Katastrophenschutz: SPD will mehr Macht für den Bund

Teile der SPD fordern unter dem Eindruck der Corona-Krise mehr Bundeskompetenzen beim Katastrophenschutz – oder zumindest Änderungen im Bereich des Kooperationsverbots. Dazu wäre eine Verfassungsänderung nötig. Die Idee stößt nicht überall auf Gegenliebe.
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Ralph Brinkhaus.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Von 24. März 2021

Nachdem bereits Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus eine „Jahrhundertreform“ der staatlichen Strukturen im Land gefordert hatte und aus den Reihen der Grünen Vorstöße für mehr Bund-Länder-Kooperation im Gesundheitswesen gekommen waren, fordert nun der SPD-Obmann im Innenausschuss des Bundestages, Sebastian Hartmann, mehr Zusammenarbeit im Katastrophenschutz.

SPD für „Aufwertung des Bundes im Katastrophenschutz auch in Friedenszeiten“

Die „Rheinische Post“ zitiert Brinkhaus mit der Aussage, man müsse „wegkommen vom föderalen Kooperationsverbot hin zu einem Kooperationsgebot“. Die derzeitige Aufteilung der Kompetenzen von Bund und Ländern bezüglich des Schutzes der Bevölkerung führe zu „Parallelstrukturen“ und sei „zu schwerfällig“.

Auch in einem Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion mit dem Titel „Zukunft des Bevölkerungsschutzes – Update statt Systemwechsel“, das der Epoch Times vorliegt, heißt es:

Die Aufwertung des Bundes im Katastrophenschutz auch in Friedenszeiten bietet die Grundlage für einen verbesserten und modernen Bevölkerungsschutz. Zugleich würden vorhandene Strukturen besser eingegliedert und Fähigkeiten besser genutzt.“

Die Katastrophenschutzplanung der Länder sei, so heißt es weiter, „teilweise veraltet und unvollständig“. Gleichzeitig hätten Einrichtungen wie das Technischen Hilfswerks oder das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bereits in mehreren Fällen ihre Lösungskompetenz unter Beweis gestellt.

Schily regte 2004 Verfassungsänderung an

Aus dieser Erkenntnis heraus habe bereits der Bundesinnenminister der Regierung Schröder, Otto Schily, in dessen Amtszeit unter anderem die Flutkatastrophe von 2002 gefallen war, eine Verfassungsänderung gefordert, um die Rolle des 2004 gegründeten BBK zu stärken. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand der damaligen Opposition.

Derzeit unterscheidet die Verfassung in Artikel 73 GG klar zwischen dem Zivilschutz in Kriegszeiten und dem Katastrophenschutz im Zusammenhang mit dem Schutz vor Katastrophen und Unglücken in Friedenszeiten.

Daran wolle auch die SPD eigenen Angaben zufolge nichts Grundsätzliches ändern. Allerdings mache es Sinn, heißt es sowohl in dem Positionspapier als auch bei Hartmann, Koordinationsstrukturen „horizontal wie vertikal klarer zu fassen und zentrale Steuerung innerhalb des komplexen bundesstaatlichen Gefüges nach Notwendigkeit zu ermöglichen“.

Kein Kooperationsverbot, aber klare Trennung der Zuständigkeiten

Ein Kooperationsverbot im engeren Sinne besteht in der Systematik des Grundgesetzes nicht. Allerdings gibt es eine klare Trennung zwischen den Zuständigkeiten des Bundes und der Länder und auch bei der Finanzierung verlangt die Verfassung eine Verantwortlichkeit des jeweils zuständigen Kompetenzträgers.

Vor allem in Bereichen wie der Bildung sollte die Föderalisierung gewährleisten, dass totalitäre Bestrebungen wie vor 1945 die Machtmittel einer zentralen Bildungsverwaltung missbrauchen könnten.

Der Begriff wurde als Schlagwort in die Debatte eingeführt, als Union und SPD 2006 eine Föderalismusreform beschlossen. Damals wurde am Ende eine bedingte Kooperationserlaubnis im Forschungsbereich in Artikel 91b des Grundgesetzes eingefügt.

Im Rahmen eines integrierten Hilfeleistungssystems wäre es jetzt schon möglich, auch in Bereichen wie dem Katastrophenschutz auf die Ressourcen des jeweils anderen im Rahmen eines integrierten Hilfeleistungssystems zuzugreifen.

Hätte Bund bei Cyberangriffen keine Befugnisse?

Die SPD hält jedoch an der Einschätzung fest, dass es erforderlich wäre, dem Bund bei nationalen Gefahrenlagen die Möglichkeit zu geben, „koordinierende und unterstützende Maßnahmen“ zu veranlassen.

Diese Debatte sei „vor dem Hintergrund der aktuellen Krisenlage durch die Pandemie aber auch im Hinblick auf zukünftige hybride Herausforderungen nationalen Ausmaßes dringend neu zu führen“. Eine messerscharfe Trennung der Zuständigkeiten sei überholt, weil sie zur Folge habe, dass dem Bund damit in Friedenszeiten bei einer Katastrophe wie Cyberattacken oder Terrorismus keine direkten Aufgaben zukämen.

Auch in der Corona-Krise habe die Bundeswehr vor dem Hintergrund bestehender Parallelstrukturen fast die Hälfte der 400 Hilfsanfragen abgelehnt, die man an sie gerichtet habe. Es müsse zudem eine zentrale Beschaffung und Bevorratung beispielsweise bezüglich Schutzkleidung und ähnlichen Materialien geben.

Eine stärkere Zusammenarbeit, so Hartmann, könnte auch ein bundesweit einheitliches Vorgehen in Fragen wie Großveranstaltungen, Schul- oder Kita-Öffnungen ermöglichen.

Widerspruch aus der SPD in Thüringen

Nicht überall in der SPD stößt Hartmanns Vorstoß unterdessen auf ungeteilte Zustimmung. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hat den Bund davor gewarnt, beim Katastrophenschutz in die Kompetenzen der Länder einzugreifen. „Wenn der Bund hier verstärkt koordinieren will, dann sind wir dafür dankbar“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Donnerstagausgabe).

Kompetenzverschiebungen zu fordern und das etablierte System infrage stellen zu wollen, sei jedoch „kontraproduktiv“, denn „[e]s ist nicht der Katastrophenschutz, der derzeit versagt. Er funktioniert.“

Berlin hat Gesetz zum Katastrophenschutz erneuert

Ein „Update für den Katastrophenschutz“ kann sich hingegen die Fraktion der CDU/CSU im Bundestag vorstellen. Sie will das „Krisenmanagement effizient modernisieren“ und sicherstellen, dass das Land in der Lage ist, auf Krisen „rasch, flexibel und einheitlich“ zu reagieren – ob „Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen, Bedrohungen durch den Klimawandel oder Pandemie-Gefahr“.

In Berlin hat der Senat kürzlich das Gesetz über den Katastrophenschutz im Land Berlin (Katastrophenschutzgesetz – KatSG) neu gefasst und will diesen Entwurf nun dem Abgeordnetenhaus zur Beratung und Beschlussfassung vorlegen. In einer Erklärung dazu heißt es:

Das bislang geltende Katastrophenschutzgesetz hat sich in der Praxis grundsätzlich bewährt. Dennoch ist es erforderlich, die gesetzlichen Regelungen aktuellen Entwicklungen anzupassen, die Gesetzesanwendung zu erleichtern und den Katastrophenschutz im Land Berlin vor dem Hintergrund sich verändernder Gefährdungslagen auf eine moderne und leistungsfähige Grundlage zu stellen.“

Zur Frage einer möglichen Erweiterung von Bundeskompetenzen äußerte der Senat sich nicht. Leitgedanke des gegenständlichen Gesetzes sei „das Zusammenwirken der Landesbehörden und der Mitwirkenden im Katastrophenschutz – sowohl bei der Vorsorge als auch bei der Abwehr – stärker in den Fokus zu rücken“.

Digitaler Katastrophenschutzkongress 2021 im Zeichen der Pandemiebekämpfung

Am Dienstag und Mittwoch, 23./24. März, findet der Digitale Katastrophenschutzkongress statt, durch dessen Programm Uwe Proll, Herausgeber und Chefredakteur des „Behörden Spiegel“, führen wird.

Themen der Veranstaltung werden unter anderem Digitalisierung in der Praxis, KI in der Pandemiebekämpfung, die Zukunft der digitalen Einsatzunterstützung, Nationale Pandemievorhaltung und Impforganisation in Deutschland sein.

(Mit Material von dts)

 



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