Steuert Deutschland in den Krieg hinein?

Die Diskussion, ob Deutschland zur „Kriegspartei“ geworden ist, erhitzt die Gemüter. Dabei scheint die Entscheidung darüber weniger von den Erklärungen deutscher Regierungspolitiker abzuhängen, sondern von den Einschätzungen des sich im Krieg befindenden russischen Präsidenten.
Titelbild
Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht.Foto: Getty Images | Sean Gallup Koall
Von 5. Mai 2022

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Weltweite Waffenlieferungen an Länder, auch an Kriegsparteien, sind gang und gäbe. Das betrifft auch von deutschen Rüstungsfirmen hergestellte Waffen. Das betrifft auch deutsche Lieferungen in die Ukraine.

Doch nun erlebt Deutschland, wie es Schritt für Schritt mit in den Krieg gezogen wird. In Ramstein werden nun monatliche internationale Spitzenmilitärtreffen abgehalten und die Ukraine fordert immer mehr und schwerere Waffen. Eine „Kriegspartei“-Diskussion erhitzt die Gemüter.

Für Putin ist „Deutschland längst Kriegspartei“

„Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen“, heißt es in einem bereits am 16. März erstellten Kurzgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags mit dem Titel: „Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme“.

Das war noch deutlich vor der Entscheidung des Deutschen Bundestags am 28. April, ukrainische Soldaten auszubilden. Dafür hatte nicht nur die Regierungskoalition der Ampel, sondern auch die CDU/CSU gestimmt. Zahlreiche Gegenstimmen gab es von den Linken und der AfD.

Laut „Tagesspiegel“ habe Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag erklärt, die Bundesregierung sei der Überzeugung, dass „die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland an Waffensystemen weiterhin keinen Kriegseintritt“ bedeute. Bezüglich Völkerrechtsargumenten meinte Hebestreit, dass man auch festhalten müsse, dass der Überfall Russlands auf die Ukraine dem Völkerrecht widerspreche.

Auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) gehe davon aus, „dass weder diese Ausbildung […] noch die Lieferung von Waffen“ einen Kriegseintritt bedeutet, sondern erst die Entsendung von Soldatinnen und Soldaten. Dies wäre ein „ganz klares Zeichen“ – was man aber auch nicht tun werde, versicherte Lambrecht.

Die Obfrau der Linken im Verteidigungsausschuss, Zaklin Nastic, kritisiert laut RND den Bundestagsbeschluss zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine und die Pläne zur Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland. Dies habe Deutschland „zur aktiven Kriegspartei gemacht“. Auch die AfD befürchtet, dass Deutschland dadurch „zur Kriegspartei in einem atomar geführten Krieg“ werden könnte, so Parteichef Tino Chrupalla.

Unterdessen erklärte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, dass für Putin „Deutschland längst Kriegspartei“ sei. Und: „Der dritte Weltkrieg hat bereits begonnen.“

Derzeit erhöht Melnyk den Druck auf die Bundesregierung: „Es gilt, die deutsche politische Klasse wachzurütteln, der Ampel-Regierung den Ernst der Stunde klarzumachen und vor allem zum schnelleren Handeln zu bewegen.“

Melnyk wandte sich sogar laut „Spiegel“ mit einem „Appell“ an die Hafenarbeiter in Rostock und andere deutsche Häfen, „die Entladung von russischen Gütern zu blockieren“. Dies soll laut Melnyk dazu führen, die „russische Kriegsmaschinerie ins Herz zu treffen und den Vernichtungskrieg gegen die Ukraine schneller zu stoppen“.

Den Angaben nach sei der Rostocker Hafen wichtig für die Versorgung der beiden einzigen ostdeutschen Großraffinerien in Schwedt und Leuna. Dort brauche man demnach Rohöl und dessen Destillat Gasöl, aus dem Diesel und Heizöl gewonnen werde.

Ramstein: „Kontaktgruppe“ oder Koalition?

Angesichts dieser völkerrechtlichen Situation scheint es mehr als verwunderlich, dass Verteidigungsministerin Lambrecht am 26. April auf dem US-Militärstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein bei ihrer Rede auf der US-initiierten Ukraine-Konferenz mitteilte: „Wir arbeiten gemeinsam mit unseren amerikanischen Freunden bei der Ausbildung von ukrainischen Truppen an Artilleriesystemen auf deutschen Boden.“

Lambrechts ukrainischer Amtskollege, Oleksii Reznikov, dankte der Ministerin für das Treffen und erklärte, dass man darauf vertraue, „dass die Bereitstellung von Nachschub für die Verteidigung der Ukraine und der NATO-Ostflanke“ fortgesetzt und ausgebaut werde – für die „Sicherheit und Stabilität in Europa“ als „gemeinsame und oberste Priorität“.

Der Einladung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin waren mehr als 40 Staaten gefolgt, berichtet „Euractiv“, darunter alle EU- und NATO-Länder sowie Israel, Australien, Kenia und Tunesien. Japan und Südkorea seien virtuell zugeschaltet gewesen, heißt es. Das Nachrichtenportal nannte das Treffen einen „Wendepunkt“ und eine Entwicklung hin zu einer „indirekten Militärkoalition“.

Es soll fortan monatlich weitere Treffen dieser „Kontaktgruppe“ geben. „Die Gruppe wird ein Mittel für Nationen guten Willens sein, unsere Bemühungen zu intensivieren, unsere Hilfe zu koordinieren und sich darauf zu konzentrieren, den heutigen Kampf und die kommenden Kämpfe zu gewinnen“, sagte der US-Verteidigungsminister laut „New York Times“. Dort heißt es auch, dass die Gruppe der Verteidigungsminister und Militärchefs von den USA geleitet werde.

Ukraine fordert „moderne schwere Waffen“

Nach den Gesprächen in Ramstein forderte der ukrainische Verteidigungsminister Oleksii Reznikov eine „große Anzahl moderner schwerer Waffen“, die man für einen „vollständigen Sieg über den Angreifer“ brauche: Luftabwehrwaffen, Drohnen, Artilleriesysteme, Raketenwerfer, Panzer, Truppentransporter, Schützenpanzerwagen, Kampfflugzeuge, Schiffsabwehrraketen.

Reznikov nannte die Lieferung von Waffen aus den NATO-Ländern in „ausreichender Menge“ und ausgestattet mit Munition eine „effektive Lösung“. Der Ukraine-Minister hob hervor, dass dies die „Interoperabilität der europäischen Armeen“ verbessern werde.

Der NYT nach hatten sich US-Außenminister Antony J. Blinken und Verteidigungsminister Austin kurz vor dem Treffen in Ramstein mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew getroffen. Dabei enthüllte die US-Zeitung ein Detail: „Die Reise, die eine Fahrt von Polen in die Ukraine und lange Zugfahrten von und nach Kiew beinhaltete, sollte im Geheimen beginnen, aber Herr Selenskyj sprach am Samstag öffentlich darüber, während die Kabinettssekretäre nach Polen flogen.“



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