NATO und EU wollen enger kooperieren – Türkei bleibt skeptisch

In einer weiteren gemeinsamen Erklärung wollen EU und NATO eine engere Zusammenarbeit vereinbaren. Die ersten dieser Art stammen von 2016 und 2018.
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor einem Treffen im Brüsseler EU-Hauptquartier.
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor einem Treffen im Brüsseler EU-Hauptquartier.Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa
Von 10. Januar 2023

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Am heutigen Dienstag (10.1.) wollen die Spitzenvertreter von EU und NATO heute eine weitere Erklärung über eine engere Zusammenarbeit unterzeichnen. Diese soll auf zwei bereits getroffenen Vereinbarungen von 2016 und 2018 aufbauen. Zur Unterfertigung sollen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg anwesend sein.

EU und NATO halten „erweiterte und vertiefte Kooperation“ für nötig

Die bisherigen gemeinsamen Erklärungen bezogen sich unter anderem auf koordinierte Übungen oder eine verstärkte Kooperation in der Cybersicherheit. Diesmal soll es unter anderem um den Schutz der kritischen Infrastruktur gehen, insbesondere jener der Energie- und Wasserversorgung.

In dem Text des Dokuments, welcher der „Deutschen Presse-Agentur“ vorliegt, klagen EU und NATO auch über „Informationsmanipulation“ und „Einmischung aus dem Ausland“. Da sich die damit verbundenen Bedrohungen und Herausforderungen in Umfang und Reichweite weiterentwickelten, sei eine „erweiterte und vertiefte Kooperation“ erforderlich.

Als größte Sicherheitsgefahr benennt das Dokument demnach den Krieg in der Ukraine. Dieser bedrohe nicht nur weltweit die Stabilität, sondern trage auch zu einer Energie- und Lebensmittelkrise bei. Diese betreffe Milliarden von Menschen.

Klimawandel als sicherheitspolitische Herausforderung benannt

Die Beendigung des Krieges hängt nach Ansicht von EU und NATO jedoch einseitig von Russland ab und einem Abzug seiner Truppen. Von Sicherheitsgarantien der Ukraine gegenüber dem Nachbarn oder der ethnisch russischen Bevölkerung im Osten des Landes ist nicht die Rede.

Erstmals wollen die beiden Bündnisse auch mögliche Bedrohungen durch das KP-Regime in China in einer gemeinsamen Erklärung ansprechen. Chinas wachsendes Selbstbewusstsein und seine Politik stellten Herausforderungen dar, die man angehen müsse, heißt es in dem Text.

Ein weiteres Augenmerk gilt den „sicherheitspolitischen Folgen des Klimawandels“. EU und NATO sehen in den zu befürchtenden Folgen einer möglichen weiteren Erderwärmung eine Gefahr für die Lebensgrundlage von Millionen Menschen. Dies mache den Klimawandel auch zu einem Risiko für Frieden und Sicherheit. Immerhin könnten daraus humanitäre Katastrophen, Fluchtbewegungen und Konflikte um Ressourcen resultieren.

Unterschwellige Misstöne zwischen EU und NATO

Die Arbeiten an der dritten gemeinsamen Erklärung der EU und der NATO begannen bereits 2021 und hätten eigentlich noch im selben Jahr abgeschlossen werden sollen. Abstimmungsprobleme auf beiden Seiten führten allerdings immer wieder zu Verzögerungen.

Obwohl beide Seiten seit einigen Jahren verstärkt von intensiverer Zusammenarbeit reden und das gemeinsame Feindbild Russland beschwören, ist das Verhältnis nicht reibungslos. Vor allem in der Regierungszeit von Präsident Donald Trump haben die USA mehrfach Zweifel geäußert, ob die Europäer ein verlässlicher Verbündeter wären.

Trump forderte europäische NATO-Mitglieder dazu auf, einen angemessenen eigenen Beitrag zur kollektiven Verteidigung zu leisten. Teile der Republikaner argwöhnen, die EU habe sich auf die Rückendeckung durch USA und NATO verlassen, als sie in der Ukraine eigene Großmachtambitionen verfolgte.

Derweil stellen einige politische Akteure in der EU die USA als Spaltpilz in Europa dar und werfen Washington vor, vom Krieg in der Ukraine zu profitieren. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezeichnete erst 2019 die NATO als „hirntot“. Stattdessen forderte er mehr Anstrengungen in Richtung einer eigenständigen Verteidigungspolitik.

Türkei sieht eigene Interessen durch zu hohen Informationsfluss gefährdet

Ein Faktor, der ebenfalls Zweifel an einer engeren Zusammenarbeit zwischen EU und NATO nährt, ist zudem die Türkei. Während die EU Ankara bereits seit 2005 im Zusammenhang mit dem Beitrittsprozess hinhält, beharren die Türken innerhalb der NATO auf ihren nationalen Kerninteressen.

Dies äußert sich beispielsweise in der Syrien-Politik. Dort besteht Ankara auf einer Schutzzone im Norden des Landes, die Terroristen von den türkischen Grenzen fernhalten soll. Anders als die EU beteiligt sich die Türkei nicht an Sanktionen gegen Russland. Stattdessen bemüht sie sich um die Aufrechterhaltung der Gesprächskanäle zu beiden Seiten.

Bereits seit Jahrzehnten bleibt auch der Zypern-Konflikt ungelöst. Der griechische Teil der seit 1974 geteilten Insel ist Mitglied der EU, allerdings nicht der NATO. Die Türkei befürchtet, militärisch sensible oder vertrauliche Informationen, die ihr potenziell schaden würden, könnten in falsche Hände gelangen. Auch deshalb verhindert Ankara einen Ausbau der Kooperation in diesem Bereich.

Die Führung der nur von der Türkei anerkannten Türkischen Republik Nordzypern sieht derzeit weniger Chancen denn je auf eine Wiedervereinigung. Dies senkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass es bis auf Weiteres zu einem substanziellen Ausbau der Beziehungen zwischen EU und NATO kommt.

(Mit Material von dpa)



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