Wie zu DDR-Zeiten? Handwerkspräsident kritisiert Wärmepumpen-Politik

Von Bürokratie erstickt, von der Politik im Stich gelassen. Handwerker sind die Schlüsselfiguren der Energie- und Wärmepolitik, doch erstens gibt es viel zu wenige, und zweitens verhallen ihre kritischen Stimmen ungehört.
Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Foto: ZDH/Henning Schacht
Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.Foto: ZDH/Henning Schacht
Von 26. Juni 2023

Um die von der Ampelregierung verfolgte Strategie in der Energiewende zu erreichen, führt an Handwerkern kein Weg vorbei. Dabei geht es nicht nur um den Einbau von Wärmepumpen und die Montage von Solarmodulen, sondern auch um die Bewertung und Sanierung der Gebäudedämmung und vieles mehr.

Im Gesamthandwerk fehlen jedoch gerade schätzungsweise mindestens 250.000 Fachkräfte, berichtet der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) – Tendenz steigend. Allein um die geplanten Wärmepumpen einzubauen, werden laut Verband bis 2030 voraussichtlich 60.000 zusätzliche Monteure gebraucht, aber die fallen nicht vom Himmel.

„Damit die dafür nötigen Fachkräfte morgen auch zur Verfügung stehen, muss heute Ausbildung stattfinden. Genügend Ausbildungsplätze sind im Handwerk vorhanden, doch es fehlt an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern“, kritisiert der Verband. Um die jungen Menschen jedoch für eine Karriere im Handwerk zu motivieren, damit sie die Werkbank dem Hörsaal vorziehen, sei eine Bildungswende nötig. Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung müsse finanziell wie ideell gewährleistet werden.

Als Hindernis sieht er aber auch ein „überforderndes Maß an Bürokratie“, das verringert werden muss. „Mit dem Bürokratieabbau muss endlich Ernst gemacht und überflüssige Paragrafen abgeschafft werden“, so der Verbandsvorsitzende Jörg Dittrich ich.

In einem Interview mit der „Welt“ kritisierte er zudem, dass die in den Gesetzentwurf zum Gebäudeenergiegesetz eingebrachten Vorschläge, die auf den Praxiserfahrungen der Betriebe beruhen, weder wirklich diskutiert noch in den Text aufgenommen wurden.

Ein solches Vorgehen ist unangemessen und entspricht nicht demokratischen Gepflogenheiten“, so Dittrich.

Gesetzentwurf lässt viele Fragen offen

Der Weg zu dem von der Regierung gesetzten Ziel zur von der Politik geforderten Klimaneutralität bis 2045 sei „alles andere als klar“. Was ab wann genau gilt und welche Ausnahmen es gibt, sei überhaupt nicht ersichtlich. Das sorge bei den Betrieben nicht nur für Planungsunsicherheit, sondern verärgere auch die Kunden, die nicht umfassend beraten werden können.

So sei beispielsweise unklar, in welcher Höhe für wen Förderungen gelten, und wie genau ‚sozial abgefedert‘ werden soll. „Da werden wohl jetzt die wenigsten für Januar eine Wärmepumpe bestellen, sondern erst einmal abwarten – das macht die Wärmewende langsamer statt schneller“, so Dittrich.

Bei ihm rütteln die Wärmepumpen-Pläne, „polemisch überspitzt“ ausgedrückt, Erinnerungen an die Fünf-Jahres-Pläne aus DDR-Zeiten wach. Damals arbeitete er als Dachdecker in Dresden. „Wäre es ohne Änderungen beim ursprünglichen Wärmepumpen-Plan der Regierung geblieben, hätte sich das Handwerk zurückgelehnt und gesagt: Viel Spaß – das wird so nichts“, schildert er.

Das bloße Zählen von Wärmepumpen führe nicht zum Ziel. Aus seiner beruflichen Erfahrung wisse er, dass es viel sinnvoller sei, viele Gebäude energetisch zu sanieren oder sie an die Fernwärme anzuschließen, anstatt eine Wärmepumpe einzubauen. „Das spart viel mehr CO₂.“

Auch landesweite Kundenwünsche nach einer privaten Ladesäule für Elektroautos müssten oft abgelehnt werden, weil die Stromnetze und -kapazitäten dafür nicht ausgelegt seien. „Bei der Wärmepumpe ist es ähnlich: Würde der Strompreis durch ein höheres Angebot sinken, rechnete sich die Pumpe auch eher“, so der ZDH-Präsident weiter.

Energiequellen wie Atomkraftwerke abzuschalten und zu sagen: „Theoretisch soll sich das mal rechnen, aber wir wissen noch nicht so richtig, ob der Strompreis fällt“ – das seien Widersprüche, die die Ampel aufbringe. „Wundert es da, dass sich so mancher Handwerker die Frage stellt, ob nicht an der Realität vorbei regiert wird?“, fragt Dittrich.

Kaum eingebaut, schon wieder herausgerissen?

Problematisch sieht Dittrich auch die fluorierten Kohlenwasserstoffverbindungen, auch F-Gase genannt, die für rund 80 Prozent der bereits eingebauten Pumpen genutzt werden. Diese F-Gase haben ein Treibhauspotenzial, das bis zu 24.000-mal über dem von CO₂ liegt.

Sollte die Verordnung mit einem Verbot an F-Gasen 2030 in Kraft treten, würde das das Aus für zahlreiche bis dahin eingebaute Wärmepumpen und schlimmstenfalls deren Ausbau und Ersatz durch andere Wärmepumpen bedeuten“, warnt Dittrich.

Man könne in diesem Fall auch nicht einfach auf weniger umweltschädliches Propangas als Ersatzkühlmittel zurückgreifen, zumal dieses brennbar und explosiv sei.

Insoweit befürchtet der ZDH-Präsident, dass in der Zukunft die erst kürzlich installierten Wärmepumpen wieder herausgerissen werden. Seine Nachfrage an die Bundesregierung konnte diese Vermutung auch nicht entkräften. Von dort habe es geheißen: „Das haben wir im Blick.“



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