Militär und Polizei räumen größtes Protestcamp in Hauptstadt Colombo

Titelbild
Ein Polizist geht am 21. Juli 2022 in der Nähe der Residenz des Präsidenten in Colombo an einer Wand mit Parolen gegen die Regierung vorbei.Foto: ARUN SANKAR/AFP via Getty Images
Epoch Times22. Juli 2022

Im krisengebeutelten Sri Lanka haben Sicherheitskräfte wenige Stunden nach der Vereidigung des neuen Präsidenten Ranil Wickremesinghe das größte Protestcamp regierungskritischer Demonstranten in der Hauptstadt Colombo geräumt.

Neun Menschen seien dabei festgenommen und zwei verletzt worden, erklärte die Polizei. Hunderte Soldaten entfernten in der Nacht auf Freitag Barrikaden vor dem Präsidentenpalast und vertrieben die vor Ort verbliebenen Demonstranten.

Bewaffnet gegen Demonstranten

Die Soldaten und Spezialeinheiten der Polizei gingen mit Schlagstöcken und automatischen Sturmgewehren bewaffnet auf die Demonstranten los. Die Einsatzkräfte riegelten den Präsidentenpalast ab und sperrten die wichtigsten Zugangsstraßen für den Verkehr. Vor dem Palast harrten noch mehrere hundert Menschen aus. Sie fordern den Rücktritt von Wickremesinghe. Sie machen Wickremesinghe neben seinem geflüchteten Amtsvorgänger Gotabaya Rajapaksa für die schwere Krise im Land mitverantwortlich.

Der Einsatz wurde durchgeführt, kurz bevor der am Donnerstag offiziell ins Amt eingeführte Wickremesinghe seinen politischen Rivalen Dinesh Gunawardena als Ministerpräsidenten vereidigte. Die beiden sind zwar seit der Schulzeit befreundet, vertreten aber politisch gegensätzliche Positionen. Wickremesinghe ist ein pro-westlicher Befürworter freier Märkte. Gunawardena ist hingegen ein Nationalist, der eine sozialistische Politik und eine größere staatliche Kontrolle der Wirtschaft befürwortet. Sein Kabinett sollte im Verlauf des Freitags vereidigt werden.

Hunderte Aktivisten demonstrierten nach der Auflösung des Protestcamps gegen den Einsatz der Sicherheitskräfte. Dabei forderten sie erneut den Rücktritt Wickremesinghes, die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen.

Internationale Kritik

Der harte Einsatz des Militärs und der Polizei gegen die Demonstranten löste international Kritik aus. Die US-Botschafterin in Colombo, Julie Chung, sprach ihre „tiefe Besorgnis“ aus und forderte eine umgehende ärztliche Versorgung der Verletzten. Der kanadische Botschafter David McKinnon forderte die srilankischen Behörden zur „Zurückhaltung“ und zum Verzicht auf Gewalt auf.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte zum Respekt der Meinungsfreiheit auf und warf den Behörden Gewalt gegen Journalisten vor, die über den Einsatz berichteten. Unter ihnen sei auch ein Fotograf der britischen Rundfunkanstalt BBC.

Wirtschaftskrise

Sri Lanka erlebt derzeit die schwerste Wirtschaftskrise des Landes seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1948. Die Regierung Sri Lankas war zuletzt nicht mehr in der Lage, die wichtigsten Importe wie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente zu finanzieren. Inzwischen hat Sri Lanka den Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie Russland um Hilfe gebeten.

Wickremesinghes Vorgänger Rajapaksa war am 9. Juli vor Massenprotesten außer Landes geflohen. Von Singapur aus erklärte er später seinen Amtsverzicht. Die Wut der Demonstranten richtete sich auch gegen seinen damaligen Regierungschef Wickremesinghe.

Bei den Massenprotesten der vergangenen Monate hatten die Demonstranten auch Wickremesinghes Rücktritt gefordert. Sie warfen ihm vor, die Interessen des einflussreichen Rajapaksa-Clans zu schützen. Dieser habe die Politik Sri Lankas seit zwei Jahrzehnten dominiert. (afp/mf)



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