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Politischer Machtkampf

Tunesien: Rufe nach Bildung neuer Regierung werden lauter

Nach der Entmachtung der Regierung in Tunesien werden die Rufe nach der schnellen Bildung einer neuen Regierung lauter. Einflussreiche tunesische Nichtregierungsorganisationen forderten am Mittwoch einen detaillierten Zeitplan für die nächsten politischen Schritte.

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Unterstützer von Tunesiens Präsident Kais Saied demonstrieren vor dem Parlamentsgebäude in Tunis.

Foto: FETHI BELAID/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 3 Min.

Die abgesetzte Regierungspartei Ennahdha kündigte Widerstand gegen Staatschef Kaïs Saïed an. Dieser entließ weitere ranghohe Regierungsbeamte, ebenso wie den Chef des staatlichen Fernsehsenders.
Die NGOs warnten in einer gemeinsamen Erklärung vor einer „unrechtmäßigen“ Verlängerung der von Saïed veranlassten Aussetzung der Parlamentsarbeit. Die laut Verfassung zulässige Frist von 30 Tagen müsse unbedingt respektiert werden.

Schnelle Regierungsbildung gefordert

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian betonte in einem Telefonat mit seinem tunesischen Kollegen Othman Jerandi „die Notwendigkeit der schnellen Nominierung eines Ministerpräsidenten und der Bildung einer Regierung, die in der Lage ist, den Erwartungen der Tunesier gerecht zu werden“. Die demokratischen Institutionen müssten schnell wieder normal funktionieren.
Saïed hatte am Sonntag die Entlassung von Regierungschef Hichem Mechichi sowie die Aussetzung der Arbeit des Parlaments angeordnet und erklärt, er werde die Regierungsgeschäfte gemeinsam mit einem noch zu ernennenden Ministerpräsidenten übernehmen.
Der Präsident ordnete darüber hinaus die Aufhebung der Immunität aller Abgeordneten an. Er begründete sein Vorgehen mit „unmittelbar drohender Gefahr“.

Putschvorwürfe

Vorausgegangen waren Proteste gegen das Corona-Krisenmanagement der Regierung in mehreren Städten. Während Saïed betonte, sein Handeln stehe im Einklang mit der Verfassung, warf ihm die islamistisch geprägte Ennahdha einen „Putsch“ vor.
Der Präsident habe „mit undemokratischen Kräften“ gemeinsame Sache gemacht, um „die Verfassungsrechte der gewählten Amtsträger auszuhebeln“.
Seit Sonntag setze der Präsident zahlreiche Regierungsberater und Regierungsbeauftragte ab, entließ den Staatsanwalt der Armee sowie die Minister für Verteidigung und Justiz. Zuvor hatte der frühere Jura-Dozent die richterliche Gewalt übernommen.
Auch der Vorsitzende des staatlichen Fernsehsenders Watanija, Laassad Dhahech, wurde am Mittwoch abgesetzt, nachdem Aktivisten und Vertretern der Journalistengewerkschaft der Zugang zum Sender verwehrt worden war. Die tunesische Präsidentschaft warf ihm vor, durch die Einschränkung des Zugangs Unruhe stiften zu wollen.

Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung

Der ranghohe Ennahda-Funktionär Noureddine B’Hiri sagte der Nachrichtenagentur AFP in Tunis, die Partei habe beschlossen, „eine friedliche Kampagne zu führen, um die Pläne des Präsidenten zu vereiteln“. Zur Wahrung der Demokratie in Tunesien sei die Partei auch zu vorgezogenen Neuwahlen bereit.
Zuvor müsse jedoch „das Parlament seine Arbeit wieder aufnehmen und das Militär seine Kontrolle beenden“. Jede Verzögerung werde von Präsident Saïed „als Vorwand für die Aufrechterhaltung eines autokratischen Regimes benutzt“, sagte B’Hiri.
Die tunesische Staatsanwaltschaft teilte unterdessen mit, sie habe gegen drei Parteien Ermittlungen wegen des Verdachts der illegalen Parteienfinanzierung aufgenommen. Ermittelt werde gegen die Ennahdha sowie die liberale Partei Qalb Tounes und die Aïch-Tounsi-Bewegung.
Es gehe um den Verdacht „der Finanzierung aus dem Ausland und der Annahme von Geldern unbekannter Herkunft während des Wahlkampfes 2019“.

Sorge um die Demokratie

International löst die Krise Sorge um die Demokratie in Tunesien aus, das 2010 Ausgangspunkt des Arabischen Frühlings war. Die US-Regierung rief Staatschef Saïed auf, die „Prinzipien der Demokratie und der Menschenrechte“ zu achten.
Tunesien dürfe „seine demokratischen Erfolge nicht verschleudern“. Auch der Kommissionschef der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki Mahamat, mahnte zu einer „strikten Einhaltung der tunesischen Verfassung“. (afp)

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