Berliner Pannenwahl – Voller Lohnausgleich für abgewählte Stadträte

Nach der Berliner Wahlwiederholung am 12. Februar hatten wohl viele gehofft, dass damit ein Ende der Skandale und Unregelmäßigkeiten rund um die Chaos-Wahl eingeläutet wurde. Jetzt sollen die abgewählten Stadträte von Grünen, SPD und Die Linke drei Jahre lang volles Gehalt bekommen. Am 16. März fällt die Entscheidung im Abgeordnetenhaus dazu.
Titelbild
Das Rote Rathaus in Berlin (Symbolbild).Foto: iStock
Von 15. März 2023

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17 Monate nach der letzten Wahl hatte Berlin erneut gewählt, da es 2021 zu so eklatanten Pannen kam, dass das Verfassungsgericht die Wahl anschließend für ungültig erklärt hat. Auch beim zweiten Durchgang mit dem Wahlsieger CDU, gefolgt von SPD und Grünen, gab es kleinere Probleme. So wurden beispielsweise mehr als 450 Briefwahlstimmen nicht berücksichtigt, ihre Auszählung musste nachgeholt werden.

Weitere Skandale sind ruchbar geworden, solche, die nicht mit vermeintlich organisatorischen oder technischen Fehlern zu erklären oder entschuldigen sind. Sie sind symptomatisch für den Zustand Berlins oder gar der ganzen Republik, wie der NDR vermutet, der sich von den Neuwahlen schon das „Ende einer peinlichen Episode“ erhofft hatte.

Offenbar weit gefehlt, denn wie sich herausstellt, gibt es neben dem offiziellen Wahlsieger CDU noch ein paar Wahlsieger der anderen Art: Von sich reden machen aktuell ein knappes Dutzend Stadträte von SPD, Linken, Grünen in den Rathäusern der Bezirke, die jetzt Platz machen müssen für neugewählte der CDU. Bei der Wiederholungswahl hatte die CDU die Mehrheit in neun Bezirken klar gewonnen. Elf Posten, Stadträte und Bezirksbürgermeister stehen den Christdemokraten jetzt zu. Die SPD muss demnach sechs Stellen abgeben, die Linke drei und die Grünen zwei.

Dank schneller Verbeamtung: Wahlgewinner trotz verlorener Wahl

Auch wenn diese ihren Posten räumen müssen, haben die Betroffenen allerdings Glück im Unglück. Mehr noch, in gewisser Weise kann man sie sogar als Wahlgewinner bezeichnen: Denn sie wurden 2021 direkt nach der Chaos-Wahl zu Beamten ernannt. Diese Ernennung gilt offiziell bis zum Herbst 2026, dem Ende der Legislaturperiode. Diese wird, so ist die rechtliche Situation, durch die Wahlwiederholung nicht ausgesetzt oder gar beendet, sondern läuft weiter – wie wahrscheinlich die vollen Bezüge der Stadträte der abgewählten Parteien.

Drei Jahre lang: Hundert Prozent Gehalt ohne Leistung

Geplant ist, den Stadträten den Abschied mit einhundert Prozent Gehalt für weitere drei Jahre bis Herbst 2026 zu vergolden. Einhundert Prozent Gehalt bedeutet in diesen Fällen mindestens 9.142 Euro/brutto monatliche Vergütung – das macht insgesamt pro Kopf rund 330.000 Euro bis zum Ende der Legislaturperiode. Ohne viel umzudeuten, könnte man auch sagen: Für die Stadträte der Verliererparteien könnte deren Wahlniederlage somit zum Lottogewinn werden.

CDU jetzt auch mit 100 Prozent dabei

Noch vor der Wahl hatte die CDU in einem eigenen Gesetzentwurf ein Ruhegehalt gefordert, das bei 71,5 Prozent der normalen Bezüge für Bezirksamtsmitglieder liegen sollte. Jetzt haben sich die CDU mit SPD, Grünen, Linkspartei zu einer neuen gesetzlichen Regelung verständigt: Die CDU-Kandidaten übernehmen die Aufgaben der bisherigen Stadträte, die Vorgänger werden bei 100 Prozent Gehalt freigestellt. Auch damit sie nicht klagen. Denn die Alternative – eine Abwahl der Stadträte – wäre zwar theoretisch möglich, ist aber unwahrscheinlich, da dafür breite Mehrheiten benötigt würden. Auch mit einem freiwilligen Rücktritt – Möglichkeit Nummer zwei – die immensen Kosten einzusparen, ist nicht zu rechnen. Die Pensionsansprüche gingen verloren.

Vier Millionen fürs Nichtstun

Diesem Vorschlag haben jetzt alle Parteien zugestimmt. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll in zwei Tagen, am 16. März, zur Abstimmung kommen. „t-online“ rechnet die Folgen bei einer Verabschiedung des Gesetzes zusammen:

„Wenn der Gesetzesentwurf also das Abgeordnetenhaus passiert, drohen der Stadt – im günstigsten Fall […] – Unkosten in Höhe von 100.572,12 Euro pro Monat. Die nächste Wahl für das Berliner Abgeordnetenhaus steht planmäßig im Herbst 2026 an.“

Das würde eine Gesamtsumme von über vier Millionen Euro ausmachen, für die keine Leistung erbracht würde. Der „Tagesspiegel“ rechnete zur besseren Vorstellung den Gesamtbetrag in die Berliner Währung „Döner“ um:

„Bei einem durchschnittlichen Dönerpreis in Berlin von 5,41 Euro (Stand Ende 2022) entsprechen die vier Millionen knapp 740.000 Dönern. Für die stattliche Summe könnte man jeden Bewohner von Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg satt machen.“

„Erschütternde Selbstbedienungsmentalität“

Satt scheint es allein die AfD zu haben. Doch vielleicht regt man sich dort auch nur auf, weil die AfD am wenigsten davon profitiert, nämlich gar nicht. „Die Pläne offenbaren eine erschütternde Selbstbedienungsmentalität aller Parteien“, so AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker (50). „Mehr als drei Jahre lang 100 Prozent ihrer jetzigen überaus großzügigen Bezüge fürs Spazierengehen zahlen zu wollen, ist nur noch dreist.“ Das sei, so Brinker gegenüber dem RBB, „eine ungeheure Respektlosigkeit gegenüber den Steuerzahlern, die diese Exzesse nicht nur bezahlen müssen, sondern auch von einer derartigen Absicherung gegen Arbeitslosigkeit nur träumen können.“

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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