der neuen „XXL-Bank“

Die starke Stellung der neuen Bank in der Schweiz sorgt auch für Unmut: Die Bankenaufsicht habe Wettbewerbsbedenken vernachlässigt, um die Fusion zu bewilligen. Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler wird in der „NZZ“ mit den Worten zitiert:

Die große [sic] Marktmacht der UBS erachten wir als kritisch mit Blick auf die Wettbewerbsverhältnisse am Finanzplatz“.

Das Gewicht von UBS und Credit Suisse in der Schweiz ist tatsächlich beachtlich. Berücksichtigt man die Bilanzsumme beider Banken, dann beherrschen sie zusammen nun 28 Prozent des Finanzgeschäfts in der Schweiz. Schaut man auf die Vergabe von Hypotheken, so ist die Marktmacht mit einem Anteil von 26 Prozent immer ebenfalls eine Hausnummer.

Die Größe der neuen Bank werde berücksichtigt, hieß es vonseiten der Finanzmarktaufsicht (Finma) am Sonntagabend. Nach einer Übergangsfrist werde das fusionierte Institut überproportional schärfere Vorschriften an Kapitalausstattung und Liquidität erfüllen müssen. Dies sei schon in der bisherigen „Too-big-to-fail-Regulierung“ so vorgesehen.

Rechtliche Bedenken an der Fusion

Inzwischen wurden auch rechtliche Bedenken an der Fusion angemeldet. Der auf Bankenrecht spezialisierte Schweizer Rechtsprofessor Peter V. Kunz hält das Notrecht, auf das sich der Schweizer Bund bei der forcierten Übernahme der Credit Suisse durch die UBS stützt, für eine unzureichende Rechtsgrundlage. Er rechnet daher mit Klagen gegen die Eidgenossenschaft, wie er in einem Interview mit dem Magazin „Blick“ sagte. „Dass die CS-Aktionäre zum Deal gar nicht mehr gefragt werden, ist eine völlig außergesetzliche Regelung“, so der Rechtsprofessor.



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