
Elsässer: Nach „Compact“-Urteil ist ein AfD-Verbot kaum noch durchsetzbar
Mit seinem am Dienstag verkündeten Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht das von der Bundesregierung ausgesprochene Verbot des „Compact“-Magazins für rechtswidrig erklärt. Was für „Compact“ gilt, dürfte auch für die AfD von Bedeutung sein, meint „Compact“-Chef Elsässer.

„Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer (2.v.r.) und seine Frau Stephanie Elsässer (r.) stehen vor dem 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts.
Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Mit dem am Dienstag, 24. Juni, verkündeten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist das von der Bundesregierung angestrebte Verbot des Magazins „Compact“ bis auf Weiteres gescheitert. Das Gericht hat die vom Bundesministerium für Inneres und der Heimat (BMI) im Juni 2024 ausgesprochene Verbotsverfügung gegen dessen Herausgeber für rechtswidrig erklärt.
In seiner mündlichen Urteilsbegründung legte das Bundesverwaltungsgericht die relevanten Erwägungen für seine Entscheidung dar. Im Kern verneinen die Richter, dass verfassungsfeindliche Inhalte, die das vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestufte Magazin artikuliere, „prägend“ genug seien, um ein Verbot zu rechtfertigen.
Die unanfechtbare Entscheidung bedeutet konkret: Das Verbot des Bundesinnenministeriums gegen die COMPACT-Magazin GmbH und deren Tochterfirma Conspect Film GmbH ist aufgehoben. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Bereits im August des Vorjahres hatte das Gericht das Verbot im Eilverfahren vorläufig ausgesetzt.
Der Gründer, Herausgeber und Chefredakteur des „Compact“-Magazins, Jürgen Elsässer, bewertete das Urteil als „die wichtigste Entscheidung für die Pressefreiheit seit Gründung der Bundesrepublik“. Auch die AfD würde davon profitieren. „Denn wenn man Compact nicht verbieten kann, kann man auch die AfD nicht verbieten.“ Die Vorwände seien in beiden Fällen dieselben, erklärte er gegenüber Epoch Times.
Das Gerichtsurteil sei epochal und stehe in einer Reihe mit dem Erfolg des „Spiegel“-Magazins im Jahr 1962 gegen die Bundesregierung, zog Elsässer den Vergleich. In Anlehnung an Rudolf Augstein, den Gründer des „Spiegel“-Magazins, bezeichnete er sich selbst als „Sturmgeschütz der Demokratie“.

Stephanie und Rainer Elsässer am 10. Juni 2025.
Foto: via dts Nachrichtenagentur
Auch „Wirtschaftsvereinigungen“ vom Vereinsbegriff des Vereinsgesetzes erfasst
Einen Teilerfolg konnte das – zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung von Nancy Faeser geleitete – Bundesinnenministerium bezüglich ihres strategischen Ansatzes verbuchen. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Anwendung des Vereinsgesetzes auch auf ein gewinnorientiertes Medienunternehmen unter Umständen möglich sei.
Weder die Rechtsform noch der Charakter als Medienunternehmen mache eine Anwendung des Vereinsgesetzes auf einen Zusammenschluss von vornherein unstatthaft. Immerhin, so heißt es im Urteil, erstrecke der Gesetzgeber selbst dieses in Paragraf 17 auch auf „Wirtschaftsvereinigungen“. Sollten diese sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, könne ein Verbot grundsätzlich auch auf das Vereinsgesetz gestützt werden.
Bundesverwaltungsgericht sieht in „Compact“ mehr als nur ein Medium
Die Kompetenz des Bundes, auf eine als Medienunternehmen organisierte Vereinigung nach dem Vereinsrecht zuzugreifen, erfahre auch durch die Länderkompetenz im Bereich des Medienrechts keine Einschränkung. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Vereinsrecht sei, wenn es um die Gefahrenabwehr gehe, „blind“ für den von der jeweiligen Organisation verfolgten Zweck.
Das Bundesverwaltungsgericht bescheinigt „Compact“ zudem eine politische Agenda, die eng an die der „Identitären Bewegung“ und deren Vordenker Martin Sellner angelehnt sei. Diesen habe das Magazin unter anderem als „Held“ bezeichnet und dessen Agenda als „machbar“ und „rechtsstaatlich“ eingeordnet.
Als weiteren Beleg für diese Identifikation sah das Gericht auch die Mitarbeit eines früheren Pressesprechers der NPD (heute „Die Heimat“) als Redakteur. Der Verantwortliche für „Compact TV“ weise ebenfalls eine Nähe zur Identitären Bewegung auf.
Auch radikale Systemkritik durch die Meinungsfreiheit geschützt
Im Sinne des „präventiven Verfassungsschutzes“ wäre es möglich, auch als solche nicht strafbare oder rechtswidrige Äußerungen als Indizien für ein Vereinsverbot heranzuziehen. Immerhin diene dieses Instrument dazu, „frühzeitig – und ohne strafbares Handeln abwarten zu müssen – tätig werden zu können“.
Allerdings garantiere das Grundgesetz auch Verfassungsfeinden Rechte wie die Meinungs- und Pressefreiheit. Es vertraue auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Deshalb sei ein Vereinsverbot in diesem Gesamtkonzept des staatlichen Handelns nur dann verhältnismäßig, wenn sich „die verfassungswidrigen Aktivitäten für die Vereinigung als prägend erweisen“.
Die Schwelle dieser Prägung erreichten die verbotsrelevanten Äußerungen und Aktivitäten von „Compact“ nach Überzeugung des Gerichts noch nicht. Dieses habe bei der Deutung zugunsten der Meinungsfreiheit auch die gesamte Bandbreite möglicher Aussagegehalte berücksichtigt. Eine Vielzahl der gegen Migration gerichteten Äußerungen lässt sich demnach auch als zulässige Kritik an der Migrationspolitik deuten.
„Compact“-Anwalt spricht von „Urteil mit Signalwirkung“ – auch in Sachen AfD
Darüber hinaus wertete es das Gericht zugunsten von „Compact“, dass sich das Magazin auch anderer Themen als der Migrationspolitik widme – etwa Corona oder der Ukraine. Die darin zum Ausdruck kommende „polemisch zugespitzte Machtkritik“ und „von der Klägerin bedienten Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen“ seien jedoch durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt, also von der Meinungs- und Pressefreiheit.
„Compact“-Anwalt Laurens Nothdurft erklärte gegenüber der Epoch Times, dass es in dem Urteil um die „Schärfung der Meinungs- und Pressefreiheit“ gegangen sei. Diese helfe nicht nur „Compact“ selbst und ähnlichen Unternehmen. Nothdurft, der auch für die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt tätig ist, geht auch davon aus, dass durch das Urteil auch ein Verbot der AfD schwieriger geworden sei.
Die Ausführungen zum „ethnisch-kulturellen Volksbegriff“ seien ein „Signal, das auch die AfD in ihren politischen Überlegungen und in ihrem Auftreten mit berücksichtigen wird“. Das Urteil insgesamt signalisiere jedoch auch, dass „die Opposition an dieser Stelle keine Angst haben muss, mit diesem Vehikel ausgeräumt zu werden“.
Vollständige Urteilsbegründung erst in ein paar Wochen
Anwalt Ulrich Vosgerau, der ebenfalls „Compact“ vertreten hatte, erklärte, es sei „nicht das Grundsatzurteil, was ich mir gewünscht hätte“ geworden. So sei die „Frage nach dem Vereinsverbot und nach dem Verhältnis von Pressemedien zum Vereinsverbot hier noch ein Stück weit offen“ geblieben.
Allerdings sei das Urteil vom Dienstag wichtig, denn „wenn das Compact Magazin verboten worden wäre, hätte ab sofort jeder Chefredakteur, jeder Verleger wie unter einem Damoklesschwert gearbeitet“. Nach dem Scheitern des Verbots von „Compact“ sei jedoch nicht davon auszugehen, dass es in absehbarer Zeit ähnliche Bestrebungen gegen ähnlich ausgerichtete Publikationen geben werde.
Gerichtssprecher Kolja Naumann machte deutlich, dass das Urteil insgesamt inklusive seiner schriftlichen Urteilsgründe, „die sicherlich relativ lange sein werden“, frühestens erst in einigen Wochen zur Verfügung stünde.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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