Umweltverbände kritisieren Pläne der Regierung zur CO₂-Einlagerung

Im Bundes-Klimaschutzgesetz ist das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Um das zu erreichen, will die Bundesregierung Technologie zur CO₂-Einlagerung verwenden. Das Umweltministerium hat zu einem Dialog mit verschiedenen Interessengruppen eingeladen.
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CO₂-Lagerstätte unter dem Meeresboden: Wenn Bohrlöcher nicht richtig verschlossen wurden, kann das CO₂ unbemerkt austreten.Foto: nielubieklonu / iStock
Von 28. März 2023

Deutschland unternimmt einen neuen Vorstoß bei der Verwendung von Technologien zum Umgang mit Kohlendioxid. Dafür stehen zwei Verfahren im Raum: „Carbon Capture and Utilization“ (CCU) und „Carbon Capture and Storage“ (CCS). Für einen Dialog über die kontrovers beurteilten Technologien, mit deren Hilfe CO₂ abgeschieden, gespeichert und verwendet werden kann, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 24. März verschiedene Interessengruppen an einen Tisch geholt.

Ziel sei die „Dekarbonisierung des Wirtschaftssystems“, erklärt das Ministerium. An erster Stelle stünden dabei die Vermeidung von CO₂ und der Ersatz von fossilen Energieträgern. Die „Treibhausgasneutralität“ sei letztlich aber nur mithilfe dieser Technologie zu erreichen. Das habe die Auswertung von verschiedenen Klimaneutralitätsstudien ergeben.

Die Abscheidung von unvermeidbaren sowie schwer vermeidbaren CO₂-Emissionen biete sich vor allem bei der Industrie und Abfallwirtschaft an. Ab 2050 sollen sogar negative Treibhausgasemissionen erreicht werden, was bedeutet, dass der Atmosphäre dann insgesamt mehr Emissionen entzogen werden sollen als emittiert werden.

Carbon-Management-Strategie der Bundesregierung

Bei der Erarbeitung einer Carbon-Management-Strategie wollen sich laut BMWK rund 50 Organisationen beteiligen. Darunter sind Branchenverbände, Umwelt- und andere Gruppen. An dem sogenannten Stakeholderprozess können alle interessierten Organisationen teilnehmen.

Die Ergebnisse der Gespräche sollen in ein Strategiepapier einfließen, in dem auch die denkbaren Einsatzfelder für die diversen Technologien näher festgelegt werden sollen. Auch die ökonomischen und regulatorischen Rahmenbedingungen für einen möglichen Hochlauf von CCU/CCS (Abscheidung und Speicherung bzw. Nutzung von Kohlendioxid) sollen erarbeitet werden.

Ergebnisoffener Prozess gefordert

In einem gemeinsamen Papier kritisieren die Umweltverbände Greenpeace, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Festlegung der Bundesregierung auf die CO₂-Technologie. Die Regierung stelle sie als „vermeintlich alternativlos im Kampf gegen die Klimakrise“ dar.

Die Organisationen fordern stattdessen, dass an erster Stelle Emissionsminderungen stehen müssten. Darüber hinaus solle der gestartete Prozess ergebnisoffen geführt werden. Die Carbon-Management-Strategie sei aber an den Interessen der Industrie ausgerichtet, die „auf eine CO₂-Entsorgungsinfrastruktur für die treibhausgasintensive Energie- und Schwerindustrie schielt“.

Zu der Infrastruktur gehörten landesweite Pipeline-Netze, Terminals und CO₂-Deponien in der Nordsee, deren Errichtung hohe staatlichen Subventionen erfordern.

Eine ökologische Gefahr stellen 15.000 Bohrlöcher in der Nordsee dar, so Karin Lüders von der Bürgerinitiative „Kein CO₂-Endlager“. Diese seien oft nicht ordnungsgemäß verschlossen worden. Wenn CO₂ unter der Nordsee verpresst werde, gefährde das das Weltnaturerbe Wattenmeer: „Wenn dort CO₂ austritt, wird es kaum bemerkt.“

Keine öffentlichen Mittel für den Betrieb von CCS-Anlagen

In einem weiteren Eckpunktepapier forderten die Umweltorganisationen NABU, Germanwatch, WWF und E3G die „Defossilisierung der Industrie und der gesamten Volkswirtschaft“.

CCS soll demnach nur dort zur Anwendung kommen, wo es keine hinreichenden Alternativen gibt und nachdem andere Dekarbonisierungsoptionen ausgeschöpft wurden. Für CCS und CCU sollen strenge Richtlinien gelten, mit denen sichergestellt wird, dass das CO₂ der Atmosphäre permanent entzogen bleibt.

Ganz entscheidend für Vertrauen und Zustimmung bei der Nutzung von CCS seien Bürgerbeteiligung und Transparenz. Außer als Anschubfinanzierung sollen öffentliche Mittel nicht für den Betrieb von CCS-Anlagen eingesetzt werden, es müsse das Verursacherprinzip Anwendung finden.

Ausbau eines Pipelinenetzes für CO₂

Aus der Wirtschaft kommt ein Zehn-Punkte-Papier, das 17 Unternehmen wie der Zementproduzent Dyckerhoff, der Chemieriese Evonik und der Energiekonzern E.ON gemeinsam formuliert haben. Ihrer Ansicht nach verhindern gesetzliche Hürden und ungünstige Marktbedingungen momentan die Verwendung von CCS und CCU.

Die Unternehmen unterstützen jedoch die CCU- und CCS-Technologien als Beitrag, um „Klimaneutralität“ zu erreichen. Sie fordern einen schnellen Ausbau eines Pipelinenetzes zur Beförderung von CO₂. Dieses soll durch beschleunigte Genehmigungsverfahren und in staatlichen Förderprogrammen schwerpunktmäßig unterstützt werden. Schließlich sollen CCU-Technologien im Europäischen Emissionshandel anerkannt werden.

Laut BMWK ist ein neues Treffen der Interessengruppen für April geplant, bei dem es um spezifische Fragen rund um CCS und CCU gehen soll.



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