Begnadigung
Belarus lässt 123 politische Gefangene frei - auch Friedensnobelpreisträger Beljazki
In Belarus lässt Machthaber Lukaschenko auf Drängen von US-Präsident Trump viele Gefangene frei, darunter große Namen. Er erkauft sich damit auch ein Ende von Sanktionen und kann mit den USA handeln.

Belarus hat sich mit der Freilassung von Gefangenen auch Zugeständnisse der USA, die Aufhebung von Sanktionen, erkauft.
Foto: Mindaugas Kulbis/AP/dpa
Auf Drängen der USA hat in Belarus Machthaber Alexander Lukaschenko 123 politische Gegner nach jahrelanger Gefangenschaft in die Freiheit entlassen.
Opposition und Menschenrechtler teilten mit, dass unter ihnen auch prominente Oppositionelle wie Maria Kolesnikowa, Viktor Babariko, Maxim Snak und der Friedensnobelpreisträger Ales Beljazki seien.
Die belarussische Opposition im Exil in der EU sprach von „unglaublichen Neuigkeiten“ und einem Tag der Freude. Kolesnikowa und Babariko umarmten sich überglücklich lachend bei ihrem ersten Wiedersehen nach mehr als fünf Jahren.
Von einem „großen Glück“ sprach Kolesnikowa, dem ersten Sonnenuntergang wieder in Freiheit. „Dennoch denke ich natürlich an diejenigen, die noch nicht in Freiheit sind. Ich sehne den Moment herbei, dass wir uns alle umarmen können“, sagte sie in einem in Babarikos Telegram-Kanal veröffentlichten Video. Babariko selbst sagte, dass sein Sohn noch in Gefangenschaft sei.
Freilassungen erfolgten auf Trumps Bitte hin
Die Freilassung sei im „Rahmen der mit US-Präsident Donald Trump getroffenen Vereinbarungen und auf dessen Bitte hin“ erfolgt, teilte Lukaschenkos Pressedienst in Minsk mit.
Es gab zunächst keine offizielle Liste der Freigelassenen. In Belarus hielt sich den offiziellen Angaben nach eine US-Delegation auf.
Das belarussische Menschenrechtszentrum „Wesna“ von Beljazki veröffentlichte einzelne Namen freigelassener Gefangener, von denen neun direkt ins benachbarte Litauen „deportiert“ seien. Auch Beljazki war unter ihnen.
Unter den Freigelassenen seien auch Journalisten. „Wesna“ betonte, die Ausreisen seien zwangsweise erfolgt. Bisweilen wollen nicht alle Gefangenen ihre Heimat für immer verlassen.
Ausreise über die Ukraine
Mehr als 100 Gefangene wurden per Bus außer Landes in die Ukraine gebracht. Unter ihnen war auch Kolesnikowa, die auf einem von der Opposition im Exil veröffentlichten Foto auf einem Sitz mit ihren zu einem Herz geformten Fingern in die Kamera lächelte.

Die prominente belarussische Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa ist nach jahrelanger Haft wieder in Freiheit. (Archivbild)
Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa
In der litauischen Hauptstadt Vilnius sagte ihre Schwester Tatjana Chomitsch, dass sie Maria erwarte. Bei einem Telefonat habe ihre Schwester ihr gesagt, dass sie US-Präsident Trump und allen an der Befreiung Beteiligten dankbar sei.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, dass unter den Freigelassenen auch mehrere Staatsbürger seines Landes seien. Demnach sei Kiew an den Vorbereitungen zur Freilassung der Gefangenen beteiligt gewesen. Auch Selenskyj dankte den USA für ihre aktive Rolle. Er sagte, dass es nun darum gehen müsse, auch alle Ukrainer in russischer Kriegsgefangenschaft nach Hause zu holen.
Schon zuletzt hatte Lukaschenko Gefangene auf Drängen der USA freigelassen. Grund des Schritts sei auch die Aufhebung der Sanktionen gegen die Kalium-Industrie der Republik Belarus, teilte die Führung in Minsk weiter mit.
Belarus gilt als wichtiger Produzent von Düngemitteln und kann nun wieder mit den USA handeln. Die EU-Sanktionen gegen Belarus sind wegen Lukaschenkos Unterstützung für den Ukraine-Krieg aber weiter in Kraft.
Lukaschenko will Beziehungen zu den USA verbessern
Lukaschenko habe Bürger verschiedener Länder begnadigt, „die nach den Gesetzen der Republik Belarus wegen verschiedener Straftaten – Spionage, terroristische und extremistische Aktivitäten – verurteilt wurden“, hieß es.
Die Verurteilten hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sie galten als politische Gefangene, weil sie an Protesten gegen Lukaschenkos Dauerherrschaft teilgenommen hatten.
Es handele sich um eine Geste auf „Bitten anderer Staatschefs und aus humanitären Gründen sowie aufgrund allgemeiner menschlicher und familiärer Werte“, teilte Lukaschenkos Pressedienst mit. Ziel sei es, die positive Dynamik der Beziehungen zu den Partnerländern von Belarus zu beschleunigen und die Lage in der gesamten europäischen Region zu stabilisieren.
Kolesnikowa führte Proteste gegen Lukaschenko an
Lukaschenko erkaufte sich mit der Freilassung der Gefangenen unter US-Vermittlung zuletzt auch die Aufhebung von anderen Sanktionen gegen das Land, darunter die staatliche Fluggesellschaft Belavia, die in der EU wie russische Linien auch Flugverbot hat. Lukaschenko hatte sich auch offen gezeigt, Kolesnikowa gehen zu lassen.
Allerdings müsse sie dafür ein Gnadengesuch unterschreiben, sagte Lukaschenko, der als letzter Diktator Europas verschrien ist. Er sprach nun offiziell auch von Begnadigung.
Kolesnikowa gehörte zu den Anführerinnen der Massenproteste nach der von beispiellosen Manipulationsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl 2020. Machthaber Lukaschenko ließ die Proteste niederschlagen. Sie wurde im September 2020 festgenommen und ein Jahr später wegen Verschwörung zum Umsturz zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt. Bei ihrer Festnahme hatte sie damals eine Zwangsausreise verhindert, indem sie ihren Pass zerriss, um in ihrer Heimat bleiben zu können.
In dem Land sind nach den Entlassungen der vergangenen Monate immer noch Hunderte Kritiker Lukaschenkos in Haft. „Wesna“ nennt eine Zahl von mehr als 1.000 Gefangenen. Der Lukaschenko-Gegner Nikolai Statkewitsch, der ebenfalls in diesem Jahr unter US-Vermittlung freigelassen worden war, verweigerte seine Ausreise – und kam wieder in Haft. (dpa/red)
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