Meinungsfreiheit
„Vollidiot“-Urteil: Habeck scheitert mit Klage, X-Nutzer freigesprochen
Ein Nutzer der Plattform X wurde vom Amtsgericht Passau freigesprochen, nachdem er Robert Habeck als „Vollidioten“ bezeichnet hatte. Das Gericht sah in der Bezeichnung „Vollidiot“ keine strafbare Beleidigung – und stärkte damit die Meinungsfreiheit gegenüber politischer Prominenz.

Hat mehrfach gegen Titulierung als „Vollidiot“ geklagt: Ex-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. (Archivbild)
Foto: Kay Nietfeld/dpa
Das Amtsgericht Passau hat einen Nutzer der Plattform X erstinstanzlich freigesprochen, nachdem er den damaligen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als „Vollidioten“ bezeichnet hatte.
Dies berichtete Anwältin Viktoria Dannenmaier von der Kanzlei HAINTZ legal, die den Angeklagten vertreten hatte.
Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage nach den Paragrafen 185 (Beleidigung) und 188 (Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung) erhoben. Das Gericht schloss sich deren Auffassung nicht an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Nutzer spielte auf Habeck-Zitat aus 2010 an
Der X-Nutzer hatte den damaligen Minister als „Vollidiot, der Vaterlandsliebe stets zum Kotzen fand, und unser Land zugrunde richtet“ bezeichnet. Damit spielte er auf ein Zitat des Grünen-Politikers an, das aus dessen 2010 erschienenem Buch „Patriotismus: Ein linkes Plädoyer“ stammt. Dieses lautete:
„Patriotismus, Vaterlandsliebe also, fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht.“
Anders als die Staatsanwaltschaft vermochte das Gericht nicht zu erkennen, dass die Tat geeignet sei, „sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren“.
Diese Eignung verneinte der Richter unter anderem, weil der Kommentar keine Reichweite gehabt habe, die eine nennenswerte Wirkung im öffentlichen Raum erwarten ließe.
X-Nutzer wittern möglichen Freibrief – Sache ist jedoch komplexer
Eine Verurteilung wegen einfacher Beleidigung scheiterte hingegen daran, dass im vorliegenden Fall auch die Titulierung als „Vollidiot“ noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Diese sei zwar grob und polemisch. Allerdings sei bei der rechtlichen Beurteilung der sachliche Gesamtkontext zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall sei die inkriminierte Äußerung im Zusammenhang mit einer zugespitzten Kritik an der Wirtschaftspolitik gefallen.
Auf X feierten erste Nutzer die – nicht rechtskräftige – Entscheidung bereits als möglichen Freibrief, um den Ex-Minister in der in Rede stehenden Art und Weise zu titulieren.
Von Habeck angestrengte Verfahren
Demgegenüber führte die Bezeichnung Habecks als „Vollpfosten“ im Februar 2024 zu einem Strafbefehl über 2.100 Euro. Das Amtsgericht in Wunsiedel in Bayern verhängte diesen über einen Beamten, der diese Äußerung nur „satirisch“ gemeint haben will und von der „Heute-Show“ dazu inspiriert worden sei.
In Tübingen akzeptierte ein 80-jähriger pensionierter Richter eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen, die das Amtsgericht im Mai 2024 aussprach und das Landgericht im darauffolgenden Dezember bestätigte. Der Ex-Beamte hatte Habeck in einer breit gestreuten E-Mail als „Vollidiot“ bezeichnet. Allerdings war dies nicht der einzige Anlass der Strafverfolgung gewesen. Der Ex-Richter soll sich auch durch gegen Ausländer gerichtete Einträge der Volksverhetzung schuldig gemacht haben.
Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt etwa im „NiUS-Urteil“ vom April 2024 betont, dass die Meinungsfreiheit für die freiheitlich-demokratische Gesellschaft „schlechthin konstituierend“ sei. Politische Kritik sei daher besonders geschützt, solange sie nicht die Grenze zur Schmähkritik, Beleidigung oder Verleumdung überschreite.
Im April wurde ein Verfahren gegen einen ehemaligen Bundeswehrsoldaten vorläufig eingestellt, der Habeck wegen einer Titulierung als „Schwachkopf“ anzeigen ließ. Allerdings sind Verfahren wegen schwerwiegender Tatvorwürfe weiterhin anhängig. Im Kontext der Ermittlungen kam es auch zu einer Hausdurchsuchung.
Ebenfalls wurde das Anwesen eines Unternehmers am Tegernsee durchsucht. Dieser hatte entlang einer Straße Schmähplakate gegen die Grünen aufgestellt. Unter anderem warf er die Frage auf, ob Minister Habeck „überhaupt bis drei zählen“ könne. Am Ende stellte der gleiche Richter, der die Maßnahme genehmigt hatte, das Verfahren ein.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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