Mythos Tempelhof – Vom monumentalen Prestigeobjekt zum Freiheitstor

Der während der Herrschaft der Nationalsozialisten erbaute Flughafen Tempelhof steht für viele im Zusammenhang mit Hitlers Berlin als Welthauptstadt „Germania“. Als eines der größten Gebäude der Welt und Europas größtem Kulturdenkmal gilt er unabhängig davon als wichtiger Meilenstein im weltweiten Flughafenbau und in der Entwicklung der zivilen Luftfahrt.
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Eine Douglas DC-3 auf dem Flughafen Tempelhof.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Von 6. März 2022

Um den geschichtsträchtigen Berliner Flughafen Tempelhof ranken sich zahlreiche Mythen. Doch bevor der legendäre Flughafen Geschichte schrieb, sorgte das Tempelhofer Feld, auf dem er später errichtet wurde, für Aufsehen. Hier vollführten tollkühne Piloten wie Graf Zeppelin mit seiner fliegenden „Zigarre“ und die Wright-Brüder erste Flugversuche unter den Augen deutscher Prominenz. So startete am 4. September 1909 Orville Wright mit seinem aus Amerika mitgebrachten Doppeldecker auf dem Tempelhofer Feld zu einem 19-minütigen Demonstrationsflug. Dieser gilt als einer der ersten erfolgreichen Motorflüge. Beobachtend mit dabei die deutsche Kaiserin Auguste Viktoria (1858-1921), Gemahlin Wilhelms II.

Ab 1923 verband ein auf dem Gelände errichteter Flughafen die Metropole Berlin mit vielen Städten Europas. Er galt Ende der 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts als der meist genutzte Zivilflughafen Europas und mit seiner direkten U-Bahn-Anbindung als seinerzeit weltweit einzigartig. 1926 wurde hier der Hauptsitz der erstmals gegründeten Deutschen Luft Hansa AG eingerichtet.

Der alte Flughafen Berlin auf dem Tempelhofer Feld um 1930. Foto: FPG/Getty ImagesKurz nach ihrer Machtübernahme richteten die Nationalsozialisten 1933 am Nordrand des Tempelhofer Feldes ein Gestapogefängnis für politische Häftlinge ein, das 1934 zum „Konzentrationslager Columbia“ umgewandelt wurde. Dies war das einzige offizielle Konzentrationslager der SS auf Berliner Boden. 1936 wurde es im Zuge der Flughafenerweiterung zum Bau des neuen Flughafens Tempelhof aufgelöst und 1938 abgerissen. Die Gefangenen wurden zuvor in das neu errichtete KZ Sachsenhausen bei Oranienburg verlegt.

Tempelhof – „Mutter aller Flughäfen“

1935 erhielt der Architekt Ernst Sagebiel vom Reichsluftfahrtministerium den Planungsauftrag für einen Flughafen-Neubau auf dem Tempelhofer Feld. Sein Entwurf entsprach den neuen städtebaulichen Vorstellungen als auch der monumentalen Architektur im Nationalsozialismus. Der neue Flughafen war für bis zu sechs Millionen Passagiere pro Jahr geplant. Er sollte neben einem europäischen Flugdrehkreuz auch als Veranstaltungsort für Reichsflugtage genutzt werden und möglichst vielen luftfahrtbezogenen Dienststellen und Institutionen einen Sitz bieten.

Der amerikanische Pilot Charles A. Lindbergh (1902 – 1974) sitzt im Cockpit eines Junkers Ju-52-Flugzeugs vor dem Start zu einem Testflug am Flughafen Tempelhof, Berlin, Deutschland, 23. Juli 1936. Foto: FPG/Getty Images

1936 begann der Bau – am 4. Dezember 1937 war Richtfest und Bezug des ersten Gebäudeteils. Kriegsbedingt wurde der neue Flughafen jedoch nie vollständig fertiggestellt. Bis heute sind rund 17 Prozent der Gebäudefläche nicht ausgebaut und befinden sich im Rohbauzustand. Aufgrund seiner technischen Innovationen bezeichnete der britische Architekt Sir Norman Foster ihn als „Mutter aller Flughäfen“. In ihm wurde erstmals unter der Abfertigungshalle eine eigenständige Gepäckabfertigung geplant. Die 100 Meter lange Abfertigungshalle bildet die Symmetrieachse der Gesamtanlage und führt zur 400 Meter langen, stützenfrei überdachten Flugsteighalle, einer 40 Meter breiten, freitragenden Kragkonstruktion. Sie beherbergt sieben Hangars und ermöglicht einen trockenen Ausstieg aus dem Flugzeug bei jedem Wetter und einen kurzen Weg zur Empfangshalle.

Der Flughafen ist völlig autark betreibbar. Er besitzt ein eigenes Stromnetz, ein eigens Wasserwerk mit eigenen Frischwasserquellen und Heizungsanlagen und früher auch eigenem Schienennetzanschluss. Von den neun Etagen des Gebäudes befinden sich sechs oberirdisch und drei unterirdisch. Neben einer Bunkeranlage und einem Eisenbahntunnel befinden sich im Flughafengebäude rund 300 Luftschutzräume.

Journalisten betrachten eine riesige Luftaufnahme des Flughafens Tempelhof am Flughafen, 29. Juni 2007 in Berlin. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Auf dem Dach des circa 1,2 Kilometer langen bogenförmigen Hauptgebäudes waren neben Zuschauerterrassen für etwa 65.000 Besucher von Flugschauen, auch Ballsäle und Dachterrassen mit gastronomischem Betrieb geplant. Gegliedert, aber auch monumentalisiert wird der geschwungene Hauptkörper durch blockhafte gegenläufige Treppenhaustürme im Abstand von jeweils 70 Metern. Der neoklassizistische Bau, in Skelettbauweise errichtet und mit Muschelkalk-Platten verkleidet, erfüllte damals erstmals alle Anforderungen eines modernen Großflughafens.

Ein Eisenbahntunnel unter dem Flughafengebäude Tempelhof diente während des 2. Weltkriegs als Produktionsstätte für Kampfflugzeuge. Foto: Erik Rusch / Epoch Times

Waffen- und Rüstungsproduktion während der NS-Zeit

Während des 2. Weltkriegs diente das Flughafengebäude der Waffen- und Rüstungsproduktion. 1940 nahm die „Weser“-Flugzeugbau GmbH die Produktion auf. Sie fertigte hier von 1941 bis 1944 das Sturzkampfflugzeug Junker Ju 87, kurz „Stuka“ genannt. Daran waren auch Zwangsarbeiter aus den besetzten europäischen Ländern beteiligt, anfangs oft noch angeworben, später meist gewaltsam hierher verschleppt.

Auch die damalige Deutsche Luft Hansa AG produzierte im Flughafengebäude Kriegsgerät (Radargeräte). Sie nutzte hierfür ebenfalls, wie alle größeren deutschen Unternehmen durch das kriegsbedingte Fehlen von Arbeitskräften, Zwangsarbeiter. Rund 1.000 bis 2.000 solcher Arbeitskräfte waren insgesamt am Flugfeld in Barackenlager untergebracht. Der Zusammenbau der Flugzeuge fand teilweise in einem unterirdischen Eisenbahntunnel unter dem Flughafengebäude und den Hangars statt. Erst am 25. April 1945 endete die Flugzeugauslieferung, nämlich kurz vor Eroberung des Flughafens durch russische Verbände. Am 21. April 1945 wurde mit dem letzten Luft Hansa-Flug der öffentliche Verkehr eingestellt.

Rätsel gibt noch immer der Brand in dem Archiv der Hansa Luftbild GmbH, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Luft Hansa AG, auf. In einer versteckten Bunkeranlage im Gebäude gelegen, vernichtet das Feuer das gesamte Bildarchiv, das für die Luftaufklärung und Spionagezwecke genutzt wurde. Doch wer oder was löste den Brand aus? Auffällig ist, wie gering die Schäden am Flughafengebäude nach den massiven Bombenangriffen der alliierten Streitkräfte auf Berlin waren. Wurde das Flughafengebäude bewusst verschont, um es rasch nach Kriegsende weiter nutzen zu können?

Eingang zur Bunkeranlage im Flughafengebäude Tempelhof mit Brandschäden. Dahinter befand sich das Filmarchiv der „Hansa Luftbild GmbH“, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Luft Hansa AG. Foto: Erik Rusch / Epoch Times

Luftschutzräume im Flughafengebäude Tempelhof. Der Eingangsbereich eines Bunkers wird Gasschleuse genannt. Sie soll das unkontrollierte Eindringen von Giftgas verhindern. Foto: Erik Rusch / Epoch Times

Im Juli übernahmen dann die Alliierten den Flughafen vom russischen Kommando, da er im US-Sektor lag. Von 1945 bis zum Abzug der amerikanischen Streitkräfte 1994 aus Berlin diente der Flughafen als Luftwaffenstützpunkt der Amerikaner. Sie nutzen dabei den östlichen Teil des Flughafengebäudes. Für die in Spitzenzeiten rund 2.000 dauerhaft stationierten US-Soldaten wurden dort eigens Theater, Kino, Kantinen, Bars, Kindergarten, Friseur, Wäscherei, Bank, Buchladen, Reisebüro und ein Bekleidungsgeschäft eingerichtet.

Um genügend Abwechslung ins Alltagsleben der Soldaten zu bringen, wurden im Flughafengebäude auch eine Basketballhalle, Bowlingbahnen und eine Racket-Halle errichtet. Auf dem Flugfeld wurden Baseball- und Fußballplätze gebaut. So entstand abgeschottet von den West-Berlinern eine amerikanische Kleinstadt mitten in Berlin.

US-Streitkräfte errichteten im Flughafengebäude Tempelhof einen Basketballplatz. Foto: Erik Rusch / Epoch Times

US-Spionageabteilung im Flughafengebäude

Jahrelang befindet sich auch der US-Nachrichtendienst mit einer Spionageabteilung im Gebäude. In fensterlosen Büros, die mit einer Kupferschicht umgeben sind, um Spionage-Angriffe abzuwehren, sammelte und verarbeitete sie Geheimdienstinformationen. Der von der US-Armee zur Luftraumüberwachung und Spionagezwecken errichtete 72 Meter hohe Radarturm direkt neben dem Flughafengebäude ist Teil dessen. Nach Abzug der US-Streitkräfte übernahm die Bundeswehr die mindestens 400 Kilometer weit reichende Anlage. Danach wurde sie modernisiert. Im Vier-Schicht-Betrieb mit insgesamt einem 30-köpfigen Team wird sie rund um die Uhr durch die Bundeswehr weiter genutzt.

Der zivile Flugverkehr begann nach dem Krieg am 18. Mai 1946, als die erste Maschine der American Overseas Airlines (AOA) landete und die Strecke New York–Frankfurt–Berlin eröffnete. Sie war den Zivilangestellten der Besatzungsmächte vorbehalten. Erst nach der Währungsreform 1948 durften auch Deutsche mitfliegen.

Ein am 9. November 2006 aufgenommenes Bild zeigt die Haupthalle des Berliner Flughafens Tempelhof. Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images

Direkt nach Beginn der Einführung der D-Mark in West-Berlin im Rahmen des Marshall-Aufbauplans blockieren die Sowjetkräfte am 24. Juni 1948 sämtliche Land- und Wasserwege nach West-Berlin. Auch die Gas- und Stromversorgung aus dem sowjetischen Sektor wird abgeschaltet. Damit fehlen den Fabriken, öffentlichen Einrichtungen und privaten Haushalten sämtliche Versorgungsmittel. Auch die Militäranlagen der alliierten Streitkräfte in den Westsektoren sind nicht mehr ausreichend versorgt.

Daraufhin starten die Westmächte die Versorgung West-Berlins über die 1945 mit den Sowjets ausgehandelten Luftkorridore. Auf Initiative von US-Militärgouverneur Lucius D. Clay beginnt am 26. Juni mit der Landung einer Douglas C-47 „Skytrain“ in Tempelhof die „Operation Vittles“. Im Rahmen dieser „Luftbrücke“ werden zwischen dem 26. Juni 1948 und dem 6. Oktober 1949 mit fast 278.000 Flügen mehr als 2,3 Millionen Tonnen Fracht transportiert. Am 28. Juni 1948 nimmt auch die britische Armee im Rahmen der „Operation Plainfare“ ihre Hilfsflüge auf. Alle zwei bis drei Minuten landet nun eine Maschine auf einem der drei West-Berliner Flughäfen. Der Flughafen Tempelhof im US-Sektor stellte den Hauptflughafen der Luftbrücke dar.

Kohlen machen dabei rund 70 Prozent der Fracht aus, um die Wirtschaft weiter am Leben zu halten. Der Rest besteht aus Lebensmitteln, Maschinen, Ausrüstung und anderen Gütern des täglichen Bedarfs für die Versorgung von 2,1 Millionen Menschen in West-Berlin. Am 11. Mai 1949 hebt die Sowjetunion unter Stalin die erfolglose Blockade wieder auf. Trotzdem wird die Luftbrücke mit bis zu 1.000 Landungen pro Tag fortgesetzt, um Vorratslager zu füllen für den Fall weiterer Blockaden. Die Luftbrücke stellte eine logistische Meisterleistung dar und bewahrte West-Berlin vor einer sowjetischen Übernahme. Rund 80 Tote forderte die Luftbrücke aufgrund von Unfällen.

Douglas C-47 Skytrain-Transportflugzeuge der amerikanischen Luftwaffe in der Entladelinie am Flughafen Tempelhof während der Berliner Luftbrücke, Juni 1948 – Mai 1949. Foto: Keystone Pictures/FPG/Archive Photos/Getty Images

DDR-Flucht und „Kinderluftbrücke“

Nicht nur für die West-Berliner, auch für Tausende DDR-Flüchtlinge stellte Tempelhof ein Tor zur freien, nicht kommunistischen Welt dar. Nach der Blockade gegenüber West-Berlin 1948 steigt die Zahl der Flüchtlinge und damit auch die Zahl der DDR-Fluggäste stetig an. Am 26. Mai 1952 schließt die DDR-Regierung die innerdeutsche Grenze und lässt eine Sperrzone entlang der Demarkationslinie zur Bundesrepublik anlegen. Damit ist das geteilte Berlin das letzte Schlupfloch für den Weg in die BRD.

Die Flüchtlinge konnten nach ihrer erfolgreichen Flucht aus der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und späteren DDR unter Sonderkonditionen über Tempelhof in den Westteil Deutschlands ausfliegen. Dafür durften sie die freien Restplätze in den Zivilmaschinen der Alliierten nutzen. Später übernahm der Bund die Kosten. West-Berlin verzeichnet bis 1961, dem Jahr des Mauerbaus, einen Zugang von 4.000 bis 21.000 Menschen pro Monat aus der Ost-Zone. Durch den Bau der Berliner Mauer durch das SED-Regime sanken die Fluchtzahlen massiv und damit auch die Zahl der ausgeflogenen DDR-Flüchtlinge. Diese Luftbrücke stellte damals die einzige sichere Möglichkeit dar, ins Bundesgebiet zu gelangen. Für West-Berliner war es eine Möglichkeit, die mühseligen und teilweise auch schikanösen Prozeduren der DDR-Grenzer beim Transitverkehr zwischen West-Berlin und dem Bundesgebiet zu vermeiden.

Auch Tausende sogenannter jüdischer Displaced Persons (DP) konnten über den Luftweg Berlin verlassen. Nach der Befreiung der Konzentrationslager und dem Ende des Krieges wurde Berlin zum Zufluchtsort für jüdische „Displaced Persons“, die u. a. aus den einstigen deutschen Ostgebieten flüchteten. Sie wurden mit amerikanischen Militärmaschinen von Tempelhof aus nach Frankfurt am Main ausgeflogen. Der Luftweg war die einzige unkontrollierte Verbindung in den deutschen Westteil und spätere Bundesrepublik.

Mit der sogenannten „Kinderluftbrücke“ flogen die Alliierten von 1953 bis 1957 etwa 10.000 Kinder aus bedürftigen Familien in die BRD zur Erholung bei Gasteltern oder in Kinderheimen. Besonders für Kinder war die Nachkriegssituation in West-Berlin schwierig, mit Wohnungsnot, Unterernährung und dem unablässigen Zustrom von Flüchtlingen. Als humanitäres Hilfsprojekt richtete es sich insbesondere an Kinder aus Flüchtlingsfamilien, um ihnen eine unbeschwerte Zeit zu ermöglichen. Bereits 1948/49, während der Luftbrücke der Alliierten aufgrund der Blockade West-Berlins, wurden etwa 15.000 Kinder zur Erholung ausgeflogen.

Für andere Flüchtlingsgruppen war der Flughafen Tempelhof nicht Startpunkt, sondern Ziel. Von 1963 bis 1983 sind mindestens 13 Flugzeugentführungen aus Rumänien, Polen und der damaligen Tschechoslowakei dokumentiert. Sie wurden mehrfach von DDR-Bürgern durchgeführt. Sie zwangen die Flugzeuge aus dem ostmitteleuropäischen Raum, anstatt auf dem DDR-Flughafen Schönefeld in Tempelhof zu landen.

Fluggästerekord mit 5,5 Millionen Passagieren

Offiziell begann erst am 9. Juli 1951 der zivile Luftverkehr in Tempelhof. Zuvor erhielt die wiedergegründete Berliner Flughafengesellschaft einen Teil des Flughafens. Die Amerikaner behielten weiter den gesamten östlichen Flügel und die Kontrolle über den Luftraum. Je eine Luftfahrtgesellschaft der Alliierten führte den gesamten Luftverkehr durch. Deutsche Piloten waren nicht zugelassen. Für die USA flog Pan American zwischen den Vereinigten Staaten und Berlin. Seit 1950 bot auch Air France Linienflüge von und nach Berlin an. British European Airways zog 1951 schließlich aus Potsdam-Gatow nach Tempelhof um. Bald rangierte der Zivilflughafen Tempelhof vor Frankfurt am Main, Hamburg und Düsseldorf auf Platz eins der deutschen Flughäfen.

1971 erreichte der Flughafen Tempelhof mit circa 5,5 Millionen Passagieren auf dem zivilen Teil seinen Fluggästerekord und seine Kapazitätsobergrenze. Mit der Vereinbarung zwischen dem Senat und der Regierung der DDR über Transit-Reisen von und nach West-Berlin brechen ab 1972 die Fluggastzahlen ein. Wozu auch 1973 und 1974 die weltweite Inflation und Währungs- und Ölkrise beitrugen. Als sich Düsenmaschinen auch für Urlaubsflüge durchsetzten, zogen die Charterunternehmen von Tempelhof zum Berliner Flughafen Tegel um, wo 1974 der Hauptterminal einer neuen Flughafenanlage eröffnet wurde. Die Umstellung der internationalen Fluggesellschaften auf Düsenmaschinen brachte das Aus für Tempelhof als Großflughafen aufgrund seines kurzen Rollfeldes und seinen Kapazitätsgrenzen. Zwischen 1975 und 1985 war er daher stillgelegt. 1985 wurde der aufgrund eines erhöhten Flugaufkommens für Geschäftsverkehr und Gesellschaften mit kleineren Flugzeugen wiedereröffnet.

Mit der Deutschen Einheit wurde 1990 – erstmals nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – die Lufthoheit an die deutschen Behörden übergeben. Nun flog auch die Lufthansa wieder von Tempelhof. Nach der Wiedervereinigung erlebte er eine zweite Blütezeit, bevor er am 30. Oktober 2008 endgültig in Hinsicht auf die Eröffnung des neuen Großflughafens BER in Schönefeld für den Flugverkehr stillgelegt wurde. Der Flughafen steht seit 1995 unter Denkmalschutz und wurde am 1. Juni 2011 in den Kreis der Historischen Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland aufgenommen.

Menschen skaten auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof bei warmem Frühlingswetter am 9. Mai 2021 in Berlin. Foto: Michele Tantussi/Getty Images

Das Flughafengebäude beherbergt aktuell über 100 dauerhafte oder temporäre Mieter, vom Polizeipräsidenten bis zur Tanzschule. Rund ein Drittel des Gebäudes ist unsaniert und wird in den kommenden Jahren entwickelt. Zudem werden Räume für besondere Veranstaltungen vermietet. Das ehemalige Rollfeld ist seit 2010 ein über 300 Hektar großer öffentlicher Freizeit- und Erholungsraum.

In der wechselvollen Geschichte des Flughafens Tempelhof spiegelt sich die deutsche Geschichte mit all seinen Höhen und Tiefen wider. Er ist einerseits Symbol für die machtvollen Ambitionen des nationalsozialistischen Deutschlands, Berlin zur Welthauptstadt zu machen, die Niederlage des 3. Reiches und die nach Kriegsende aufkeimende Hoffnung West-Berlins wieder Metropole zu werden – ohne die Last der NS-Zeit. Und andererseits ist er Teil des Spannungsfeldes zwischen Besatzung und Repression – Flucht und Freiheit.



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