Grüne in Apolda: Am Samstag gegen die AfD demonstrieren – zwei Tage zuvor mit ihr abstimmen

Der thüringische Landkreis Weimarer Land steht seit dem Wochenende unfreiwillig im Zentrum bundesweiter Aufmerksamkeit. Am Samstag, 1. Februar, beschloss die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) auf ihrem Bundeskongress in der Kreisstadt Apolda die Selbstauflösung zum 31. März. Gegen die Versammlung demonstrierten etwa 1.500 Personen.
Unter ihnen befand sich auch der frühere Co-Landessprecher der Grünen, Max Reschke. Namens der Initiative „Buntes Weimarer Land“ gab er dabei auch Medieninterviews. Im Vorfeld hatte er eine Petition ins Leben gerufen, die sich gegen die Vermietung der Stadthalle von Apolda an die JA richtete.
Mittlerweile ist der Politiker unter Rechtfertigungsdruck geraten. Grund dafür ist ein Bericht der „Thüringer Allgemeinen“. Diese hatte geschrieben, dass am Donnerstagabend Abgeordnete von Grünen und Linken in einer entscheidenden Abstimmung mit der AfD gestimmt hatten – „zum Nachteil des Landkreises“.
CDU wollte 2 Millionen Euro flüssig machen – Grüne, Linke und AfD dagegen
In den vergangenen Tagen hatten deutschlandweit Demonstrationen gegen eine gemeinsame Mehrheitsbildung von Union und AfD im Bundestag stattgefunden. Am Mittwoch war eine durch AfD-Stimmen ermöglichte knappe Mehrheit für einen Entschließungsantrag von CDU und CSU zur Asylpolitik zustande gekommen. Am Freitag unterstützte die AfD den Entwurf der Union zum sogenannten Zustrombegrenzungsgesetz. Dieser fand jedoch keine Mehrheit.
Bei der Abstimmung im Kreistag Weimarer Land ging es um eine mögliche Klage des Landkreises gegen den Freistaat. Im November hatte die CDU-Fraktion, die auch die Landrätin stellt, dort einen Antrag eingebracht. Dieser war darauf gerichtet, einen Ansatz von 1.961.570 Euro im Haushalt auf null zu reduzieren – und die Mittel stattdessen zur Entlastung der Kreisumlage einzusetzen.
Zuschussbedarfe im Kontext von Ukraine-Fluchtbewegungen als Streitpunkt
Der Rechtskreiswechsel von Geflüchteten aus der Ukraine, die seit dem 1. Juni 2022 Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung haben, führte im Landkreis zu Mehraufwendungen. Daher war eine Zuweisung des Freistaats in Höhe von 2,026 Millionen Euro erfolgt. Diese zusätzliche Leistung sei im Jahr 2024 abgerechnet worden – aufgrund des Vergleichs der Zuschussbedarfe der Jahre 2021 und 2022.
Im Juli 2024 hatte das Land einen Bescheid für 2025 angekündigt, in dem mit einer Rückzahlung von 1.961.600 Euro zu rechnen sei. Dieser war schon im Vorfeld in den Thüringer Haushalt eingepreist worden. Die Union argumentierte, es liege kein rechtskräftiger Bescheid vor, der Zuschussbedarfevergleich sei verzerrt.
Vor allem seien Einmaleffekte, die außerhalb der Ukrainehilfe lägen, nicht berücksichtigt. Der Landkreis habe nachweislich eine finanzielle Belastung im angenommenen Umfang durch den Rechtskreiswechsel von Ukraine-Flüchtlingen gehabt. Die Mittel seien daher einzubehalten und notfalls auch juristisch zu verteidigen.
Landrätin sah keinen Spielraum für Klage – AfD wies auf Unwägbarkeiten hin
Im November 2024 fand dieser Antrag offenbar auch eine Mehrheit. Der Bescheid erging am 5.12.2024, deshalb bat Landrätin Christiane Schmidt-Rose (CDU) um eine Ermächtigung zur Einbringung der Klage auf Grundlage des Beschlusses. Um die Frist zu wahren, hatte der Landkreis bereits am 02.01.2025 eine solche eingereicht. Da der Streitwert 49.999,99 Euro überstieg, war jedoch eine Zustimmung durch den Kreistag erforderlich.
Diese scheiterte jedoch. Die aus 15 Abgeordneten bestehende gemeinsame Fraktion aus der AfD und einer Bürgerinitiative hatte angekündigt, der Klage nicht zuzustimmen. Fünf der sechs Abgeordneten aus der gemeinsamen Fraktion von Linken und Grünen stimmten ebenfalls mit Nein. Damit kam es zu einer Pattsituation von 20 zu 20 Stimmen – und der Landkreis muss die Klage zurückziehen.
Im Antrag der AfD/BI-Fraktion dazu hieß es, die rechtliche Auffassung des Thüringer Landesverwaltungsamtes lasse „keinen Spielraum für eine Anfechtung des Bescheides erkennen“. Stattdessen sei, wie aus dem Bescheid hervorgehe, sogar mit weiteren juristischen Überprüfungen wegen einer möglicherweise rechtswidrig erfolgten „Umbuchung“ zu rechnen. Auch im Antrag der Landrätin auf Gewährung der Ermächtigung hatte diese erklärt:
Es wird darauf hingewiesen, dass der Rechtsstreit aus Sicht der Verwaltung keine Aussicht auf Erfolg hat.“
Grünen-Kreisrat und Demo-Organisator kritisiert Vandalismus von Teilnehmern
Bei der CDU, die darauf gehofft hatte, durch die Klage Spielraum für eine Senkung der Kreisumlage zu gewinnen, ist man enttäuscht über den Ausgang der Abstimmung. Allerdings bleibt es auf den Social-Media-Accounts der Parteien und führenden Politiker im Landkreis bislang ruhig.
Weder der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Thomas Gottweiss, noch der nach eigenen Angaben „Bioland-Imker, Student und Gutmensch“ Max Reschke haben sich bisher weiter zu dem Abstimmungsergebnis geäußert. Der Landesverband der AfD in Thüringen, der von Björn Höcke geführt wird, war bundesweit der erste von bisher drei Verbänden, die der Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft hatte.
Die von den Grünen unterstützten Demonstrationen, die derzeit in ganz Deutschland stattfinden, werfen der Union vor, durch Mehrheitsfindungen mit der AfD einen Tabubruch zu begehen. Max Reschke zeigte sich mit seiner eigenen Kundgebung in Apolda am Samstag unterdessen nur bedingt zufrieden. Gegenüber dem MDR beklagte er Sachbeschädigungen und Schmierereien an Privathäusern, zu denen es im Nachgang gekommen war. Er äußerte dazu:
Es kann nicht sein, dass ein bunter und friedlicher Protest mit Sachbeschädigung einhergeht, das ist nicht das, was wir wollen.“
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