Renaissance des Nutzgartens: „Wir gönnen uns was“

Für die einen ist ein schöner Garten ein „Zufluchtsort“, andere wollen sich selbst versorgen. Bei jungen Menschen ist der Trend längst angekommen. Die Branchenbetreiber sehen eine Renaissance des Nutzgartens. Auch die derzeitige Inflation und Lieferengpässe schaden der Nachfrage wohl kaum.
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Frische Kräuter in Tontöpfen. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times10. Juli 2022

Der Garten bleibt auch in Krisenzeiten ein wichtiges Thema bei den Deutschen. Der Nutzgarten erlebe eine Renaissance, sagt Gardena-Sprecher Heribert Wettels. Anders als früher sei das auch bei 20-Jährigen ein riesiges Thema. „Selbst wenn es nur ein Balkon ist, auf dem sie was pflanzen.“

Allerdings ist der Gartenboom aus Sicht des Ulmer Unternehmens nicht nur der Corona-Pandemie zu verdanken. „Das Thema Garten ist seit Jahren Trend“, sagt Wettels. Erstmals knackte Gardena im vergangenen Jahr die Milliardenschwelle beim Umsatz. Damit habe sich dieser in den vergangenen sechs Jahren verdoppelt. Und im ersten Quartal 2022 betrage das Plus fünf Prozent. „Die Nachfrage ist ungebrochen.“

Vom Garten als Zufluchtsort spricht Verbandssprecher Brüningholt. Hackstein wiederum verweist darauf, dass manche Menschen es gerade in Krisenzeiten zu Hause schön haben wollten. „Wir gönnen uns was, dazu gehören auch schöne Pflanzen.“ In den Corona-Lockdowns sei der Garten mehr oder weniger alternativlos gewesen, sagt sie – räumt aber ein, diesen Sommer würden sicher wieder mehr Menschen im Urlaub verreisen.

Auch Corthum-Geschäftsführer Burkhardt ist zuversichtlich, dass Erde und Rindenmulch weiter gekauft werden. „Die Landschaftsgärtner haben immer noch volle Bücher“, sagt er.

Folgen des Ukraine-Kriegs: Gärtnern wird teurer

Die Folgen des Ukraine-Kriegs machen sich allerdings auch bis in den heimischen Garten bemerkbar. Weil einige Bestandteile von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln vorrangig aus der Ukraine und Russland kommen, steigen die Preise deutlich, wie Anna Hackstein, Geschäftsführerin des Industrieverbands Garten, sagt.

Da der Dünger Blumenerde beigemischt wird, sei diese genauso von Preissteigerungen betroffen. Hinzu kämen auch beim Thema Garten höhere Energiepreise. Die Verarbeitung von Holzfaserprodukten als Alternative zu Torf etwa ist Hackstein zufolge sehr energieintensiv. „Da war die Lage vorher schon angespannt, jetzt ist sie noch angespannter.“

Zudem beeinflussen unterbrochene oder eingeschränkte Lieferketten die Gartenbranche: Viele Unternehmen bezögen zumindest Teile für Möbel, Grills und andere Geräte aus Asien, sagt Hackstein. Manche produzierten komplett dort. „Die sind immens betroffen.“

Zwei Euro mehr für den Kubikmeter Pflanzenerde

Noch sind manche Anstiege moderat: Bei Corthum kostet der Kubikmeter Pflanzenerde 58 Euro netto ab Werk, 2 Euro mehr als vergangenes Jahr. Das Unternehmen aus Marxzell im Nordschwarzwald beliefert Garten- und Landschaftsbauer sowie Händler wie Gartencenter vor allem im Süddeutschland. Kunden können auch am Werk Produkte wie Pflanzenerde und Rindenmulch kaufen. Die Preislisten gelten eigentlich ein Jahr lang, wie Geschäftsführer Nick Burkhardt sagt. Zum ersten Mal hätten sie nun innerhalb des Jahres einzelne Preise angehoben. „Und nächstes Jahr müssen wir vielleicht etwas stärker anpassen.“

Auch Burkhardt verweist auf den Dünger. „Der ist extrem teuer geworden“, sagt er. Organischer Dünger, den Corthum zu den Erden gibt, sei zeitweise überhaupt nicht lieferbar gewesen. Gestiegene Spritpreise wirken sich auf den Lkw-Fuhrpark aus. Und auch Folie für die Verpackung sei bis zu 40 Prozent teurer geworden, sagt Burkhardt.

Der Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten spricht von einer wesentlich höheren Zahl an Preiserhöhungen. Auch spüre die Branche eine gewisse Zurückhaltung der Verbraucher – gerade im Vergleich zu den beiden Corona-Jahren, in denen viele ihren Garten auf Vordermann brachten und kräftig investierten. „Die haben uns die Bude eingerannt, wortwörtlich“, sagt Corthum-Geschäftsführer Burkhardt.

Allein die Bau- und Heimwerkermärkte in Deutschland erzielten im vergangenen Jahr einen Bruttoumsatz von mehr als 24 Milliarden Euro. Nach einem starken Anstieg im ersten Corona-Jahr war die Tendenz in vielen Segmenten 2021 allerdings eher rückläufig.

„Jetzt scheinen die Menschen eher abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt“, sagt Verbandssprecher Jörn Brüningholt. „Was kommt auf uns zu bei Heizkosten, beim Tanken, bei Lebensmitteln?“ Die Leute seien vorsichtiger geworden, ist sein Eindruck. „Im Augenblick hat keiner so richtig Lust zu investieren.“

Allerdings seien Hochbeete nun sehr gefragt, sagt Brüningholt – durchaus auch hochwertige. Sie würden sogar auf Balkone gebaut, auf dass sich die Menschen mit Tomaten, Radieschen, Salat und Co. selbst versorgen. Nur wegen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs werde der Bau ja nicht eingestellt, so Corthum-Geschäftsführer Burkhardt. (dpa/dl)



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