Kanada: Gekommen um zu bleiben – Erste Erfolge für die Trucker

Der Bürgermeister erklärte den Ausnahmezustand, die Trucker bleiben heiter. Erste Erfolge gibt es bereits.
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Die Proteste drohen sich zu einer ausgewachsenen politischen Krise für Premierminister Justin Trudeau auszuweiten.Foto: DAVE CHAN/AFP via Getty Images
Von 11. Februar 2022

Die Zäune vor Ottawas Parlament sind mit Hunderten handgemalten Protestschildern übersät, Trucker versammeln sich um provisorische Feuerstellen gegen die Winterkälte. Gelegentlich erklingt ein tiefes Hupen eines der großen Trucks. Auf den massiven Fahrzeugen kann man lesen „Freiheit“ oder auch „Liebe statt Hass“. Cowboys auf ihren Pferden, spontanes Streethockey, Flaggen aus allen Nationen. Ottawa ist bunt im kalten Schnee.

Der „Freedom Convoy“ der Lkw-Fahrer begann am 9. Januar im weiten Westen Kanadas. Trucker protestieren mit ihren Mitteln gegen die neue Regel, die ihnen eine Impfung vorschreibt, wenn sie die Grenze zu den USA überqueren wollen. Die Fahrt in die kanadische Hauptstadt Ottawa inspirierte Menschen in der ganzen Welt, Fahrten nach Brüssel sind in Vorbereitung. Die Fahrer wollen in Ottawa bleiben, bis die COVID-19-Vorschriften aufgehoben sind.

Ausnahmezustand erklärt

Die Stadt-Oberen fühlen sich gestört. Am 6. Februar, am Sonntag, erklärte der Bürgermeister von Ottawa den Ausnahmezustand in der Hauptstadt. Jim Watson sagte, die Proteste seien „außer Kontrolle geraten“. Er bat die Bundesregierung um zusätzliche 1.800 Polizisten – und einen Mediator –, um diese „Belagerung zu beenden“ und um mit den Demonstranten zusammenzuarbeiten.

Die Polizei in Ottawa begann damit, „Tausende Liter“ Kraftstoff zu beschlagnahmen und warnt, dass jeder, der den Truckern Vorräte wie Lebensmittel (oder auch Klopapier) bringen würde, verhaftet werden könne. Später wurde von sieben Festnahmen berichtet. Die Maßnahme ist umstritten und wird laut Augenzeugen auch nicht von allen Polizisten umgesetzt. Anwalt Nicholas Wansbutter erklärt, dass „Menschen, die friedlich protestierenden Truckern Lebensmittel, Wasser, Benzin oder andere Vorräte bringen, kein Gesetz brechen. Es gibt keine Grundlage für diese polizeiliche Drohung.“

Diane Deans, Mitglied im Stadtrat von Ottawa, versucht, die Bewegung mit einem „Aufstand“, einer „Belagerung“ und „Terrorismus“ zu vergleichen: „Wir sind am achten Tag dieser Besatzung. Unsere Stadt wird belagert.“ Was sie sehen würden, sei größer als nur ein Problem der Stadt Ottawa, es sei ein landesweiter Aufstand. „Wir können nicht zulassen, dass diese Art von Terrorismus in unserer Gemeinde auf diese Weise fortgesetzt wird.“ Die Trucker würden die Bewohner der Stadt mit „unaufhörlichem Hupen foltern“, bedrohen und sie daran hindern, ihr Leben zu führen.

Was es nicht gibt, sind die Dinge, die „Black Lives Matter“ oder Mobs in Seattle zeigten: Gesetzlosigkeit, Zerstörung von Eigentum, Amokläufe, Aufrufe zum Niederbrennen von Polizeigebäuden, Plünderungen.

Das Eingangstor des kanadischen Parlaments am 7. Februar 2022 in Ottawa. Die Hauptstadt ist in einigen Straßen seit Tagen lahmgelegt. Foto: DAVE CHAN/AFP via Getty Images

Trucker sind höflich, bescheiden, friedlich

Dass die Einwohner von Ottawa „in ihrer eigenen Stadt effektiv als Geiseln gehalten wurden, blockiert von einer wütenden, lauten, intoleranten und gewalttätigen Menge“, wie der Minister für Öffentliche Sicherheit, Marco Mendicino, es nannte, kann unsere kanadische Redaktion vor Ort nicht bestätigen. Es gehe vielmehr heiter und friedlich zu.

Das friedliche Bild ist durch eidesstattliche Erklärungen bewiesen, die beim Justice Centre for Constitutional Freedoms hinterlegt wurden. Ein Einwohner von Ottawa erklärt unter Eid, dass die „Trucker, mit denen ich zusammengearbeitet habe, jederzeit freundlich, höflich, bescheiden, rücksichtsvoll und friedlich waren. Ich habe keine aggressiven oder unangemessenen Verhaltensweisen beobachtet.“ Nachts würden sie nicht ihre Signalhörner betätigen, sein Alltag würde nicht durch Lärm behindert.

Ein anderer: „Ich habe keine hasserfüllten Symbole gesehen, tatsächlich sah ich eine Fülle von kanadischen Flaggen und Quebec-Flaggen sowie unzählige Zeichen, die Freiheit und das Ende von COVID-bezogenen Verordnungen forderten. Ich habe einige Anti-Trudeau-Flaggen in derber Sprache gesehen. Ich würde die Szene jedoch als friedliche, freiheitsfreundliche Demonstration beschreiben.“ Es sei eine friedliche und lustige Atmosphäre, es wurde getanzt. „Ich habe nicht beobachtet, wie jemand belästigt oder eingeschüchtert wurde. Ich fühlte mich völlig sicher.“

Jay Cameron, Staatsanwalt und Direktor für Rechtsstreitigkeiten am Justice Centre, bilanziert: „Die Menschen sind es leid, von einer gleichgültigen Elite ignoriert zu werden. Der Mangel an sinnvoller Demokratie bedeutet, dass die Bürger keine Stimme in Bezug auf Gesundheitsmaßnahmen haben. Sie haben ein Recht auf friedliche Proteste und darauf, dass ihre Stimmen gehört werden.“ 

Das Justice Centre vertritt die Trucker in einer aktuellen Sammelklage einer Gruppe von Einwohnern Ottawas. Sie fordern Schadenersatz in Höhe von 9,8 Millionen Dollar – für Schäden durch „unerträglich lautes Hupen“. 

„Ich habe noch nie eine solche Kameradschaft gesehen“

Von der kanadischen Regierung würde die Bevölkerung „absichtlich“ über die Vielfalt des Protestes „irregeführt“, sagt Travis Smith, außerordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Concordia University im Gespräch mit Journalisten der Epoch Times Kanada. „Die Regierung und ihre Medien arbeiten seit Langem angestrengt daran, die Bürger gegeneinander aufzuhetzen, damit die Menschen die Schuld für die anhaltenden Schwierigkeiten, die ihnen auferlegt werden, nicht dort suchen, wo sie hingehört.“ Diese Politik der Spaltung müsse beendet werden.

Ginny Bruneau, eine Frau der Cold Lake First Nations mit Sitz in Edmonton, berichtet, sie habe am 29. Januar die Reise nach Ottawa unternommen, um sich für Menschenrechte und Rechte der indigenen Völker einzusetzen. Sie traf Demonstranten aus allen Provinzen und mit verschiedenstem Hintergrund, Geimpfte und Ungeimpfte, sowie viele verschiedene First-Nations-Leute. „Ich habe dort nie eine Nazi-Flagge und überhaupt keinen Rassismus gesehen“, sagte sie. „Tatsächlich habe ich das Gegenteil gesehen. Ich habe noch nie solche Kameradschaft gespürt und gesehen, dass Kanadier von überall zusammenkommen.“

Unterstützung der Proteste durch eine warme Suppe, 8. Februar 2022 in Ottawa. Foto: DAVE CHAN/AFP via Getty Images

GoFundMe und GiveSendGo

Ein Skandal um Geldspenden an die Trucker beschäftigt ebenfalls das Land, in welchem laut Innovative Research Group Ende Januar jeder Dritte (31 Prozent) den Trucker-Protest unterstützte. 46 Prozent äußerten sich dagegen.

Über die Spendenplattform GoFundMe kamen Anfang Februar binnen weniger Tage 7,9 Millionen US-Dollar zusammen. Am 5. Februar gab die Plattform bekannt, dass sie das Geld nicht an die Organisationen des „Freedom Convoy“ übergeben, sondern an „etablierte, von GoFundMe verifizierte Wohltätigkeitsorganisationen“ senden werde. Wenig später ruderte GoFundMe zurück und teilte mit, dass automatisch alle Beiträge direkt an die Spender zurückgebucht werden. 

Insidern sagen, dass diese Aktion auf einer direkten Einmischung der Behörden beruht. Entsprechende Gespräche fanden statt. Das zeigt sich auch darin, dass, nachdem GoFundMe die Mittel gezogen hatte, der Bürgermeister dem Unternehmen dafür dankte, dass es „das Plädoyer der Stadt und der Polizei von Ottawa gehört hat, den Konvoi-Organisatoren keine Mittel mehr zur Verfügung zu stellen“. 

Organisatoren der Trucker wandten sich auch an die christliche Konkurrenz-Plattform GiveSendGo, um darüber Spenden zu sammeln. Sie erreichte 4,3 Millionen US-Dollar, bevor diese wegen „Bot-Cyberangriffen“ temporär ausfiel, wie eine Sprecherin dem kanadischen Büro der Epoch Times mitteilte. Mittlerweile ist sie wieder erreichbar und sammelt weiter. 

Jacob Wells, CEO und Gründer von GiveSendGo, wirft Big Tech und der GoFundMe einen „autoritären Stil“ vor, der Voreingenommenheit fördert und eine weitere Spaltung verursacht. „Big Tech hat es wirklich auf sich genommen, die Schiedsrichter der Wahrheit zu sein.“ Diese Position sollten sie nie einnehmen, das verursache mehr Schaden als Nutzen, zitiert ihn „Fox News Digital“. 

Trucker und Trudeau

Die konservative Interimsführerin Candice Bergen plädierte im kanadischen Unterhaus am 7. Februar dafür, dass Premierminister Justin Trudeau seine Reaktion auf die COVID-19-Pandemie „entpolitisieren“ müsse. Zudem solle er die Corona-Maßnahmen beenden. 

Verkehrsminister Omar Alghabra fährt gleichzeitig eine harte Linie. Er erwartet von den Provinzen, dass sie ihre Befugnisse nutzen, um die Lizenzen oder die Versicherung der Trucker auszusetzen, die den Protestkonvois gesehen wurden. 

Eindeutige Ansage vor den schweren Lastwagen. Foto: DAVE CHAN/AFP via Getty Images

Die Lösung ist aus der Sicht der Demonstranten jedoch einfach. Benjamin Dichter, einer der Organisatoren der Proteste, erklärt: „Bei allen, die sich ärgern, entschuldigen wir uns. Bitte rufen Sie Justin Trudeau und sein Büro an und lassen Sie die COVID-19-Vorschriften aufheben – dann sind wir hier raus.“

Sie seien bereit, mit der Regierung zu sprechen, aber bisher habe sich kein Regierungsvertreter mit ihnen in Verbindung gesetzt. „Das Erste, was sie tun müssen, ist uns anzurufen. … Wir sitzen hier, wir warten am Telefon.“

Wie wäre es mit Abschleppen? 

Die Stadt Ottawa beauftragte bereits diverse Abschleppunternehmen, erfuhr CBC am 7. Februar anonym unter dem Siegel der Verschwiegenheit von entsprechenden Unternehmen. Die Unternehmen weigerten sich jedoch.

Aus Sicht des Truckers Lloyd Crowe aus Picton (Ontario), den CBC befragte, ist die Ursache dafür einfach. Einerseits wollen sie ihre guten Beziehungen zu den LKW-Fahrern nicht verlieren. Es ist ihre Kundschaft. Zum anderen ist das Abschleppen eines schweren Trucks, der nicht bewegt werden will, physisch nahezu unmöglich.

Abgesehen von der schieren Größe (amerikanischer) LKWs, verfügen diese über ein Druckluftbremssystem. Ohne Druckluft sind die Bremsen „zu“, sodass die tonnenschweren Trucks wortwörtlich weggeschleift werden müssten.

„Nichts könnte sie bewegen, außer vielleicht ein großer Abschlepper. Und kein Abschleppwagen, der etwas taugt, wird auch nur in die Nähe kommen – denn sie sind auf der Seite der Trucker“, zitiert CBC Lloyd Crowe. Crowe parkt seit vergangenem Wochenende nur wenige Blocks vom Parliament Hill entfernt. Er macht sich zumindest keine Sorgen, abgeschleppt zu werden.



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