EU-Plan für Atom- und Gaskraftwerke: Ampel-Konfliktstoff?

Der Plan der EU-Kommission, bestimmte Investitionen in Atom- und Gaskraftwerke als nachhaltig einzustufen, sorgt für Aufregung - besonders bei den Grünen.
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Atomkraftwerk.Foto: iStock
Epoch Times3. Januar 2022

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Nach dem umstrittenen Vorschlag der EU-Kommission zur indirekten Förderung moderner Atom- und Gaskraftwerke steht die Frage im Raum, wie die rot-grün-gelbe Bundesregierung damit umgeht.

„Wir werden die EU-Vorlage jetzt schnell prüfen und uns in der Bundesregierung abstimmen“, sagte Umweltministerin Steffi Lemke der „Rheinischen Post“ (Montag). Die Grünen-Politikerin hatte die Kommissionspläne zur Atomkraft bereits am Wochenende scharf kritisiert, ebenso wie Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne).

FDP: Vorschlag richtig

„Die EU-Kommission erzeugt die große Gefahr, wirklich zukunftsfähige, nachhaltige Investments zugunsten der gefährlichen Atomkraft zu blockieren und zu beschädigen“, sagte Lemke der „Rheinischen Post“. „Auch die Aufnahme von Erdgas halte ich für fragwürdig.“ Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich hingegen grundsätzlich positiv zum Vorschlag hinsichtlich moderner Gaskraftwerke.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Lukas Köhler machte deutlich, dass eine Blockade des EU-Vorschlags aus seiner Sicht keine Option ist. „Aus unserer Sicht wird es keine qualifizierte Mehrheit gegen den Vorschlag der Kommission zur Atomkraft geben, deswegen ist es richtig, an diesem Vorschlag weiterzuarbeiten“, sagte er der „Welt“.

Der FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki sagte der „Bild“: „Wir müssen jedenfalls innerhalb der Ampel einen Konsens darüber finden, wie wir den Ausgleich zwischen den Zielen der CO2-Reduktion und der stabilen Energieversorgung hinbekommen. Denkverbote jeglicher Art helfen dabei nicht weiter.“ Mit Blick auf die Kritik von Habeck und Lemke sagte er dem Bericht zufolge: „Man ist im Übrigen kein guter Europäer, wenn man nur Entscheidungen akzeptiert, die einem passen.“

Gas als Übergangstechnologie

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mahnte, ein europäischer Energiemix müsse sich unterscheiden können von der Energieerzeugung in Deutschland. „Das müssen die Ampel-Parteien jetzt lernen“, sagte er der „Welt“. „Raus aus der Kernenergie, raus aus der Kohle, weg vom Gas, das kann sicher nicht für alle EU-Länder gleichzeitig funktionieren und übrigens auch nicht für Deutschland als energieintensives Land, das auch Stromimporte benötigt.“

Die EU-Kommission will Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich einstufen. Das geht aus dem Entwurf für einen Rechtsakt der Brüsseler Behörde hervor, der am Neujahrstag öffentlich wurde – und der für Entsetzen bei Umweltschützern und Kernkraftgegnern sorgte. Deutschland hatte sich gegen die Aufnahme der Atomkraft in die Taxonomie ausgesprochen, zugleich aber für ein grünes Label für Gas als notwendige Übergangstechnologie gekämpft. Für Länder wie Frankreich ist hingegen die Atomkraft eine Schlüsseltechnologie für eine CO2-freie Wirtschaft. Österreich drohte dagegen mit rechtlichen Schritten gegen die Pläne.

Die Einstufung von Wirtschaftstätigkeiten durch die EU-Kommission im Rahmen der sogenannten Taxonomie soll Anleger in die Lage versetzen, ihre Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umzustellen, und so wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis 2050 beitragen. Es wird damit gerechnet, dass sie weitreichende Auswirkungen hat, da sich als nachhaltig eingestufte Projekte deutlich leichter und günstiger finanzieren lassen dürften.

Grüne und SPD kritisch

Neben Habeck und Lemke hatte auch der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch die Kommissionspläne zu Atomkraftwerken scharf kritisiert. Auf die Frage, ob sich Deutschland einer möglichen Klage Österreichs anschließen solle, sagte Miersch, man setze auf Diskussionen und Verhandlungen.

„Eine Zustimmung zu den neuen Vorschlägen der EU-Kommission sehen wir nicht“, sagte Habeck. Er kritisierte auch die ebenfalls vorgeschlagene Aufnahme von fossilem Gas in die Taxonomie, sagte jedoch auch: „Immerhin macht die EU-Kommission hier aber sehr klar, dass Gas aus fossilen Brennstoffen nur ein Übergang ist und es durch grünen Wasserstoff ersetzt werden muss.“

Finanzminister Lindner sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Deutschland benötigt realistischerweise moderne Gaskraftwerke als Übergangstechnologie, weil wir auf Kohle und Kernkraft verzichten.“ In der Perspektive der Klimaneutralität sollten die Anlagen später mit Wasserstoff genutzt werden können. Deshalb habe die Bundesregierung dafür geworben, dass die entsprechenden Investitionen effektiv möglich seien. „Ich bin dankbar dafür, dass von der Kommission offenbar Argumente aufgegriffen wurden“, so der FDP-Chef. „Weitere Verbesserungen wären aus unserer Sicht denkbar.“ Dass die Bundesregierung zum Thema Kernenergie eine andere Auffassung vertrete als die Kommission, sei bekannt. (dpa/oz)



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