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Verfassungsschutzbericht 2020 veröffentlicht

Hamburger Verfassungsschutz: Linksextreme Gewalt verzehnfacht und Zündstoff Pandemie

Hamburgs Innensenator Grote berichtet über linke und rechte Extremisten, religiöse Fanatiker und Cyberattacken ausländischer Nachrichtendienste sowie „zwei Gruppierungen des Corona-Protestspektrums“. Grote ging im Verfassungsbericht 2020 jedoch auch auf den Schutz der Meinungsfreiheit ein.

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Andy Grote.

Foto: Friedemann Vogel - Pool/Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und Landesverfassungsschutzpräsident Torsten Voß stellten am Dienstag, 30. März, ihren Verfassungsbericht für das Jahr 2020 vor. Darin ging es um die Problematik der politisch motivierten Kriminalität (PMK) in verschiedenen Ausrichtungen.

Neue Eskalationsstufe des Linksextremismus

Nicht fehlen im Verfassungsschutzbericht von Hamburg darf natürlich auch die Einschätzung der linksextremen Szene, zu deren Hochburgen die Hansestadt – neben Berlin und Leipzig – zählt.
Dem linken Extremismus in Hamburg rechnet der Verfassungsschutz 1.270 Personen zu, 74 Prozent davon gelten als gewaltorientiert. Die Personenzahlen sind gegenüber dem Vorjahr nahezu gleich geblieben, während die Anzahl der erfassten Straftaten mit 706 „auf einem deutlich höheren Niveau“ liege (2019: 493). Die darin enthaltenen linksextremistischen Gewaltdelikte nahmen um mehr als den Faktor Zehn zu. Waren es 2019 noch 15 Fälle, wurden im Jahr 2020 bereits 162 registriert.
Der Hamburger Verfassungsschutz verwies aufgrund „zahlreicher Taten in ganz Deutschland“ und der „Art und Weise der Tatbegehung, der Gefährdung von Leib und Leben auch Unbeteiligter sowie dem Duktus bestimmter Selbstbezichtigungen“ auf eine bundesweite neue Eskalationsstufe der Radikalisierung in der linksextremistischen Szene. Die Verfassungsschutzbehörde werde diese Entwicklung mit Blick auf die Annäherung an die Schwelle zum Linksterrorismus genau im Fokus behalten, wurde angekündigt.
Speziell als gewaltorientiert genannt wurde dabei die „Interventionistische Linke Hamburg“ (IL), die gezielt versuche, „gesellschaftlich breit akzeptierte und diskutierte Themen zu instrumentalisieren und Bündnisse mit demokratisch Engagierten zu schließen“. Doch dies geschehe mit der Absicht, „ihre antidemokratische Ideologie in die demokratische Mitte der Gesellschaft zu tragen“, so der Hamburger Verfassungsschutz. Im Video der Pressekonferenz zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts nannte Grote Beispiele. Die IL gehe „mit Themen wie Klimaschutz, Umweltschutz, Antirassismus, Flüchtlingshilfe“ instrumentell um, um hier Anhänger zu rekrutieren und Bündnisse zu schmieden, zu Organisationen, die sich dort engagieren.

Pandemie-Proteste und Meinungsfreiheit

Nicht Teil des Verfassungsschutzberichtes ist hingegen die Corona-Protestbewegung. Laut einem Statement von Innensenator Grote fördere die Pandemie jedoch die „Entstehung eines neuartigen Extremismus sui generis“ (seiner eigenen Art). „Radikale, verfassungsfeindliche Verschwörungsideologen könnten eine ernsthafte Herausforderung für unsere Demokratie werden“, warnte der Innensenator.
Grote machte aber auch deutlich: „Kritische Haltungen gegenüber Corona-Maßnahmen oder gegenüber Regierungspolitik sind kein Thema für den Verfassungsschutz, sie sind von der Meinungsfreiheit umfasst und damit Teil der Verfassungsordnung, die wir schützen.“ Auf der Pressekonferenz sagte Grote zudem, man könne auch den ganzen Tag lang glauben, dass es überhaupt kein Corona gebe. Das sei alles durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Es gehe vielmehr um „radikale verschwörungsideologische Gruppierungen, die demokratisch gewählte Regierungen oder Abgeordnete insgesamt ablehnen und aggressiv bekämpfen“.
Laut Verfassungsschutz hätten sich diesbezüglich bei zwei Hamburger Gruppierungen „seit Ende 2020 tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen verdichtet“. Man habe hinsichtlich Wortwahl und gestiegener Eskalationsbereitschaft gegenüber Einsatzkräften eine Radikalisierung festgestellt. „Es wird ausdrücklich zu einem Widerstand gegen den demokratischen Rechtsstaat aufgerufen, der über friedlichen Protest hinausgeht“, so der Verfassungsschutz. Innensenator Grote nannte namentlich den Organisationskern von „Querdenken-40“ Hamburg als einen vom Verfassungsschutz eingeordneten Verdachtsfall einer verfassungsfeindlichen Bestrebung.

Rechtsextremismus: Zugänge von Anhängern des AfD-Flügels

2020 gab es in der rechtsextremistischen Szene Hamburgs 380 Personen und damit ein Zugang von 50 Personen. Innensenator Grote erklärte dazu, dass die rechtsextremistischen Bestrebungen in der AfD 2020 sichtbarer geworden seien. „Aktuell hat unser Verfassungsschutz rund 40 Anhänger der extremistischen AfD-Teilstruktur ‚Flügel‘ in Hamburg festgestellt“, so Grote.
Die politisch motivierte Kriminalität (PMK) Rechts habe sich von 453 im Jahr 2019 auf 544 Taten im Jahr 2020 erhöht. Darin enthalten sind 34 rechtsextremistische Gewalttaten, neun mehr als im Vorjahr. Es wurde dabei auf Folgendes hingewiesen: „Die über die einzelnen Taten und die festgestellten Tatverdächtigen vorliegenden Erkenntnisse zeigen, dass der Anstieg der in Hamburg 2020 um neun auf 34 Taten nicht auf rechtsextremistische Strukturen zurückgeht, sondern vor allem Ausdruck individueller Hassmotive ist.“

Mehr gewaltbereite Islamisten

Die Hamburger Islamismus-Szene hatte 2020 offenbar nur geringen Zuwachs, liegt aber weiterhin mit 1.660 Personen (+15) hoch. Dem gewaltorientierten Kern werden dabei 680 Personen zugerechnet, 75 mehr als noch 2019. „Die Beobachtung und Bekämpfung des Islamismus bleibt eine der wichtigsten und herausforderndsten Aufgaben des Verfassungsschutzes“, wird dargelegt. Das Bedrohungspotenzial der Szene schätzt die Sicherheitsbehörde als „nach wie vor auf hohem Niveau“ ein.
Zudem wurde noch der Bereich der Cyberattacken und Destabilisierungskampagnen explizit in der Übersicht erwähnt und als besondere Angriffspunkte die Hafenwirtschaft und die maritime Schifffahrt genannt. Hier sei der Hamburger Verfassungsschutz für Angriffe ausländischer staatlicher Stellen zuständig. 2020 gab es demnach 85 anlassbezogene Beratungen, meist aufgrund von Cyberangriffen.

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