Wirbel um 2G-Regel – Das sagt der Einzelhandel

Nach einer Gerichtsentscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main schwappt die Diskussion um eine mögliche 2G-Option im Einzelhandel hoch. Kritiker befürchten, dass Ungeimpften der Zugang zu Lebensmitteldiscountern verwehrt werden könnte. Epoch Times machte sich ein Bild über die aktuelle Lage.
Epoch Times19. Oktober 2021

Am 29. September hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main entschieden, dass ein Einzelunternehmen in Hessen nicht von der Anwendung der 2G-Regelung ausgeschlossen werden darf. Eine Gründauer Verkaufsstelle zur Ausstellung und Vertrieb von Grills, Grillzubehör und Produkten rund um das Thema hatte die einstweilige Anordnung beantragt. Hier werden zukünftig nur noch vollständig geimpfte und genesene Kunden einkaufen können. Gleichzeitig entfallen für sie die Maskenpflicht und das Abstandsgebot.

Mit der Gerichtsentscheidung entbrannte eine Diskussion. Für ungeimpfte Menschen in Deutschland würde diese Entscheidung bei flächendeckender Umsetzung in Lebensmitteldiscountern bedeuten, dass etwa 35 Prozent der Bevölkerung keine Lebensmittel mehr kaufen könnten. Zwar gibt es hier und da die Möglichkeit, sich Lebensmittel nach Hause liefern zu lassen, aber dies ist in der Regel mit höheren Kosten verbunden.

Handelsverband gibt Entwarnung

Der Handelsverband Deutschland gab für derartige Spekulationen Entwarnung. Gegenüber Epoch Times teilte er mit, dass es für Unternehmen mit hohen Kundenfrequenzen eine 2G- oder 3G-Regelung keinen Sinn machen würde. „Die Kontrolle der Impfpässe und der Tests würde sicherlich in den Bereichen Lebensmittel, Bekleidung oder Möbeln zu langen Schlangen vor den Geschäften führen. Das ist auch aus Pandemie-Gründen unbedingt zu vermeiden“, sagte Pressesprecher Stefan Hertel. Daher müsse unbedingt verhindert werden, dass es zu verpflichtenden Einschränkungen für den Zugang zu Geschäften kommt.

Für Unternehmen mit weniger Kunden und hohem persönlichen Betreuungsaufwand, wie etwa beim Juwelier oder in Brautmodengeschäften, wäre auch der Aufwand der Kontrolle der Regelungen eher  umsetzbar. Gleichzeitig wies Hertel darauf hin, dass Händler bei Anwendung einer 2G-Regelung Gefahr laufen, dass weniger Kunden kommen.

Der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK) e.V. bewertete die gerichtliche Entscheidung „zurückhaltend“. Im Vordergrund stünden individuelle unternehmerische Entscheidungen jedes Händlers, gleichzeitig möchte jedoch kaum jemand Kunden ausschließen, „die nachweislich gesund oder aus unterschiedlichsten Gründen ungeimpft“ sind.

Einzelhandel will keinen ausschließen

Laut HIHK haben die Buchhandelskette Thalia und die Drogeriekette dm mitgeteilt, dass sie weiterhin für alle Kunden da sein wollen. Auch Optiker Fielmann sehe es als systemrelevanter Versorger als seine Aufgabe an, „auch in schwierigen Zeiten jedem Menschen eine Versorgung mit Hörsystemen und Brillen zu ermöglichen“. Die Drogeriemarktkette Rossmann spreche sich zwar ausdrücklich für das Impfen aus, werde aber keinen Kunden ausschließen. Auch bei Apollo Optik, Ikea, Douglas, Peek und Cloppenburg (Düsseldorf) wolle man an bestehenden Hygienekonzepten festhalten und auf weitergehende Einschränkung von Kunden verzichten.

„Ob die 2G/3G-Regelungen juristisch gerechtfertigt sind, bewerten wir nicht“, hieß es abschließend vom HIHK. Man setze sich auf politischer Ebene für „möglichst praktikable Lösungen für die Gesamtwirtschaft“ ein. Es gebe seinerseits keine rechtlichen Anstrengungen, um gegen die 2G/3G-Regelungen vorzugehen.

Aldi Nord teilte mit, dass aktuell keine Zutrittsbeschränkungen zu den Märkten nach 2G- oder 3G-Regelung geplant ist. „Einzelne Kundengruppen vom Einkauf auszuschließen, würde grundsätzlich unserem Selbstverständnis des zuverlässigen Grundversorgers widersprechen“, teilte Christian Schneider für das Unternehmen mit, dessen Anspruch es ist, „weiterhin alle Kundinnen und Kunden jederzeit mit all dem zu versorgen, was sie für ihren täglichen Einkauf benötigen“. Gleichzeitig beobachte man selbstverständlich die weitere Corona-Entwicklung sehr genau, um die Maßnahmen nötigenfalls anzupassen.

Stimmen aus der Politik

Die Hessische Staatskanzlei nahm die gerichtliche Entscheidung zum Anlass, in einer Pressemitteilung auf die bestehende 2G-Option für den gesamten Einzelhandel hinzuweisen. Allerdings gehe man davon aus, dass Geschäfte des alltäglichen Bedarfs davon keinen Gebrauch machen werden oder diese Option nur tageweise genutzt wird, hieß es.

Im Bundestag stößt die 2G-Regel im Einzelhandel auf heftige Kritik. CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich forderte eine Flexibilität zwischen 2G und 3G und die Wiedereinführung der kostenlosen Corona-Tests. „Wir sehen, dass der Druck in der Gesellschaft steigt und einige Leute auf stur schalten“, sagte er.

Für Sahra Wagenknecht (Linke) würde eine flächendeckende 2G-Regel einen „Impfzwang durch die Hintertür“ bedeuten. Das sei gerade im Bereich der Grundversorgung „völlig inakzeptabel“. Auch vor dem Hintergrund steigender Impfdurchbrüche und einer mit der Zeit sinkenden Schutzwirkung durch die aktuellen Impfungen sei dies „völlig daneben“. Nach Ansicht von Wagenknecht seien die Wiedereinführung kostenloser Tests und die Lohnfortzahlung für Ungeimpfte im Quarantänefall „dringend geboten“.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sprach von einer „Eskalation des staatlichen Impfdrucks“. Bei einer Umsetzung von 2G in Supermärkten würden gesunde ungeimpfte Menschen „von der Nahrungsversorgung ausgeschlossen“. Die AfD werde sich mit allen geeigneten juristischen Mitteln gegen solche Eingriffe zur Wehr setzen.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, Christine Aschenberg-Dugnus, hält eine bundesweite 2G-Regel „weder notwendig noch zielführend“. Wenn von Getesteten ein ebenso niedriges Infektionsrisiko wie von Geimpften und Genesenen ausgehe, „dann darf man sie nicht unterschiedlich behandeln“. So sieht es auch der SPD-Politiker Karl Lauterbach. Im Gegensatz zu Supermärkten wäre eine 2G-Regelung in Restaurants und Bars gerechtfertigt. „2G bietet in Clubs und Restaurants Sicherheit, weil Menschen dort stundenlang sitzen und die Maske zum Essen und Trinken abnehmen.“  Im Supermarkt hingegen würden sich die Kunden nicht so lange an einer Stelle aufhalten und auch die Maske nicht abnehmen.

Dass 2G-Regeln nicht zwangsläufig vor einer Corona-Infektion schützen, zeigt ein Fall aus Münster. Nach einer 2G-Party am 3. September mit rund 380 Gästen waren bis zum 17. September 85 Personen positiv auf Corona getestet worden. Dabei handelte es sich laut Angaben der Stadt Münster um Impfdurchbrüche und Ansteckungen bereits Genesener, die milde oder gar keine Symptome hatten. Bei der Überprüfung  der Impfnachweise konnten keine Verstöße festgestellt werden. Auch das seitens des Clubs eingebrachte Hygienekonzept wurde verwaltungsseitig als „vorbildlich“ gewertet.

„Die Impfung schützt vor einer schweren Erkrankung, eine Ansteckung und weitere Übertragungen sind hingegen nicht auszuschließen“, erklärte  Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer aus Münster.  (dts/oz/sua)

Der Freiburger Professor Dr. Dietrich Murswiek hat ein Rechtsgutachten über die Verfassungswidrigkeit der Benachteiligung Ungeimpfter erstellt, das hier abgerufen werden kann: Gutachten.



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