Baerbock: Umstrittene Aussagen zur Abhängigkeit von China

Die deutsche Außenministerin setzt sich dafür ein, die Abhängigkeit ärmerer Länder von China zu verringern. Jedoch ist Deutschland selbst wirtschaftlich stark von China abhängig. Viele Länder haben hohe Schulden in Peking.
Titelbild
Annalena Baerbock.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 24. März 2023

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Außenministerin Annalena Baerbock hat sich in einem Interview mit der „Welt“ ausführlich über die Abhängigkeit einiger EU-Länder von China geäußert. Während sie davon sprach, Ländern in Not eine helfende Hand zu reichen, ist sie gegenüber Ungarn kritischer eingestellt. Ungarn wird von vielen als Chinas trojanisches Pferd in der EU angesehen.

Ihre Aussagen sind angesichts mehrerer Wirtschaftsberichte jedoch höchst umstritten. Laut einer aktuellen Studie war die deutsche Wirtschaft noch nie so abhängig von China wie heute.

Baerbock: „Als wir nicht halfen, halfen die Chinesen“

„Wir müssen den Ländern Angebote machen, sich aus dieser Abhängigkeit zu lösen. Darum bin ich im vergangenen Jahr sehr strategisch in Länder gereist, die finanziell abhängig von China geworden sind, um Unterstützung anzubieten“, antwortete Baerbock auf die Frage eines Journalisten, was mit Ländern zu tun sei, die bereits zu hoch bei China verschuldet sind.

Die Politikerin bezog sich auch konkret darauf, dass China auf dem Rücken von Ländern „reitet“, die in Not sind. Sie erinnert: „Es gab europäische Länder, die während der Eurokrise oder der Corona-Epidemie um Hilfe gebeten haben, und als wir nicht geholfen haben, sind die Chinesen eingesprungen.“

Kritiker fragen sich jedoch, wie weit Deutschland Aussagen über die wirtschaftliche Abhängigkeit von anderen Ländern treffen kann, ohne Selbstkritik zu üben. Das Institut der deutschen Wirtschaft warnte im Februar, dass Deutschland wirtschaftlich noch nie so abhängig von China war wie jetzt. Im siebten Jahr in Folge ist China mit einem Handelsvolumen (Exporte und Importe) von 298,2 Milliarden Euro der wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik.

Chinas Kredite deutlich größer als geschätzt

„Insgesamt hat China in den letzten zehn Jahren rund 1.000 Milliarden USD an 150 Länder verliehen“, schreibt die ungarische Wirtschaftszeitung „Haszon“ unter Berufung auf das US-Forschungsinstitut AidData. In Fachkreisen wird der Begriff „chinesische Schuldenfalle“ benutzt.

Neben diesen Zahlen gibt es noch „versteckte Schulden“. Schätzungen dazu finden sich auch im AidData-Bericht 2021 über internationale Entwicklung. Das in Virginia ansässige Forschungsinstitut untersuchte mehr als 13.000 Hilfs- und kreditbasierte Projekte von China mit 165 Ländern. Sie sahen sich mehr als 18 Jahre an Initiativen und Dokumenten an.

Die Forscher fanden heraus, dass die von China vergebenen Kredite deutlich größer sind als bisher geschätzt. Laut Brad Parks, Direktor von AiData, ergab die endgültige Gesamtsumme eine versteckte Kreditsumme von 385 Milliarden US-Dollar.

Beides steht in direktem Zusammenhang mit Chinas „Neuer Seidenstraße“. Das Land vergibt über dieses Programm riesige Kredite an ärmere und infrastrukturschwache Länder. Bleiben die Rückzahlungen aus, kann China laut Vertragsbedingungen teilweise die Kontrolle über das Infrastrukturprojekt für längere Zeit übernehmen. Im schlimmsten Fall kann sich Peking auf diese Weise wichtige Bodenschätze oder Gebiete aneignen.

Ungarn hat auch enge Beziehungen zu Peking

Ungarn ist jedoch ein besonderer Fall für Baerbock. Ihr zufolge müsste man bei der Hilfeleistung hier besonders vorsichtig sein: „[wir müssen uns] darauf verlassen, dass nicht hinter unserem Rücken plötzlich doch Geschäfte mit denjenigen gemacht werden, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit oder Menschenrechte mit Füßen treten.“

Der Kommentar der Politikerin weist auf mehrere Umstände hin. Viktor Orbáns sogenannte „Öffnung nach Osten“ hat in der Tat zu besonders engen Beziehungen zu China geführt. Peking hat nicht nur politischen Einfluss, es ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. In Ungarn gibt es viele chinesische Investitionen, die Regierung betrachtet Peking als wichtigen Wirtschaftspartner. Ungarns Handelsumsatz mit China erreichte im Vorjahr zwölf Milliarden Dollar. 2022 war China der größte Investor in Ungarn.

Die öffentliche Wahrnehmung der Beziehungen zu China in Ungarn ist zwiespältig. Weil das Land stark unter dem Kommunismus gelitten hat, hat es in seine Verfassung aufgenommen, dass die Errungenschaften der kommunistischen Vergangenheit geleugnet werden und die Verjährung von Verbrechen, die während dieser Zeit begangen wurden, verboten ist. Andererseits folgt China einer kommunistischen Entwicklung mit Zentralismus, Politbüro, Planwirtschaft und der Unterdrückung Andersdenkender.

Ein großer Teil der Bevölkerung des Landes war daher gegen den Aufbau der Fudan-Universität in Ungarn. Derzeit liegt der Bau auf Eis, die Regierung hat die Arbeiten vorübergehend eingestellt.



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