Urteil im Prozess gegen Österreichs Ex-Kanzler Kurz erwartet

Im Prozess gegen Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage in einem Untersuchungsausschuss zum sogenannten Ibiza-Skandal soll heute das Urteil fallen. Dem 37-Jährigen drohen bis zu drei Jahre Haft.
Abgesehen vom aktuellen Prozess droht dem Ex-Kanzler Sebastian Kurz noch ein zweites Verfahren.
Abgesehen vom aktuellen Prozess droht dem Ex-Kanzler Sebastian Kurz noch ein zweites Verfahren.Foto: Roland Schlager/APA/dpa
Epoch Times23. Februar 2024

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Nach vier Monaten geht der Prozess gegen Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz vor dem Landgericht Wien heute voraussichtlich zu Ende. Dem 37-Jährigen wird Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgeworfen. Der ehemalige Regierungschef soll vor dem Gremium seinen Einfluss bei der Bestellung eines Vertrauten an die Spitze der Staatsholding Öbag heruntergespielt haben.

Konkret geht es um die Frage, ob Kurz lediglich informiert oder in die Top-Personalie involviert war. Neben einer Verurteilung und einem Freispruch ist auch eine sogenannte Diversion möglich. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Geldstrafe ohne Schuldspruch und formelle Verurteilung.

Politisch motivierter Prozess?

Der 37-jährige Kurz betrat am Freitagvormittag lächelnd und ohne ein Wort an die wartenden Reporter und Anwesenden den Gerichtssaal. Wenig später begann die Vernehmung des russischen Geschäftsmanns, der per Video aus der österreichischen Botschaft in Moskau zugeschaltet war. Er wurde von der Verteidigung aufgerufen, um die Aussagen des Hauptzeugen der Staatsanwaltschaft, des ehemaligen Regierungsbeamten Thomas Schmid, zu kontern.

Nach einer Gegendarstellung von Schmid sollen dann die Schlussplädoyers folgen. Noch voraussichtlich im Laufe des Tages will Richter Michael Radasztics zu einer Entscheidung kommen.

Kurz drohen bis zu drei Jahre Gefängnis, eine Berufung gegen das Urteil ist möglich. Der 37-Jährige hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen und den Prozess als politisch motiviert kritisiert.

Zum Prozessauftakt hatte Kurz die ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) scharf kritisiert. Er kenne keinen Fall, in dem ein vergleichbarer Verdacht in einer 108-seitigen Anklage mit 30 Zeugenbefragungen münde. So etwas würde nicht stattfinden, „wäre ich nicht Bundeskanzler gewesen.“

Laut Anklage hatte Kurz in einer Befragung durch den Ibiza-Untersuchungsausschuss 2020 wissentlich falsch ausgesagt, als es um die Frage ging, ob er bei der Besetzung des Chefpostens bei der Staatsholding ÖBAG zugunsten seines Vertrauten Thomas Schmid interveniert habe.

Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz am ersten Tag seines Prozesses am 18. Oktober 2023 in Wien. Kurz sowie sein früherer Kabinettschef Bernhard Bonelli und die frühere Vizechefin der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), Bettina Glatz-Kremsner, müssen sich wegen eidesstattlicher Belogenheit gegenüber der Untersuchungskommission zur sogenannten Ibiza-Affäre verantworten. Foto: Thomas Kronsteiner/Getty Images

Der Prozess gegen den konservativen Ex-Kanzler hatte im Oktober begonnen, wegen ihn wird außerdem wegen Veruntreuung staatlicher Mittel ermittelt. Kurz stieg 2021 aus der Politik aus und arbeitet mittlerweile für eine Reihe internationaler Unternehmen.

Prozess ist zum Duell geworden

Der ehemalige Spitzenbeamte im Finanzministerium, Thomas Schmid, galt als Vertrauter des damaligen Kanzlers. Er wurde im März 2019, zu Zeiten der ÖVP-FPÖ-Koalition unter Kurz, zum Chef der Staatsholding Öbag bestellt.

Inzwischen ist der 48-Jährige zum Hauptbelastungszeugen in dem Verfahren mutiert. Immer wieder wies er bei den Ermittlern und vor Gericht darauf hin, dass zur Regierungszeit von Kurz jede Top-Personalie mit dem Kanzler abzustimmen gewesen sei. Schmid strebt den Kronzeugenstatus an.

Die Verteidigung von Kurz hat in dem Prozess versucht, die Glaubwürdigkeit von Schmid in Zweifel zu ziehen. Sie setzte nicht zuletzt auf Aussagen eines russischen Geschäftsmanns, der vor Jahren Kontakt zu Schmid hatte. Diese Aussagen sollten den Eindruck erwecken, der Zeuge stehe unter großem Druck der Staatsanwaltschaft und wäre bereit, den Ermittlern auch Lügen zu erzählen.

Chatnachricht: „Kriegst eh alles, was Du willst“

Besondere Aufmerksamkeit hatten in dem Fall auch Chatnachrichten erhalten, die die Ermittler auf dem Handy von Schmid fanden. In denen soll Schmid sich der Anklage zufolge bei Kurz dafür bedankt haben, dass er als Öbag-Chef installiert wurde. Kurz schrieb an Schmid: „Kriegst eh alles, was Du willst.“ Darauf antwortete Schmid: „Ich liebe meinen Kanzler.“

Abgesehen vom aktuellen Prozess droht dem Ex-Kanzler noch ein zweites Verfahren. In der sogenannten Inseraten-Affäre sollen der damalige Regierungschef und sein Team mit Steuergeld gefälschte Umfragen in Auftrag gegeben haben.

Außerdem sollen sie sich mit Inseraten in diversen Medien eine wohlmeinende Berichterstattung erhofft haben. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit, Korruption und Untreue laufen gegen insgesamt zehn Verdächtige. (dpa/afp/red)



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